Bäckerlehrlinge müssen nach Hof

Von Norbert Heimbeck
Der letzte Berufsschüler in Bayreuth: Bäckerlehrling Mario Seuss aus Marktleugast, Foto: Christopher Michael, Frankenpost Foto: red

Sind zwei Stunden und 40 Minuten Fahrt zur Berufsschule zumutbar? Für 15- oder 16-Jährige? Zwei Auszubildende aus Hollfeld werden wohl keine andere Wahl haben: Ab dem kommenden Schuljahr müssen Bäckerlehrlinge zur Berufsschule in Hof. Die Bäckerausbildung in Bayreuth wird eingestellt.

 
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Unter den Bayreuther Bäckern rumort es. Lehrlinge sollen künftig in Hof zur Berufsschule gehen. Die Innung hätte eine andere Lösung vorgezogen, sagt Obermeister Michael Rindfleisch: „Man hätte bei der Neuordnung der Schulsprengel für die Bäcker eine zentrale Lösung für ganz Oberfranken finden können“. Etwa in Kulmbach, wo es bereits mehrere Lebensmittelstandorte gibt. Grund für den Ärger: Es gibt immer weniger Bäckerlehrlinge. An der Berufsschule I in Bayreuth werden in der 10. Jahrgangsstufe 2016/17 gerade mal zwei Bäckerlehrlinge und acht Fachverkäuferinnen unterrichtet. Das ist zu wenig, um eine eigene Klasse einzurichten. In den Plänen für den Neubau der Berufsschule I sind keine Räume mehr für die Bäcker vorgesehen.

Klassen sind zu klein

Jürgen Koch vom Schulamt der Stadt Bayreuth sagt: „In jedem Schuljahr gibt es kleinere Änderungen in der Sprengeleinteilung. Weil wir in Bayreuth seit Jahren sinkende Schülerzahlen haben, haben wir versucht, durch die sogenannte Berufsgruppenbeschulung die Bäckerklasse zu erhalten. Ab dem neuen Schuljahr müssen die Lehrlinge nach Hof.“ Bei der Berufsgruppenbeschulung wurden die Klassen für Bäcker und Fachverkäuferinnen zusammengelegt, um die nötige Kopfzahl für eine eigene Klasse zu erhalten. Schulleiter Manfred Müller bestätigt, dass das Problem der sinkenden Lehrlingszahl schon länger existiere. Durch die Zusammenlegung der Klassen für Bäcker und Verkäuferinnen habe man versucht, den Unterricht so lange wie möglich in Bayreuth zu halten.

Regierung sieht keinen Spielraum

Oliver Hempfling, Sprecher der Regierung von Oberfranken, sagt: „Wir sind bestrebt, die Beschulung in den einzelnen Berufen möglichst in der Fläche an allen Schulorten zu erhalten. Trotz mehrjähriger Beobachtungszeit und Ausschöpfung aller schulischen Sonderformen lassen die aktuellen Schülerzahlen leider keinen Entscheidungsspielraum. Obwohl im Vorfeld alles versucht wurde, ist eine Klassenbildung zu unserem Bedauern nicht mehr möglich.“ Die zwölfte Jahrgangsstufe beende ihre Ausbildung in Bayreuth, die 10. und 11. Klasse würden ab dem neuen Schuljahr in Hof unterrichtet.

Lange Anfahrzeiten

Innungsobermeister Rindfleisch klingt enttäuscht: „Unser Handwerk ist in einem gewaltigen Umbruch. 1984 waren 100 Bäckereien Mitglied in der Bäckerinnung Bayreuth Stadt und Land, 2005 waren es noch 37 und derzeit zählen wir noch 28 Innungsbetriebe.“ Die Verlegung der Berufsschule nach Hof werde es den Bäckern noch schwerer machen, Lehrlinge zu gewinnen. Er rechnet vor, dass etwa Hollfelder Lehrlinge zunächst mit dem Bus nach Bayreuth und dann per Bahn nach Hof weiterfahren müssten: „Die einfache Fahrzeit beträgt zwei Stunden und 40 Minuten. Ankunft in Hof um 9.20 Uhr. Auch Lehrlinge aus Pottenstein und Speichersdorf hätten lange Anfahrten zu bewältigen.

Laut Oliver Hempfling wäre die Berufsschule bereit, den jungen Leuten entgegenzukommen: „Es sind zwei Varianten denkbar: Einzeltagesunterricht mit späterem Unterrichtsbeginn, damit die Schüler rechtzeitig anreisen können. Oder Blockunterricht mit Heimunterbringung“. Die Entscheidung darüber treffe die Schule zusammen mit den Ausbildungsbetrieben und der Innung.

Demografie trifft auch Hof

Was Michael Rindfleisch an der Hofer Lösung besonders missfällt: „Der Lehrlingsschwund ist kein spezielles Bayreuther Problem. Die demografische Entwicklung macht vor den nördlichen Landkreisen nicht halt. Ich fürchte, in ein paar Jahren stehen wir dort erneut vor der Entscheidung, wie es weitergehen soll.“ Deshalb hätte der Innungsobermeister eine zentrale Lösung für ganz Oberfranken vorgezogen. Er plädiert für Kulmbach, weil dort bereits Brauer, Mälzer und Metzger ausgebildet werden. Außerdem sind das Max-Rubner-Institut und das Kompetenzzentrum für Ernährung in Kulmbach.

Hempfling hält dem entgegen, dass Kulmbach über keinerlei Fachausstattung für Bäcker verfüge. Allerdings ist die Schule in Hof auch nicht eben üppig ausgestattet, sagt Rindfleisch: „Dort gibt es nur vier Herde in der Backstube. Das bedeutet, dass bei 20 Lehrlingen fünf Prüfungstermine angesetzt werden müssen. Das kostet viel Geld.“

Info: Weitere Berufsschul-Standorte für Bäcker sind in Kronach und Bamberg. Hier werden Lehrlinge aus dem westlichen Oberfranken unterrichtet.

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