Bayreuth Kultur Vorfreude auf Jazz im Hoftheater

Beim Pianojazz-Festival bei Steingraeber steht das Klavier im Mittelpunkt. Vier Tage, fünf Konzerte mit aufstrebenden Nachwuchsmusikern und alten Meistern.

 
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Zum vierten Mal lädt der Verein Jazzforum Bayreuth zu Pijazzo ein. Es ist das zweite Festival neben dem Jazz November. „Wir haben aus dem Lokalen heraus ein Festival mit überregionaler Bedeutung generiert“, sagt Kaspar Schlösser im Gespräch mit der Redaktion nicht ohne Stolz.

Der Vorsitzende des Jazzforums heißt regelmäßig Gäste aus Berlin, München und anderen Großstädten in Bayreuth willkommen. „Es ist schön, dass wir Leute von weither anziehen und Menschen eine Freude bereiten können, die sich für Jazz interessieren.“ Gut ein Drittel des Publikums komme von auswärts, wie der Verein ermittelt hat. Nichtsdestotrotz gibt’s selbstverständlich genauso in Bayreuth und Umgebung Jazz-Freunde, die als Stammgäste zu den Festivals kommen.

Pijazzo ist eine Reihe, die das Jazzforum in der Corona-Zeit im Jahr 2021 erfunden hat. Im Steingraeber Hoftheater an einem Himmelfahrtswochenende, wie sich Schlösser erinnert. In letzter Sekunde sei die Genehmigung dafür von der Regierung von Oberfranken erteilt worden. „Das war eine ganz besondere Atmosphäre, da alle endlich wieder raus konnten.“ Das Jazzforum sei dankbar, dass es Bühne und Lichttechnik der Studiobühne nutzen dürfe.

Das Pijazzo-Festival, das rund um das Klavier entstand, hat sich mittlerweile etabliert. Vom 9. bis zum 12. Mai heißt es wieder „Pijazzo – Jazz im Palais“. Vier Formationen und ein Solokonzert mit internationalen Künstlern gestalten das Programm. Die 16 Musikerinnen und Musiker stammen aus Kuba, den USA, Südkorea, den Niederlanden, Portugal, Italien und natürlich Deutschland. „Jeder ist anders “, sagt Schlösser. „Jeder bringt die musikalischen Erfahrungen seiner Heimat mit und verwandelt sie in Musik.“ Selbst kein Musiker, stelle er das Programm mit Hilfe von Booking-Agenturen, Bewerbungen und Empfehlungen zusammen.

Das Live-Erlebnis sei für ihn beim Jazz das Entscheidende, unterstreicht Schlösser. Daher höre er zuhause kaum Jazz. Zeitgenössischen Jazz könne man sowieso nicht nebenbei hören. „Das ist viel zu anstrengend.“ Und es sei ein großer Unterschied, ob Musiker live vor Publikum spielten oder für eine CD-Einspielung im Studio.

Wer sich auf spannende Live-Konzerte einlassen möchte, kann im Mai Latin-Jazz, kreative Experimente mit Klassik und Pop und typische Jazzclub-Klänge der 60er Jahre hören und erleben. Klavier, Bass, Schlagzeug, aber jedes Mal anders. Manchmal erweitert mit Trompete, Saxophon oder Percussion.

Donnerstag, 9. Mai, 20 Uhr: Der Kubaner Harold López-Nussa eröffnet mit seinem Quartett das Festival. „Timba a la Americana“ sei der Versuch der Ensembles, die Grenzen des Latin-Jazz einzureißen. „Alte Trommelrhythmen vermischen sich mit faszinierenden Improvisationen, klassischer Rumba trifft auf komplexe Grooves“, beschreiben die Veranstalter die Musik des Quartetts. „Eine rhythmisch-quirlige Mischung aus Jazz, Pop, Klassik und kubanischer Folklore“ und „eine Art Einstiegsdroge“, nennt Schlösser das Auftakt-Konzert. López-Nussa fing mit acht Jahren das Klavierspielen an und entstammt einer berühmten kubanischen Musikerfamilie. Übrigens ist Timba ein Ersatzbegriff für Salsa, den Fidel Castro aus dem kubanischen Wortschatz verbannte.

Freitag, 10. Mai, 20 Uhr: „Jung, verwegen und melancholisch“ – so wird das Vincent Meissner Trio angekündigt. „Raffinierte, leichte Kompositionen, voller Reminiszenzen an alte Meister.“ Die drei gingen ihre eigenen Wege, manchmal verschlungen und mit Überraschungen an so mancher Ecke, so die Veranstalter. „Beim Spielen gehen wir jedes Mal wie über eine Wiese und pflücken etwas anderes“, sagt Meissner selbst über die Spielweise des Trios. Gerade mal Anfang Zwanzig räumen sie bereits diverse Preise ab: Konzertpreis der Jazzopen Stuttgart, Förderpreis der Deutschen Jazzunion, der Mitteldeutsche Jazzpreis und für Vincent Meissner der 1. Platz bei der International Jazzhaus Piano Competition in Freiburg.

Samstag, 11. Mai, 17 Uhr: Eine außergewöhnliche Künstlerin mit virtuosem Spiel ist hier zu erleben. Die aus Südkorea stammende Pianistin Younee bewege sich federleicht zwischen Jazz, Klassik und Pop. Außerdem spielt sie an drei Flügeln auf einmal. Die in Bayern lebende Künstlerin ist bekannt dafür, Zurufe aus dem Publikum aufzunehmen und in ihre Improvisationskunst einfließen zu lassen. Younee sind sämtliche Genres und Stile der Musikgeschichte vertraut, die sie als Grundlage für Improvisationen und Eigenkompositionen hernimmt. Ihre ersten Melodien komponierte sie bereits im Alter von fünf Jahren. Mittlerweile schreibt Younee Musik für südkoreanische und europäische Pop- und Rockkünstler und Filmstudios.

Samstag, 11. Mai, 20 Uhr: Im Abendkonzert treten der Italiener Giovanni Guidi und der US-Amerikaner James Brandon Lewis – laut Veranstalter „der wohl heißeste Exportartikel der US-Szene“ – mit ihrem Quartett auf. Giovanni Guidis Vater war Musikmanager und so traf er schon in jungen Jahren auf Weltklassemusiker. Dabei gilt James Brandon Lewis als einer der aufstrebendsten und einflussreichsten Jazz-Saxophonisten der Gegenwart. „Gesellschaftskritik in Modern Jazz Manier“ biete das Ensemble: „Ojos de Gato“ wolle den Protesten gegen Lateinamerikas Militärdiktaturen eine Stimme verleihen. Das Projekt „Ojos de Gato“ sei eine Hommage an den argentinischen Saxofonisten Leandro „Gato“ Barbieri, der unter anderem optisches Vorbild für die Figur des Saxophonisten Zoot aus der Muppet Show gewesen sei.

Sonntag, 12. Mai, 20 Uhr: Zum Abschluss schließlich gibt es ein Wiedersehen mit einer lebenden Legende: Jasper van‘t Hof blickt auf eine über 50-jährige Bühnenkarriere zurück. 76 Jahre alt ist er und liebt nicht nur Jazz, sondern auch Weltmusik: Mit Pili-Pili, seiner Afrika-Jazz-Fusion, war er mehrfach in Bayreuth zu Gast. Über 100 Alben und unzählige Konzerte auf der ganzen Welt mit namhaften Kolleginnen und Kollegen zeichnen ihn aus. Das neuestes Projekt „Skin Under“ sei „das ultimative Klangerlebnis von (Alt-)Meistern ihre Fachs“, so der Veranstalter. „Experimentell und im Stile des 60er-Jahre-Clubjazz.“

INFO: Vorverkauf: Theaterkasse, Buchhandlung am Kircheneck, www.okticket.de. Einzeltickets oder Festivalpass erhältlich.

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