Bayreuther Marzipan für die Marzipanstadt

Von Kerstin Fritzsche
Hier werden die Marzipanpiraten für Lübeck per Hand aufgehübscht und erst richtig zu Piraten gemacht. Foto: Funsch Marzipan GmbH Foto: red

Süßes aus der Wagnerstadt für Lübeck: Weil Marzipan-Riese Niederegger vor Ort eine Figur für das große Musical über die Stadt Lübeck und das Marzipan nicht nach den Wünschen des Autoren herstellen kann, liefert Firma Funsch aus Bayreuth die Figuren in den Norden.

 
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Was für Bayreuth Wagner, ist für Lübeck Marzipan: Wahrzeichen, Tourismus-Attraktion, Wirtschaftsfaktor und kulturelles Erbe. Die Lübecker sind so stolz auf ihre süße Masse, dass sie ihr und damit der Stadt nun auch ein Musical geschenkt haben.

Genauer: Heiko Woltersdorf hat das getan. Aus der Feder des Orchester-Kontrabassisten beim Theater Lübeck stammt die Vorlage. Vorher gab es die Geschichte schon als Hörbuch, ebenfalls von Woltersdorf produziert. Jennifer Toelstede setzte das Musical dann fürs Theater um. "Die Marzipanpiraten - Im Namen der Hanse" feierte Anfang Juni Premiere und begeisterte Groß und Klein. Vermutlich wird das Musical in der nächsten Spielzeit fortgesetzt, eventuell gibt es auch eine Tournee entlang der Küste auf den Spuren der Hanse.

Alles ist also super, auch der Image-Gewinn für die Stadt grandios. Aber eine klitzekleine Kleinigkeit passt nicht ins Bild. Das Wichtigste, das, worum sich alles dreht, ist kein Original-Lübecker. Ausgerechnet die Marzipan-Figuren zum Musical, kleine knollennasige Piraten, die ein bisschen den finnischen Mumins ähneln, kommen nicht aus Lübeck. Noch nicht mal aus dem Norden. Sie werden von der Firma Funsch in Bayreuth gefertigt und in die Marzipanstadt geliefert.

"Eine lange Geschichte"

Woltersdorf hat das ziemlich frustriert. Auf Nachfrage des Kurier hieß es zuerst: "Das ist eine sehr lange Geschichte, die für uns abgehakt ist." Dann gab es aber doch eine Erklärung: Funsch sei einfach die einzige Firma, die - anders als die Lübecker Hersteller - in der Lage war, "die Original-Figur allein nach Fotos und Bildern so toll nachzuformen. Hinzu kam sehr gute Marzipan-Qualität."

Bei dem Hersteller vor Ort, Niederegger, hört sich das ein bischen anders an. "Wir hätten die Figuren schon machen können, hätten das auch gerne, aber das ist eine Frage des Preises", heißt es aus der Presseabteilung. Letztendlich sei man da nicht zueinander gekommen. Entscheidend dürfte aber auch gewesen sein, dass Niederegger eine eigene Produkt-Linie mit Piraten aus Marzipan hat. Und zwar schon länger, Stichwort "Störtebeker". "Wir haben hier ja noch mehr Piraten."

Über 800 Figuren im Angebot

In der Tat sei es nicht so einfach, den Lübecker "Marzipanpiraten"-Pirat zu formen, erklärt Hans-Peter Zürner, Geschäftsführer der Funsch Marzipan GmbH. "Der hat schon ein paar Eigenheiten. Und es ist nicht so einfach, nach einem Foto eine Vorform zu fertigen, die dann passt." Gleich der zweite Entwurf habe Heiko Wolterdorf aber gefallen. Außerdem ist es bei der Firma Funsch, die auf Marzipanfiguren spezialisiert ist und mit der Fertigung ein internationales Geschäft betreibt, möglich, auch für geringe Stückzahlen fertigen zu lassen. Das bieten die meisten anderen in der Branche nicht an.

Aktuell hat Funsch über 800 Figuren im Angebot. "Es ist gar nicht so selten, dass Kunden nur mit einem Foto oder einer Idee zu uns kommen und wir dann nach deren Vorstellungen versuchen, zu formen", sagt Zürner. Übrigens wurde auch schon speziell Fränkisches gefertigt: Kloß' mit Soß' und  eine bayerische Brotzeit.

Wie, Marzipan aus Bayern in Schleswig-Holstein?

Klar ist in Lübeck aufgefallen, dass die echten Marzipanpiraten nicht aus Lübeck sind. Gab es denn da keinen Aufstand? Marzipan ausgerechnet aus Bayern? "Nein, eigentlich nicht", sagt Julia Voije, Pressesprecherin des Theaters Lübeck. "Die Figuren sind toll, und die Leute freuen sich einfach, dass es sie gibt, dass sie ein typisches Erinnerungsstück an das Musical-Erlebnis haben."

Richtig: Das Knollnasen-Maskottchen ist ausverkauft, gerade wird überlegt, neue Figuren nachzuordern. Und wer jetzt auf Ideen kommt: Nein, eine Wagner-Figur aus Marzipan wird es für die Bayreuther nicht geben, dafür sind die Lizenzkosten zu teuer, so Zürner. Aber es gibt ja noch die Klöß'.

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