Vom Geist der Verfassung
Es trat ans Pult: Dieter Mronz. Der Alt-Oberbürgermeister von Bayreuth sprach viel von geschischte, von den Umständen damals, zur Stunde Null. Viel Geschichte. Allerdings: Dieter Mronz brachte diese Geschichte gut in die Gegenwart. Einfach, indem er einzelne Artikel der Verfassung vortrug. Und in der Gegenwart widerhallen ließ. Wofür Geld da ist, was die Verfassung zu Menschen sagt, die als Vertriebene Sicherheit suchen, sehr eindrucksvoll dort, wo die Verfassung etwas zum Zweck der Schule sagt: nicht nur Wissen und Können, auch Herz und Charakter solle sie bilden. Ach? Ach!
Mronz, vielleicht war es auch einfach der Text der Verfassung, schuf mit wenigen Worten einen Resonanzraum. Man horchte hinein, in diese Worte eines Hoegner. Was für eine Sternstunde der bayerischen Sozialdemokraten. Doch was ist davon übriggeblieben, also: von der Verfassung? Von diesen weisen Worten, die aufrechte Menschen, quer durch die damaligen Parteien, vereint durch die fürchterlichen Erfahrungen unter Hitler, fanden? Mronz erzählte viel davon, von den Bayreuther Sozialdemokraten etwa, die es wagten, Hitler zu kritisieren. Aber auch von der Bestürzung der jungen Generation in der Nachkriegszeit, als "uns vollends und tiefschürfend die Augen geöffnet wurden". Die Verbrechen von Nazi-Deutschland, der Rückfall in schlimmste Barbarei, "das hat sich nicht alles in der Steinzeit ereignet oder im finsteren Mittelalter", sagte Mronz. "Man kann's nicht fassen."
Pflichtlektüre Verfassung
Die bayerische Verfassung steht für den Neuanfang. Es lohnt, sich ihrer anzunehmen. Jeder Schüler bekommt den Text der Verfassung in die Hand gedrückt. Doch wer hat sie gelesen?
Viel ist von Politikverdrossenheit zu hören und zu lesen. Die Verfasssungsfeier aber war bestens besucht, der Glenk-Saal überfüllt. Muss doch ein gutes Zeichen sein, wenn die Menschen sich dafür interessieren. Damals in der Kälte, heute im Glenk-Saal. Im Sonnenschein und im Schatten, wie es ein irisches Lied sagt. Wäre halt schön, wenn sich nach den Festtagsreden noch mehr Menschen daran erinnerten. Gescheiteres darüber, wie ein Gemeinwesen zu ordnen sei, hat man seit dem kalten Dezember 1946 nicht mehr gehört. Hoegner und seine Mitstreiter hatten Argumente, die zeitlos zählen. So war's ein guter Feiertag, auch ohne Blaumachen.