Bülent Ceylan: Keine Witze über Religion

 Foto: red

Er nimmt deutsche und türkische Befindlichkeiten aufs Korn: der Mannheimer Comedian Bülent Ceylan. Am Samstag ist er in der Oberfrankenhalle zu Gast. Wir sprachen mit ihm über Integration, die Kultur des Respekts und Witze über Religion.

 
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Ich sehe mir gerade Ihre Fotos zu „Haardrock“ an. Wow, Herr Ceylan, ist das Photoshop, oder ist die wallende Matte echt?
Bülent Ceylan: Das hat so noch niemand gefragt (lacht). Ich mache ja vor jeder Show eine Autogrammstunde, eine Stunde vor Einlass. Da kommen die Mädels und sind ganz überrascht: Ja, die sind wirklich echt, ist ja krass. Man kann vieles türken, aber die sind echt.

Sie dürfen’s sagen: türken. Der Vater Türke, die Mutter Deutsche – Sie können über deutsche Spießer witzeln wie über türkische Halbstarke. Für einen Comedian der Freifahrtschein, oder?
Ceylan: Den ich aber nicht nutze. Über Kranke, Behinderte und Religionen an sich mache ich keine Witze. Ganz früher habe ich Papst Johannes Paul II. nachgemacht. Nicht wegen der Religion, sondern deswegen, weil ich den so gut imitieren konnte. Aber ich habe dann beschlossen, keine Witze über Religion mehr zu machen. Es bringt nichts. Man will ja niemanden verletzen.

Sie üben Selbstzensur?
Ceylan: Man kann Comedian sein und dann unter Polizeischutz auftreten. Das ist dann aber auch für das Publikum nicht angenehm. Man kann sich schon fragen: Habe ich Schiss? Ja, sage ich, es ist mir zu gefährlich. Es ist nicht der Glaube an sich, es gibt nur in diesem Glauben einige Fanatiker mehr. Der wahre Moslem würde das nicht machen. Ich habe Familie, die müssten sich dann Sorgen machen. Die muss ich nicht belasten. Das ist auch eine Frage der Verantwortung. Und die Ursachen erwischt man eh nicht. Die liegen in den Ländern, am Mangel an Demokratie und Bildung.

Auf welchem Stand ist die Integration in Deutschland?
Ceylan: Gut, die Leute sagen schon noch, da kommt der Türke, aber im witzigen Sinne. Das mache ich ja selber in meiner Show. Andere Leute sehen mich eher als Monnemer (Mannheimer, Anm. der Red.). Dass man noch Unterscheidungen macht, ist gar nicht schlimm, der Respekt ist wichtig. Aber das ist in Deutschland, glaube ich, ganz gut. Da ist eine gewisse Selbstverständlichkeit eingekehrt. Nur mit der Flüchtlingsdebatte wird das jetzt gerade schwierig.

Inwiefern?
Ceylan: Ich habe einen Bekannten aus dem Libanon. Der wird nun schon gefragt, ist er jetzt ein Flüchtling, oder ist der schon länger hier? Da kommen gerade Ängste hoch. Ich finde gut, was Angela Merkel wiederholt gesagt hat: Wenn die Leute nicht mehr herzlich begrüßt werden, ist das nicht mehr mein Land. Ich finde das toll. Diese Menschen haben alles verloren, wir müssen die reinlassen. Aber wenn da der eine oder andere darunter ist, der gegen die Selbstbestimmung der Frau ist oder gegen Homosexuelle, dann muss ich ihm sagen: Dann bist du hier falsch. Man hat so lange für diese Rechte gekämpft, man kann nicht zulassen, dass das kaputt gemacht wird.

Es könnten heuer über eine Million Flüchtlinge werden. Sie kommen im Land herum. Haben Sie das Gefühl, dass Deutschland das schafft?
Ceylan: Na ja, ich bin optimistisch. Aber Schwierigkeiten wird es geben, machen wir uns nichts vor. Ich habe eher Angst davor, dass man bei den Neuankömmlingen pauschalisiert. Einer baut Mist, und die anderen werden dazu in den Topf geworfen. Wir schaffen das, wenn Europa mithilft. Und wenn Europa in den Herkunftsländern für Ordnung sorgt. Solange der Deutsche seinen Arbeitsplatz hat und seine Ruhe – so lange stehen die Chancen gut.

Die Fragen stellte Michael Weiser

Autor