Über den Inhalt der ausführlichen Vernehmung will Oberstaatsanwalt Branz vor einem großen Medienaufgebot zunächst nichts sagen, lässt sich dann aber doch die Aussage mit dem verhängnisvollen Sondersignal entlocken. Und er erläutert, dass der aus Holzkirchen kommende Zug drei oder vier Minuten Verspätung hatte. Womöglich um diese Verspätung zu verkürzen, schickte der Fahrdienstleiter den Zug in Bad Aibling auf die Strecke.
Die Haftfrage stellt sich für die Ermittler nicht. Es lägen keine Hinweise auf vorsätzliches Handeln vor, begründet Giese den Verzicht auf Antrag eines Haftbefehls. Die Höchststrafe bei fahrlässiger Tötung beträgt fünf Jahre Gefängnis. Entscheiden muss das das zuständige Gericht.
Der Beschuldigte ist offensichtlich in schlechter psychischer Verfassung. Er wurde an einen sicheren Ort gebracht. «Ihm geht's nicht gut», sagt Branz. Der Mann war zum Unfallzeitpunkt vollkommen nüchtern, der Alkoholtest zeigte 0,0 Promille an. Auch Drogen habe er nicht genommen, ergänzt Polizeipräsident Robert Kopp. Es gebe zudem keine Anzeichen auf Erkrankungen. «Was wir momentan haben, ist ein furchtbares Einzelversagen», sagt Branz.
Während die Ermittler sich zur Unfallursache äußern, geht am Unglücksort die Wiederherstellung des beschädigten Gleises weiter. Auf mindestens 120 Metern werden stark deformierte Schienen teils erneuert und das Gleisbett ausgebessert.
Noch steht ein Waggon eines der Unglückszüge neben dem Gleis. Er kann frühestens am Mittwoch abtransportiert werden. Danach wird die Oberleitung wieder montiert, die für die Bergungsarbeiten abgebaut worden war. Am Samstag soll mit einer Simulationsfahrt der verhängnisvolle Ablauf vor dem Zusammenstoß nachgestellt werden.
Womöglich wird am kommenden Montag der Fahrbetrieb wieder aufgenommen. Die blauen Meridian-Züge werden dann die zwischen einem Hang und dem Mangfalldamm liegende bewaldete Unglücksstelle am östlichen Ortsausgang von Bad Aibling wieder passieren.
Die Blumen an den Trauergebinden, die sichtlich betroffene Politiker vergangene Woche ablegten, sind dann welk. Doch die schmerzlichen Erinnerungen an eines der schwersten Zugunglücke in Deutschland werden nicht nur bei den Hinterbliebenen der elf getöteten Männer und den vielen Verletzten noch lange anhalten.
dpa