Vor 13 Jahren wurde Theresia Kausler (76) eine Leber transplantiert Zweites Leben mit einem Spenderorgan

Von
Seit 13 Jahren lebt Theresia Kausler (rechts) mit einer Spenderleber. Auch Schwiegertochter Ulrike ist froh, dass es ihr wieder gut geht. Foto: Engelbrecht Foto: red

Mit einem Jucken in den Füßen, vor allem nachts, hatte es vor gut 25 Jahren bei Theresia Kausler angefangen. Damals dachte die heute 76-Jährige zuerst an eine Pilzerkrankung. Aber an der Haut war nichts zu sehen. Dann wurden bei einer Routineuntersuchung vor einer Schilddrüsenoperation massiv erhöhte Leberwerte bei ihr festgestellt. „Die Ärzte haben mich immer wieder gefragt, ob ich trinke“, sagt Kausler kopfschüttelnd, „haben mir nicht geglaubt, dass nicht.“

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Der Hausarzt wollte sie zur Punktierung schicken, das wollte sie aber nicht, sagt Kausler, die in Vorbach wohnt. Mit der Zeit ging es ihr immer schlechter, sie war müde und schlapp, hatte keinen Appetit, konnte kein Fleisch mehr essen, hatte Durchfall. Dann nach einer Gallenwegserkrankung die Diagnose „primär binäre Zirrhose“ – eine Autoimmunerkrankung, das heißt eine Reaktion des Immunsystems gegen körpereigene Organe. Zu 90 Prozent leiden Frauen darunter. Unheilbar. Und nach einer Ultraschalluntersuchung eröffnet ihr der Arzt: „Die Leber ist kaputt.“

Wie ein Kübel Wasser

Da war sie geschockt, als ob ihr jemand einen Kübel Wasser übergeschüttet hat. Erst hat sie versucht, alles zu verdrängen. „Ihre vier Kinder haben sich dann zusammengetan und sie zu einer Transplantation überredet“, erzählt Schwiegertochter Ulrike. Sie hatten große Hoffnung, immerhin lag die Überlebenschance mit einem neuen Organ bei 98 Prozent.

„Na, dann habe ich halt zugestimmt“, sagt Theresia Kausler ruhig. Sie wurde bei Eurotransplant auf die Warteliste gesetzt, bekam von der Chirurgischen Klinik in Erlangen ein Handy, das sie immer bei sich tragen musste. Knapp drei Jahre hat sie gewartet. Als sich ihr Gesundheitszustand immer weiter verschlechtert, rückt sie auf der Liste unter die ersten drei Plätze.

Dann Ende Mai 2000 an einem Sonntagmorgen um 5 Uhr wird sie angepiept, man hat ein passendes Organ für sie. Kausler wird mit dem Krankenwagen abgeholt und nach Erlangen gefahren. Dort muss sie duschen, Herz und Lunge werden untersucht, sie wird für die OP vorbereitet. Kausler erinnert sich: „Dann kam auf einmal ein Arzt und sagte, ’es tut uns leid, wir haben einen Notfall, der die Leber sofort braucht’.“

„Na, gefallen hat mir das net“

Wie war die Situation für sie? „Na, gefallen hat mir das net“, sagt die 76-Jährige relativ gelassen. Sie ist dann wieder heimgefahren. Am nächsten Tag, den 30. Mai, wird sie wieder angefunkt, das gleiche Prozedere noch einmal. „Ich wurde in so ein Zimmer geschoben und dann weiß ich nichts mehr“, erzählt Kausler. Knapp 13 Stunden mit drei Ärzteteams hat die OP gedauert, sagt Schwiegertochter Ulrike. Alles läuft gut. Nach zwei Tagen – es war an Himmelfahrt – wacht sie langsam wieder auf. Eine Woche muss sie auf der Intensivstation, acht Wochen insgesamt noch bleiben. Es geht ihr zunehmend besser. „Dann kam die Schwester und brachte mir Schweinebraten und Klöße“, sagt Kausler lachend. Und da hatte sie auch endlich wieder Appetit.

Einmal kam es noch zu Komplikationen, eine Verengung der Gallengänge führte zu einer Gelbsucht. Diese wurde mit Cortison behandelt, Stents eingesetzt, um die Gänge zu erweitern. Seitdem geht es Kausler wieder gut, sie hat keine Beschwerden mehr. „Ich muss zwar lebenslang ein Medikament nehmen, um eine Abstoßung des Organs zu verhindern und einmal im Jahr zur Kontrolle, aber sonst kann ich wieder alles machen und essen, was ich will.“ Kausler besucht auch eine Selbsthilfegruppe, der Austausch mit anderen Betroffenen tut gut.

Leber fünf Jahre jünger

Das Gefühl, dass da ein Fremdkörper in ihr ist, hat sie nie gehabt. Seit diesem Jahr weiß sie, dass die Spenderleber von einer fünf Jahre jüngeren Frau stammte. Was empfindet sie ihr gegenüber? „Dankbarkeit“, sagt Kausler, „ich bete immer wieder für sie.“ Wenn es möglich wäre, würde sie zu den Angehörigen Kontakt aufnehmen. Wie hat sich ihre Einstellung zur Organspende entwickelt? Früher war das nicht so das Thema, inzwischen denkt sie darüber nach, auch ihre Kinder haben mittlerweile alle einen Spenderausweis. „Es muss jeder selber wissen, ob er spendet, man kann niemanden zwingen“, sagt Kausler.

Hat sie damals ihre eigene entnommene Leber gesehen? „Nein“, sagt sie, „aber der Arzt hat mir gesagt, dass sie nicht mehr gut ausgeschaut hat, nur noch ein Klumpen war. Und dass ich nur noch etwas sechs Wochen zu leben gehabt hätte.“ Theresia Kausler erzählt das ganz ruhig und nüchtern. Den ersten Jahrestag ihrer OP haben sie dann gefeiert, 13 Jahre ist der Eingriff nun bald her. Auch heute denkt sie noch täglich daran. „Das ist wie ein zweites Leben, das mir geschenkt wurde.“

Autor