Adam Bärs Erinnerungen „Su wors amoll“ in Thurnau

Gisela Kern sammelt seit über drei Jahrzehnten Geschichten aus ihrer oberfränkischen Heimat, dem Markt Thurnau. Foto: /Ute Eschenbacher

Gisela Kern sammelt Geschichten aus ihrer Heimatgemeinde Thurnau. Ihr viertes Buch mit Erzählungen von früher basiert auf den Erinnerungen von Adam Bär.

 
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Thurnau - Der fränkische Dialekt ist für Gisela Kern eine Herzensangelegenheit. Sie spricht nicht nur selbst „Thernaerisch“. Ihr gefallen die Geschichten von alteingesessenen Thurnauern aus der „guten alten Zeit“. Und in Thurnau hat es durchaus einige Originale gegeben, die gewitzt waren und kein Blatt vor den Mund nahmen.

Für ihr erstes „Büchla“, das 1987 erschien, lud sie Thurnauer Persönlichkeiten und Geschäftsleute ein, Geschichten von früher zu erzählen. „Eine Herrenrunde in meinem Wohnzimmer“, erinnert sie sich schmunzelnd. Die Anekdoten, die ihr im Thurnauer Dialekt geschildert wurden, nahm sie auf Tonband auf.

Berge von Geschichten

Auf einmal hatte sie so viel Material, dass es noch für mehrere Bücher reichen würde. „Irgendwie hat sich herumgesprochen, dass ich alte Geschichten sammele“, erzählt Gisela Kern. Von überall her aus Thurnau und seinen Ortsteilen wie Tannfeld und Hutschdorf erreichten sie Aufzeichnungen, alte Fotos und Schriften. „Die Leute sind von selbst auf mich zugekommen.“ Nach den „Thurnauer Gschichtla“, kamen „Übern Kirchturm gschaut“ und ein Thurnauer Wörterbüchla heraus.

Schriftsetzer und Erzähler

In ihren Unterlagen befindet sich auch eine Textsammlung von Adam Bär, die er ihr vermachte. Gisela Kern ist der Ansicht, diese sollte einem größeren Lesepublikum zugänglich gemacht werden. „Adam Bär erzählt so schön aus seinem Leben, Anekdoten aus seiner Kindheit und Jugend, dem Thurnau seiner Zeit.“ Wer war dieser Adam Bär? Er war ein „waschechter“ Thurnauer, 1911 in Thurnau geboren und in der Rathausgasse 104 aufgewachsen. Im Jahr 1926 begann er eine Lehre bei der Buchdruckerei Waldhier, die früher neben der Laurentiuskirche war. Bär wurde Schriftsetzer und zog später nach Naumburg, wo er 1939 heiratete.

Das Handwerk blühte

Doch seine fränkische Heimat vergaß er nie und kam immer wieder zu Besuch zurück. Er verfasste Gedichte im Dialekt und auf Hochdeutsch und schrieb sie handschriftlich nieder. „Terrnaa – a Fläckla werklich wie gämoolt“, schwärmt er. In anderen Versen erinnert er an den Adelsstand und eine Gräfin, die Würste und Kerzen selbst herstellte. Die Handwerkerzahl war beträchtlich – Pfeifenkopf- und Büchsenmacher, Gerber, Perückenknüpfer, Strumpfwirker und Tuchfärber, Töpfer, Drucker und Schleifsteinmacher.

Weiterhin erzählt Adam Bär, der bis 1993 lebte, humorvoll über seine Schulzeit und Streiche mit Schwarzpulver, eine unselige Wallfahrt zur Burg Wiesentfels, als die evangelischen Thurnauer von den Katholiken im Hollfelder Land verjagt wurden, dem Hochwasser von 1927 und den allzu häufig aufgesuchten Wirtshäusern. Von Letztern gab es Anfang des 20. Jahrhunderts noch 15 und zusätzlich eine Kommunbrauerei neben dem Rathaus.

Spaziergang durch Alt-Thurnau

Kleine und große Begebenheiten, verschmitzt erzählt und bildhaft festgehalten für die nachfolgenden Generationen. „Ein Spaziergang durch die Vergangenheit von Alt-Thurnau“, nennt Gisela Kern das Buch, das demnächst in der Buchhandlung Häußinger verkauft wird. Eine Tochter von Adam Bär lebt noch. Gisela Kern konnte sie über Umwege ausfindig machen. Dabei erfuhr sie, dass auch sein Kriegstagebuch in Druck ging.

Zu jedem Text suchte ihr Mann Wolfgang ein passendes Schwarz-Weiß-Foto aus seinem Fundus heraus. So kann sich der Leser noch besser in die früheren Zeiten hineinversetzen. Zum Beispiel als der Schlossweiher noch die Weiherwiese, die Lindenallee als Schlossgarten noch zugänglich und das Freibad eher ein Tümpel war. Für Einheimische gibt’s die ein oder andere Schmonzette, von der sie noch nie gehört haben dürften. Und für die Zugezogenen lässt sich erahnen, wie die Thurnauer früher und wohl noch heute ticken.

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