Boah ey: Sprechdurchfall versus Libido

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Kneipengespräche und mit Edamerleder belegte Brötchen: Jochen Malmsheimer im Zentrum. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Woody Allen hat es getan und der Komiker Otto Waalkes. Und Jochen Malmsheimer tut es auch. Der Kabarettist aus dem Ruhrpott nimmt seine Zuhörer mit auf eine Reise durch den menschlichen Körper. In irrwitzigem Tempo jagt er an drei Mikrofonen von der Nase zum Allerwertesten. Verbal der Malmsheimer, und testosterongesteuert der junge Mann.

 
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Er lässt die Libido-Pioniere eine Gasse sprengen durch die Moral, dass die Lachmuskeln der Zuhörer im Sekundentakt strapaziert werden, während das virtuelle hübsche junge Mädchen vom frisch gelüfteten Rachenraum und gehisstem Gaumensegel mit einem trockenen "Boah ey" empfangen wird.

Neu ist sie nicht die Idee von Jochen Malmsheimer, doch der bärtige Sprechvirtuose, der seinen Abend unter das Motto "Ich bin kein Tag für eine Nacht" stellt, lässt staunen, was die deutsche Sprache an Vielfalt bietet, sobald alle Hilfsverben geladen sind und die Konjunktivabteilung in Wartestellung ist. Außer der Disco-Begegnung weiß Malmsheimer aber auch seine Gaukler-Begegnungen mit Dachdeckern und Metzgern und mit Edamerleder belegten Brötchen zu schildern. Kneipengespräche reduziert auf "Pass auf" und "Kein Thema." Gurgelnd und schmatzend und röchelnd. Jochen Malmsheimer nutzt alles, was Menschen als Mittel der Kommunikation dienen kann. Eine Schlammlawine von Substantivität.

Therapierbar ist seine Logorrhoe, sein Sprechdurchfall vom Feinsten, ohnehin nicht. Und keiner will das. Auch wenn sein Publikum immer wieder schwer in Atemnot gerät. Vor allem dann, wenn er sich seinem Lieblingsthema dem Kochen zuwendet. Denn: "Essen ist fast so schön wie Sex, aber ich habe es selbst gemacht." Und so lässt er seine älteren Zuhörer in Erinnerungen schwelgen an die Kochsendungen der 70er Jahre mit Max Inzinger. Lautmalerisch begleitet er den Zwiebelhacker bei "Kochen mit Jochen" und serviert "Pommes brulee und Sauce Rotznaise." Das Zwerchfell krampft, der Schluckauf kommt, Jochen Malmsheimer geht. Welch ein Abend!

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