Bayreuther will nicht nach Kulmbach

Von Christina Knorz

Menschen mit geistiger Behinderung finden in Bayreuth kaum stationäre Betreuung. Wenn sie keinen der knapp 70 Wohnheimplätze der Diakonie ergattern, müssen sie wegziehen – nach Himmelkron, Neuenmarkt, Kulmbach oder Michelfeld. Vincent Ayden (18) ärgert das. Am Tag nach Schulschluss musste der gebürtige Bayreuther die Koffer packen.

 
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„Einen guten Job finden und eine Reise nach Italien.“ Das sagt Vincent Ayden auf die Frage nach seinen Wünschen für die nächsten Jahre. Die Antwort eines typischen Schulabgängers. Ungewöhnlich ist allerdings, dass Ayden am Tag nach seinem Schulabschluss ausziehen musste. Koffer packen und ab nach Kulmbach. Auch wenn der Bayreuther darauf gar keine Lust hatte.

Nur drei junge Erwachsene können in Bayreuth bleiben

Wer im Wohnheim des Heilpädagogischen Zentrums (HPZ) lebt, muss ausziehen, sobald die Schulzeit beendet ist. „Leider ohne Übergangszeit“, sagt Leiterin Ruth Eggert (47). Nur drei der 13 Schulabgänger der Dr.-Kurt-Blaser-Schule konnten nach dem Schulschluss vor einer Woche in Bayreuth bleiben. Sie werden zu Hause von ihren Eltern betreut. Die anderen mussten wie Vincent Ayden ihren Lebensmittelpunkt verschieben.

„Ich wollte das nicht. Ich finde das richtig doof“, sagt Vincent Ayden. In Bayreuth hat er seine Familie, Kumpels, seinen Posten in der Abwehr im Inklusionsteam der Spielvereinigung Bayreuth. „Der Trainer sagt, ich bin ein guter Verteidiger.“ Ob er sich in Kulmbach eine neue Mannschaft sucht? „Darüber muss ich noch nachdenken.“

Bayreuth braucht mehr betreutes Wohnen

Wer Betreuung braucht, dem falle so eine Veränderung „enorm schwer“, sagt Eggert. „Die Jugendlichen brauchen Fixpunkte zur Orientierung, Familie, Freunde, Betreuer, bekannte Straßen und so weiter.“ Eine komplette Neuorientierung werfe die Jugendlichen in ihrer Entwicklung ersteinmal zurück. Eggerts Wunsch: Ein stationäres Wohnheim in Bayreuth für Jugendliche zur Übergangszeit. „Vincent braucht noch drei oder vier Jahre zum Nachreifen, dann kann er vielleicht schon ins begleitete Wohnen wechseln.“

Vinzent Ayden erzählt aber auch, dass er sich freut. „Er hatte Glück“, sagt Eggert. Das Kulmbacher Wohnheim, das ihn aufnimmt, ist nagelneu. „So ein schönes Wohnheim habe ich noch nirgends gesehen“, sagt Eggert. Einzelzimmer mit Küchenzeile. „Ich habe sogar ein eigenes Bad.“ In Kulmbach sei ja auch „einiges los“, meint Ayden. „Bierwoche und so.“ Da könne man bestimmt auch was erleben. Er will lernen, allein mit dem Zug zu fahren, damit er nach Bayreuth fahren kann, so oft er will.

Info: Im Wohnheim des HPZ gibt es vier Gruppen mit jeweils zwölf Kindern im Alter zwischen sechs und 19 Jahren. Einziehen darf, wer erhöhten Förderbedarf hat und einen IQ unter 70, die Altersgrenzen liegen bei mindestens drei und höchstens 21 Jahren. Auf acht Kinder kommen drei Betreuer, die im Dreischicht-System mit Nachtwache arbeiten.

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