Administrator überprüfte nicht richtig – Statt den Störer auszuschließen oder die Gruppe zu löschen, verließen sie die CSU-Mitglieder Wie Rechtsextreme eine CSU-Facebook-Gruppe unterwanderten

Von Wolfgang Jung und Kerstin Fritzsche
 Foto: red

Facebook-Gruppen der CSU in Bayern gibt es sehr viele. Allein in Würzburg gibt es nahezu ein Dutzend. Eine von ihnen, in denen unter anderen Europaministerin Beate Merk und die Parlamentarische Staatssekretärin Dorothee Bär Mitglied waren, wurde Ende Juni von Rechtsextremen „gekapert“ - durch eine Unachtsamkeit des Administrators. Anstatt aber die Gruppe zurückzuerobern, flüchteten die CSU- und CDU-Mitglieder. Jetzt haben unter dem Deckmantel der Unionsparteien dubiose Gestalten freie Hand für Austausch und Verabredungen. Von außen sieht man das nicht, die Gruppe hat den Status „geschlossen“.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Am 23. Juni, zwischen Abend und Mitternacht, wurden über 70 Neue in die Gruppe aufgenommen, die meisten offenbar aus dem rechtsextremistischen Spektrum. Möglich gemacht hatte das der CSU-Stadtrat Willi Dürrnagel, der vor sieben Monaten den einschlägig bekannten Nürnberger Neonazi Rainer Biller in die Gruppe aufnahm. Biller rechnen Extremismus-Experten dem Umfeld der neonazistischen Partei „Die Rechte“ zu.

Die Neuen wurden nicht überprüft

Dürrnagel hatte Billers Facebook-Profil nicht geprüft und den Rechtsextremen so unwissentlich die Tür zu der Gruppe, die einst zum Austausch von CSU- und CDU-Mitgliedern gegründet worden war, geöffnet. Gegründet hatte die Gruppe einst Ex-Stadtrat und Betreiber des Wirtshaus „Holzapfel“ in Würzburg, Berthold Krieger. Nach seinem Tod übernahmen seine Söhne die Administration der Gruppe, zumindest war das Gasthaus „Holzapfel“ der Kriegers eingesetzt. In die Gruppe einladen oder Mitglieder einfach hinzufügen kann jedes bestehende Mitglied. Aber nur ein Admin kann Mitglieder ausschließen und die Gruppe löschen.

Sowohl Dürrnagel als auch die Kriegers sind aber wohl mit den Funktionen des Netzwerks wenig vertraut. Zumindest bemerkte niemand die schleichende fremde Übernahme und handelte auch nicht wie ein Gruppen-Manager es eigentlich tun sollte. Dass Dürrnagel auch ansonsten eher lasch mit Freundschaftsanfragen auf Facebook umgeht, zeigt wohl auch der Umstand, dass er 1400 hat.

Auch die Möglichkeit, die Neuen auszuschließen, wurde nicht wahrgenommen

Weil Dürrnagel und die Kriegers die Möglichkeit, die Neuen auszuschließen, nicht nutzten, sondern die Gruppe verließen, übernahmen die Rechtsextremisten. Irgendjemand muss – zweiter Fehler im Gruppen-Management - zumindest Biller eine Rolle als Administrator erteilt haben, denn sonst hätte er nicht sieben weitere zu Administratoren ernennen und den Gruppen-Namen ändern können. Denn seit Ende Juni heißt die Gruppe „CSU-Die Rechte und facebook-Freunde aus Franken Bayern Deutschland“ (sic!). In der Beschreibung der Gruppe heißt es jetzt: "Freunde der CSU und Die Rechte die freundschaftlichen Gedankenaustausch/Meinungenaustausch und Freundschaft pflegen" (sic). Schaut man sich die Profile der anderen, neuen Admins an, so sind die Sympathien für die Neonazi-Szene und auch Pegida sehr offensichtlich.

Unterdessen begann der Exodus der örtlichen CSU-Mitglieder. Über 20 von 55 verließen binnen weniger Stunden die Gruppe, unter ihnen Bär und der Landtagsabgeordnete Oliver Jörg. Jörg kündigte gegenüber der Würzburger „Main-Post“ an, nun seine knapp 2000 Facebook-Freunde nach Rechtsextremisten durchsuchen und sie, für den Fall, dass welche darunter sind, entfernen zu lassen. Bis Mitte Juli wuchs die Gruppe auf wieder über 90 Mitglieder an – die meisten inzwischen aus dem rechten Lager. Aus Bayreuth und Umgebung war wohl kein CSU-Politiker in der Gruppe, darauf angesprochen, zeigen sie sich aber betroffen, zumal dadurch das Problem mit der Kontrolle offenbar wird: Vielen würde vermutlich gar nicht auffallen, wenn sie einfach zu einer Gruppe hinzugefügt werden, geschweige denn, dass sie selbst in einer Gruppe kontrollieren, wer genau alles da auch noch ist. Zumal, wenn die Gruppe nicht wirklich aktiv ist wie im Fall der besagten in Würzburg.

Verwunderung darüber, dass Facebook selbst nicht reagiert

Peter Kreutner, Geschäftsführer des CSU-Bundeswahlkreises Würzburg, hatte neonazistische und rassistische Einträge der Neuen Facebook gemeldet. Das Unternehmen habe aber nichts Anstößiges daran gefunden – was leider normal ist. Facebook sperrt selten etwas, was gegen ihre sogenannten Gemeinschaftsstandards verstößt, es sei denn, Postings beinhalten Fotos mit blankem Busen oder viel nackter Haut (ist auch schon dem Kurier bei einem Artikel über die Geschichte der Prostitution in Bayreuth passiert). Dann dauert es keine 24 Stunden und der entsprechende Post ist gelöscht, der Zugang zum Profil meistens gesperrt und muss reaktiviert werden.

Bereits vor ein paar Jahren hatten Nutzer erfolglos versucht, das NPD-Profil des sozialen Netzwerks löschen zu lassen. Das andere Problem: Viele melden sich einfach mit anderer Mail-Adresse wieder an und gründen eine neue Seite oder eine neue Gruppe.

Hintergrund: Was bei Facebook-Gruppen zu beachten ist

(kfe). Jeder mit einem Account bei Facebook kann beliebig viele Gruppen gründen, entweder offen, geschlossen oder geheim. Gruppen dienen dem Austausch über gleiche Interessen mit Nutzern, mit denen man dazu nicht befreundet sein muss. Sofern nicht vom Admin geändert, kann jedes Mitglied standardmäßig weitere Mitglieder zu der Gruppe hinzufügen. Die Mitglieder von Gruppen erhalten standardmäßig eine Benachrichtigung, wenn ein Mitglied in der Gruppe etwas postet. Die Mitglieder können miteinander chatten, Fotos in gemeinsame Alben hochladen, an Gruppendokumenten mitarbeiten und alle Mitglieder, die Freunde sind, zu Gruppenveranstaltungen einladen. Nach außen ist die Gruppe sichtbar, aber man muss eben Mitglied sein, um ihr posten zu können.

Auch bei geschlossenen Gruppen können Nicht-Mitglieder sehen, dass es sie gibt und wer Mitglied ist. Völlig unsichtbar für andere Facebook-Nutzer und auch sonst im Netz etwa für Suchmaschinen sind Gruppen, wenn ihr Status auf „geheim“ gestellt ist.

Ab einer bestimmten Größe, das heißt Anzahl von Mitgliedern, sind einige Funktionen der Gruppe eingeschränkt, etwa kann dann der Gruppen-Name nicht mehr geändert werden.

Wie man mit Gruppen auf Facebook umgeht, steht auf der Seite des Unternehmens selbst unter https://de-de.facebook.com/help/162866443847527/. Tipps und Tricks zu allen möglichen Aspekten des sozialen Netzwerkes verrät auch die Seite www.allfacebook.de.