Atommüllendlager im Fichtelgebirge?

Von Andreas Gewinner
Ute Vogt am Donnerstag in Bischofsgrün. Sie gehört der Kommission zur Atommüllendlagersuche an und teilte ihre Einschätzungen für ein mögliches Lager im Fichtelgebirge mit. Links Jörg Nürnberger vom FGV und Bundestagsabgeordnete Anette Kramme. Foto: Andreas Gewinner Foto: red

Wird das Fichtelgebirge zum Friedhof für stark radioaktiven Atommüll? Darum ging es in einer Podiumsdiskussion im Bischofsgrüner Kurhaus, die der SPD-Kreisverband ausrichtete. Informationen und Einschätzungen gab es aus erster Hand von Ute Vogt. Die Bundestagsabgeordnete (und ehemalige baden-württembergische SPD-Spitzenkandidatin) ist Mitglied der „Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Darum geht es: Seit rund sechs Jahrzehnten wird Atomkraft in Deutschland genutzt, aber bis heute gibt es kein Endlager für stark radioaktiven Müll; abgebrannte Brennstäbe werden derzeit in Zwischenlagern aufbewahrt, in der Regel direkt an den Kraftwerksstandorten. Seit 1977 wurde der Salzstock Gorleben als mögliches Endlager untersucht, seither wurde ein Milliardenbetrag in die Erkundung investiert. Die Auswahl war von Anfang an umstritten, Gegner machten geltend, die Standortauswahl sei keine fachliche sondern eine politische Entscheidung gewesen. Auch sei die Vorfestlegung auf Salz als Lagerstätte (unter Ausschluss von anderen Lagerorten wie Granit oder Ton) nicht sachgerecht.

Weiße Landkarte

Um die Akzeptanz für ein Endlager zu erreichen, wurde vor einigen Jahren beschlossen, wieder bei Null anzufangen: mit einer „weißen Landkarte“, also ohne Ausschluss möglicher Standorte, womit auch Gorleben im Rennen bleibt. Und unter Einbeziehung möglicher Standorte auch in Granit und Ton. Und damit kommt auch das Fichtelgebirge ins Spiel.

Um die Fehler von Gorleben nicht zu wiederholen, soll in jedem Fall nicht nur ein möglicher Standort konkret untersucht werden. Doch zuvor wird nach dem Ausschlussprinzip vorgegangen: Gebiete mit Erdbebenwahrscheinlichkeit und möglichen Vulkanen fallen raus. Ebenso mögliche Lagerstätten, die zerklüftet und wasserführend sind. Was der Fall sei im Fichtelgebirge, so Jörg Nürnberger vom Fichtelgebirgsverein. Nürnberger erinnerte auch, dass bei Neualbenreuth der jüngste, wenn auch nicht aktive Vulkan Mitteleuropas sei. Und vor genau einem Monat bebte erst die Erde bei Selb, Stärke 2,3 bis 3,5. Nürnberger Fazit: „Eigentlich sind alle Ausschlusskriterien bei uns erfüllt.“

500 Jahre lang rückholbar

Granit erfordere auch eine aufwendigere Behältertechnik, so Vogt. Andererseits könne man in Granit eher wieder an den Müll ran. Denn Kriterien für ein künftiges Endlager sind, dass man die nächsten 100 Jahre den Müll auf normalem Weg wieder rausholen kann, beziehungsweise in den nächsten 500 Jahren durch Bergbaumaßnahmen wieder an ihn rankommt. Beispielsweise für den Fall, dass sich durch den technologischen Fortschritt eine neue Methode zur Beseitigung oder Verwertung des Abfalls ergeben hat. Vogt teilte allerdings auch die Einschätzung, dass die Chancen für ein Endlager im Fichtelgebirge eher gering sind.

So oder so dürften das die meisten heute im Fichtelgebirge lebenden Menschen nicht mehr erleben. Ziel für die Inbetriebnahme des Endlagers ist das Jahr 2050. „Ich gehe eher von 2070 oder 2080 aus“, so Vogt.

Ein Lager gibt es bereits

Andererseits könnten die Menschen im Fichtelgebirge sehr viel eher ein Atommüllendlager vor der Haustür haben. Auch Tschechien ist auf der Standortsuche. Und ein heißer Kandidat ist Lubenec, keine hundert Kilometer vom Fichtelgebirge entfernt. Und ein Zwischenlager (kein Endlager!) gibt es bereits sehr viel näher: in Mitterteich. Dort lagert schwach- und mittelradioaktiver Abfall, der überwiegend aus der Nuklearmedizin, Industrie und aus Forschungseinrichtungen stammt.

Bilder