75.000 Euro wegen verspäteter Krebsdiagnose Frauenarzt soll Schmerzensgeld zahlen

Manfred Scherer

BAYREUTH. Ein Bayreuther Frauenarzt soll einer Patientin 75 000 Euro Schmerzensgeld zahlen. So lautet ein Urteil des Landgerichts in einem seit rund zwei Jahren anhängigen Rechtsstreit um eine verspätete Krebsdiagnose und ihre Folgen.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Wie die Justizsprecherin, Landgerichtsvizepräsidentin Christine Künzel, auf Anfrage erklärte, beinhaltet das Urteil auch die Kosten für alle künftigen Folgebehandlungen. Die Patientin aus dem Landkreis Bayreuth musste sich wegen Gebärmutterhalskrebses einer Totaloperation unterziehen. Im Frühjahr 2008 verklagte die Frau ihren Arzt auf die Zahlung von mindestens 100 000 Euro Schmerzensgeld, weil der Mediziner ihren Krebs zu spät erkannt habe. Der Fall hatte nicht nur juristische Folgen für den Mediziner: Sein Foto und sein abgekürzter Name erschienen in der Bildzeitung mitsamt dem Vorwurf, er habe das Leben seiner Patientin verpfuscht.

Unter Einschaltung eines Gutachters versuchte das Gericht die Krankengeschichte der Patientin nachzuvollziehen: Die Frau war zunächst bei einem anderen Arzt gewesen, der mit Hilfe von Abstrichen erste auffällige Befunde erhoben hatte. Diese ersten Befunde wurden zunächst nicht weiter geprüft, weil die Patientin schwanger wurde und ein gesundes Kind zur Welt brachte. Nach der Geburt wechselte die Frau zu dem nun verklagten Frauenarzt, der mit erneuten Abstrichen gleiche verdächtige Befunde bekam wie sein Kollege vor der Schwangerschaft. Zu diesem Zeitpunkt machte der beklagte Mediziner laut dem Urteil den für die Klage wesentlichen Fehler: Nachdem er von der Patientin die Auskunft bekam, sie habe bereits von ihrem vorherigen Arzt auffällige Abstrichergebnisse unterbreitet bekommen, soll der Mediziner dies zwar als richtige Bewertung eingestuft, aber keine weitergehenden Untersuchungen, in diesem Fall eine Biopsie, veranlasst haben. Mit einer solchen Biopsie hätte die Patientin fünf Monate eher operiert werden können, die Operation wäre nicht so radikal ausgefallen. Bei der Operation seien Nerven durchtrennt worden, mit der Folge, dass die Patientin tägliche Probleme beim Wasserlassen hat und einen Dauerkatheter tragen muss.Der

Mediziner spricht von "Fehlurteil"

Mediziner will den Urteilsspruch – „ein Fehlurteil“, wie er meint – nicht hinnehmen. Auf Anfrage erklärte er, seinem Wunsch, einen weiteren Gutachter hinzuzuziehen, habe das Gericht nicht entsprochen. Das Gericht habe nur die Meinung eines Gynäkologen eingeholt. Der Verurteilte will in nächster Instanz das Gutachten eines Pathologen zu dem Fall beantragen.

Bilder