Allseits verehrte Maria
Die Erdbeere zum Beispiel. Rote Frucht und weiße Blüte zugleich, steht sie für Liebe und Reinheit, mithin für die unbefleckte Empfängnis. Der Volksglauben strickte Legenden um die süße Frucht. Etwa die schöne Geschichte, dass Maria einmal im Jahr auf die Erde herabsteige, um Erdbeeren zu ernten – zur Speise für die unschuldig gestorbenen Kinder. Veilchen finden sich in dem Gärtlern, mit ihrem intensiven Blau ein Symbol für den Himmel und auch für Maria, die reinen Lilien und Oliven. Pflanzen mit Heilkraft alle mitsammen, und damit auch ein Zeichen für die heilsgewisse Verehrung, die Maria zu allen Zeiten entgegengebracht wurde. Von den unterschiedlichsten Seiten übrigens: Martin Luther war ein Marienverehrer. Doch auch der katholische Feldherr Tilly führte Maria im Feldzeichen, als er daran ging, gegen die Protestanten vor Prag die erste große Schlacht des Dreißigjährigen Krieges zu schlagen.
In Bayreuth gilt's dem Frieden. Die Schlosskirche schließlich ist „Unserer lieben Frau“ gewidmet, ein friedliches Symbol für die mittlerweile gar nicht mehr so geringfügige Anwesenheit der Katholiken in der an sich protestantischen Stadt. Auch über andere Früchte weiß Bärberl Zöller viel zu berichten. Über das Bild der Traubenmadonna in der Schlosskirche etwa, oder darüber, wie die Herrscher des 17. und 18. Jahrhunderts den Granatapfel als Zeichen für Fruchtbarkeit und Unsterblichkeit für sich vereinnahmten. „Die Fürsten des Barock machten sich die Symbole des Himmels zu eigen“, sagt Zöller. Da wäre man ganz kurz mal wieder im wahrhaft himmlischen Markgräflichen Opernhaus gleich gegenüber; aber man kann auch noch ein bisschen in der Ruhe verweilen. Und sich zum Beispiel Gedanken darüber machen, warum Maler aus Siena den Engel der Verkündigung mit Olivenzweig anstelle der üblichen Lilie malten. Das kam, weil die Lilie für Florenz steht, den giftig bekämpften Konkurrenten vom Arno. Und Propaganda für die Florentiner zu machen, wäre den stolzen Sienesern noch im frömmsten Moment nicht eingefallen.
Man lernt eine Menge an der Schlosskirche, vor allem, wenn Bärbel Zöller aus dem Fundus ihres Wissens schöpft. Wer hätte schon gedacht, dass Religion so viel mit Politik zu tun hat?
INFO: Das in Segmente unterteilte Paradiesgärtlein war 2016 Teil der Landesgartenschau in Bayreuth, sozusagen als Teil eines spirituellen Weges. Bis heute pflegt das Stadtgartenamt die kleine Anlage mit Brunnen im Zentrum nach der Vorgabe von Bärbel Zöller, die immer noch Führungen zu dem Gärtlein und seinen Geheimnissen anbietet. Die nächsten Führungen sind am Montag, 3. Juli, um 15 Uhr, am 15. August und 12. September.