Frage: Droht ein Krieg zwischen Süd- und Nordkorea? Hartmut Koschyk: Mein Eindruck ist, dass trotz der zunehmenden Eskalation alle Seiten, sowohl in Korea als auch in der Welt, bemüht sind, einen heißen Krieg zu vermeiden. Insofern kommt es darauf an, dass China und Russland mäßigend einwirken. Frage: Wie soll das geschehen? Koschyk: China spielt hier eine wichtige Rolle, denn ohne Chinas Unterstützung ist das nordkoreanische Regime nicht überlebensfähig. China weiß, dass Nordkorea noch unberechenbarer wird, wenn es mit dem Rücken zur Wand steht. Chinas Rolle ist ist äußerst schwierig. China weiß, wo die Grenzen seines Einflusses sind. Frage: Was sind nach ihrer Meinung die Gründe für den Konflikt? Koschyk: Ich glaube, Nordkorea will auf Dauer von den USA anerkannt werden. Die USA sind da in einer schwierigen Lage: Vieles deutet darauf hin, dass Nordkorea seinen Nuklearstatus anerkannt haben will. Dies kann die USA nicht erfüllen. Die Frage ist: Gelingt es China, Nordkorea zur Rückkehr an den Tisch der sogenannten Sechs-Parteien-Gespräche zu bewegen. An diesen Gesprächen nahmen auf Initiative Chinas die zwei koreanischen Staaten, China, Russland, die USA und Japan teil. Ziel der Gespräche ist es, Nordkorea zur Aufgabe seiner Nuklearambitionen zu bewegen. Die Gespräche wurden jedoch ausgesetzt, als in Nordkorea die Frage der ungeklärten Nachfolge der kranken Staatschefs Kim Jong Il virulent wurde. Ich glaube, die Machtübergabe in Nordkorea ist noch nicht endgültig gelöst, auch wenn der 22-Jährige Sohn Kim Jong Un als Nachfolger mit Privilegien installiert wurde. Für mich ist das noch ein Experiment mit offenem Ausgang. In dieser Phase versucht Nordkorea, die wichtigen Kräfte im inneren Machtzirkel des Regimes, also die Familie Kim, das Militär und die Partei, durch Aggression zusammenzuschweißen. Frage: Wie besorgt sind sie persönlich über die Lage? Koschyk: Das nordkoreanische Regime hat Züge klarer Berechnung und ist andererseits unberechenbar. Der jetzige Konflikt und der Fall der versenkten Korvette im Frühsommer zeigt: Die Aggressivität hat zugenommen. Nordkorea testet seine Grenzen aus. Ich hoffe, dass es der internationalen Diplomatie gelingt, gegenzusteuern.Mehr zu dem Thema lesen Sie hier. Foto: red