Abdelkarim: Ein normaler Typ

Von Wolfgang Karl
Abdelkarim im Zentrum. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Abdelkarim, den kennt man doch aus dem Fernsehen. Ein Comedian, aber einer von den guten. Jemand, der schon mal in Die Anstalt eingeladen wird, sozusagen höchste Weihen der politischen Satire erfährt. Von so jemandem erwartet man viel. Man erwartet ein Programm, das Comedy (Viele Lacher) und Kabarett (intelligente politische oder gesellschaftskritische Statements) verbindet – und genau daran, an unserer Erwartung nämlich, scheitert der Abend, scheitert Abdelkarim.

 
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Dabei macht er strenggenommen gar nicht so viel falsch. Gut, ein bisschen sehr locker steht er da in seiner schlaffen Körperhaltung. So ganz ohne Spannung. Das macht ihn erst sympathisch – führt aber dazu, dass der Funke nie überspringt im ausverkauften Zentrum.

Keinen Bock auf den Abend

Denn Abdelkarim, das sagen uns seine hängenden Schultern und seine leicht nuschelige Aussprache, hat gar keinen Bock auf den Abend. Das fängt schon bei der Begrüßung an, die da etwas misslingt.

Erst muss geliefert werden

Keine Jubelstürme erwarten ihn, als er auf die Bühne kommt, sondern höflicher Applaus. Aber so ist eben das Bayreuther Publikum: Erst muss man liefern, vor allem als Frischling mit erstem Programm. So wiederholt Abdelkarim kurzerhand die Begrüßung. Wir sollen jetzt Begeisterung spielen. Mitspielen eben.

Druchaus Gutes im Programm

Aber das Eis – es will einfach nicht brechen. Dabei hat Abdelkarim durchaus einige gute Gags in seinem Programm: „Ich sehe so aus, aber ich bin kein Flüchtling. Man weiß doch: Die tragen Markenklamotten“, sagt er und steht da in seiner abgewetzten Lederjacke, ein verwaschenes Shirt mit undefinierbarem Aufdruck darunter.

Im Fernsehen funktioniert es

Aber es bleibt bei solchen Momenten, von denen zu wenige kommen. Bei all dem wirkt Abdelkarim sympathisch, nett. Ohnehin hat er die Statur eines Bären: Groß und beleibt. Man fühlt mit ihm, möchte ihm helfen. Denn irgendwie merkt man: Da steht einer auf der Bühne, der im Fernsehen besser wirkte. Einer, der in fünfminütigen Auftritten glänzt, bei dem das Material aber nicht zum ganzen Programm reicht.

Er erzählt uns, wie er sich als kleiner Junge für die viel zu große Kunstlederjacke geschämt hat, die ihm sein Vater gekauft hatte, in der irrigen Meinung, ein Junge brauche eine Lederjacke. Und er trägt immer noch solch eine Lederjacke.

Ein "Bruder" hat's geschafft

Nach dem Auftritt wird Abdelkarim von Jugendlichen arabischer Herkunft belagert. Sie sind stolz auf ihn. Ein „Bruder“ hat es geschafft. In diesem Moment fragt man sich, ob Abdelkarim seinem Programm nicht entwachsen ist. Er, der herhalten muss als Beispiel für „gelungene Integration“.

Ein Marokkaner von nebenan, der trotz Salafistenbart einfach nur nett und höflich ist. Darf so einer ein normales Programm machen? Eines, in dem es um schlechtsitzende Kleidung, seine Kumpels und seine Kindheit geht? Ja, er darf. Trotz unserer Erwartungen. Das ist auch eine Erkenntnis.