Angeklagter bleibt Prozess fern

Im März gab es eine Lichterkette entlang der Kirchenmauer der Pfarrkirche St. Martin aus Solidarität mit dem aus dem Kongo stammenden Gemeinde-Pfarrer, der nach Morddrohungen zurückgetreten war. Archivfoto: Tobias Hase/dpa Foto: red

Ein Mann ist wegen Volksverhetzung angeklagt, aber erscheint nicht zum Prozess. Dem Amtsgericht Ebersberg bleibt nichts anderes übrig, als Haftbefehl gegen den 74-Jährigen zu erlassen. Der Rentner soll dem dunkelhäutigen Pfarrer von Zorneding mit Mord gedroht haben.

 
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Lange Gesichter am Amtsgericht Ebersberg: Ein wegen Morddrohungen gegen den dunkelhäutigen Pfarrer von Zorneding angeklagter Rassist ist am Dienstag nicht vor Gericht erschienen - und das unentschuldigt, wie Sprecher Markus Nikol versicherte. Der 74-Jährige hätte sich wegen Volksverhetzung, Bedrohung und Beleidigung verantworten müssen. Er soll dem aus dem Kongo stammenden katholischen Geistlichen zwischen November 2015 und März 2016 mindestens zwei Schreiben mit Morddrohungen geschickt haben.

Die Verärgerung über das Nichterscheinen des Angeklagten war vor allem bei der Staatsanwaltschaft groß. Der Vertreter der Anklage beantragte daraufhin einen Haftbefehl gegen den Mann, den Richterin Vera Hörauf auch prompt erließ. Die Polizei soll den Angeklagten nun in seiner Münchner Wohnung festnehmen, falls er dort anzutreffen ist.

Andernfalls wird der 74-Jährige zur Fahndung ausgeschrieben, wie Gerichtssprecher Nikol erläuterte. Nach seiner Inhaftierung werde das Gericht zeitnah einen neuen Prozesstermin festlegen, hieß es weiter. Ob der Haftbefehl am Dienstag bereits vollzogen wurde, konnte die Münchner Polizei zunächst nicht sagen.

Das Opfer der Morddrohungen, Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende, war für die mündliche Verhandlung als Zeuge geladen und im Gegensatz zum Angeklagten auch erschienen. Er wurde jedoch unverrichteter Dinge nach Hause geschickt. Der 66-Jährige nimmt nach Auskunft des Erzbischöflichen Ordinariats in diesen Tagen seine Arbeit bei einem Forschungsprojekt der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt zu Flucht, Vertreibung und Asyl auf. Nebenbei soll er in einer Pfarrei im Raum Eichstätt auch als Seelsorger tätig sein.

Die rassistische Hetze gegen den katholischen Priester hatte bis ins Ausland hohe Wellen geschlagen. Auslöser waren fremdenfeindliche Äußerungen der Zornedinger Gemeinderätin Sylvia Boher (CSU) gewesen, die der Pfarrer scharf verurteilte. Daraufhin gingen Drohbriefe im Pfarramt ein. Im März trat Ndjimbi-Tshiende als Pfarrer zurück und zog sich über Monate an einen unbekannten Ort zurück.

Viele Menschen solidarisierten sich mit dem dunkelhäutigen Priester. Es gab eine Lichterkette in Zorneding. Eine Online-Petition «Unser Pfarrer soll in Zorneding bleiben» unterschrieben über 65 000 Menschen. Um Ordnungsmaßnahmen der CSU zuvorzukommen, lässt Boher ihre Parteiämter ruhen. Ihr Gemeinderatsmandat behielt sie aber.

Bei den Ermittlungen zu den Morddrohungen gegen den Priester war die Polizei auf den 74-Jährigen gestoßen, der mehrfach wegen Volksverhetzung in Erscheinung getreten ist. Spezialisten beim Landeskriminalamt fanden den Absender der Briefe heraus, obwohl der Mann keine Adresse angegeben hatte.

Bei einer Wohnungsdurchsuchung im Münchner Norden wurden neben handgeschriebenen Briefen beleidigenden Inhalts Reste eines Werbeprospektes gefunden, der als Hülle in dem Brief gesteckt hatte. Weil der 74-Jährige einen festen Wohnsitz hat, erging kein Haftbefehl. Als freier Mann konnte er am Dienstag seinem Prozess fernbleiben.

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