Bürger protestieren Gegenwind gegen Südost-Link weht heftiger

Ein Andreas-Kreuz als Zeichen des Protests: Nicht nur die Bürger protestieren gegen den Südost-Link. Nun machen erneut drei Landräte – darunter Peter Berek aus dem Landkreis Wunsiedel – Front gegen die Planung. Sie halten die Leitung für wenig durchdacht. Foto: picture alliance/dpa/Jens Büttner

Drei Landräte aus von der Trasse betroffenen Kreisen wenden sich erneut an die Bundesnetzagentur. Peter Berek moniert „Stromautobahnen ohne Ausfahrt“; sie seien keine Lösungen für die Energiezukunft.

 
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Wunsiedel/Regensburg - Ist der geplante Südost-Link erforderlich und alternativlos? Dieser Frage waren Professor Dr. Lorenz Jarass von der Universität Regensburg und Dipl.-Ing. Carsten Siebels von der Universität Hannover bereits im Frühjahr 2021 in einem wissenschaftlichen Gutachten auf den Grund gegangen. Wie das Landratsamt Regensburg in Erinnerung ruft, kamen sie zu dem Schluss, dass der Südost-Link für eine gesicherte Stromversorgung in Bayern nicht notwendig sei. Die Leitung sei überdimensioniert und werde ohne Kosten-Nutzen-Analyse vorangetrieben. Die Kosten des Leitungsbaus würden nicht berücksichtigt. Dem Gutachten zufolge müssten zusätzliche Reservekraftwerke in Bayern oder Wasserstoffanlagen zur Verfügung gestellt werden, um für Versorgungssicherheit und Netzstabilität zu sorgen. Bei bundesweiten Dunkelflauten seien dagegen Leitungen, die keine Speicherfunktion hätten, nutzlos. Selbst wenn die Stromverbraucher die vollen Investitionskosten für die Wasserstoffproduktion übernähmen, würden sie um mindestens drei Milliarden Euro gegenüber einem Leitungsbau entlastet. Rechtsanwalt Wolfgang Baumann bemängelte das Vorhaben zudem als europarechtswidrig.

Stellungnahme zu den Argumenten

Nachdem die Ergebnisse des Gutachtens einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt worden waren, wandten sich die Regensburger Landrätin Tanja Schweiger, der Wunsiedler Landrat Peter Berek und der Landshuter Landrat Peter Dreier, deren Kreise von der Trassenführung des Südost-Links tangiert werden, im August 2021 gemeinsam an die Bundesnetzagentur und baten um eine Stellungnahme zu den von den Gutachtern vorgetragenen Argumenten.

Das Antwortschreiben der Bundesnetzagentur traf im Herbst ein. Nach einer internen Bewertung der Inhalte gab man auch den Gutachtern Jarass und Siebels Gelegenheit, die Einschätzungen der Bundesnetzagentur zu erwidern. „Es ist sehr schade, dass sich die Bundesnetzagentur mit den inhaltlichen Positionierungen nicht stärker auseinandergesetzt hat. Wünschenswert wäre eine Diskussion offener Fragen und Dissenspunkte auf fachlicher Ebene gewesen“, so Landrätin Schweiger. Landshuts Landrat Peter Dreier pflichtet bei: „Innovative Technologien wie das Pflugverfahren, bei dem die Leitungen naturverträglich und flächenschonend verlegt werden können, wurden zunächst überhaupt nicht berücksichtigt.“

Künftige Stromkosten sollen berücksichtigt werden

Alle drei Landräte sind sich einig, dass unterschiedliche Meinungen zu einem derart wichtigen Thema wie dem Südost-Link nachvollziehbar seien, haben sich aber nun nochmals an die Bundesnetzagentur gewandt. Sie bitten darum, bei der Argumentation auch künftig zu erwartende Stromkosten unter Berücksichtigung der Bau- und Unterhaltskosten des Südost-Links und Alternativen durch den Ausbau erneuerbarer Energien vor Ort in Bayern zu berücksichtigen. „Wir sind nicht grundsätzliche Gegner jeglicher Form von Stromtrassen, aber wir wenden uns gegen Trassen, die den Strom wenig durchdacht lediglich über weite Strecken von A nach B transportieren“, betont Wunsiedels Landrat Peter Berek. „Solche ,Stromautobahnen ohne Ausfahrt‘ sind keine Lösungen für unsere Energiezukunft. Wir hier im Fichtelgebirge stehen für andere, möglichst dezentrale Lösungen der Energieerzeugung und -versorgung. Dass diese möglich und sinnvoll sind, machen wir seit Jahren mit dem sogenannten Wunsiedler Weg vor.“

Keine Versorgung durch erneuerbare Energien?

Eine dezentrale 100-Prozent-Versorgung durch erneuerbare Energien in Bayern, Deutschland und Europa, einschließlich der Entwicklung von Speichertechnologien, werden in der Planung des gesamten Energiesystems nicht in Erwägung gezogen. Die Landräte verweisen in diesem Zusammenhang auf eine vom Bund Naturschutz in Bayern in Auftrag gegebene Studie des Lehrstuhls für Energiesysteme der TU München und des bayerischen Zentrums für Angewandte Energieforschung in Garching.

Werner Neumann, Arbeitskreissprecher Energie beim BUND, wies bei einer Veranstaltung des „Bürgerdialogs Stromnetz“ im Dezember darauf hin, dass keine Alternativen beim Netzentwicklungsplan oder dem Bundesbedarfsplan geprüft worden seien. Seiner Meinung nach wäre diese Versorgungsstrategie voraussichtlich kostengünstiger und würde vor allem die Wertschöpfung in den Regionen lassen. In den Landratsämtern der Landkreise Regensburg, Wunsiedel und Landshut erwartet man nun gespannt die neuerliche Stellungnahme der Bundes-netzagentur. red

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