Wie man 35 einarmige Banditen ausräumt

Von Manfred Scherer
Im Sommer vergangenen Jahres nehmen SEK-Beamte die mutmaßliche Bande in einem Bayreuther Eis-Café fest. Foto: Marie-Christine Fischer Foto: red

Wie räumt man schnell 35 einarmige Banditen aus? Indem man es dem Kassierer, der den Schlüssel dafür hat, überlässt und ihm dann eine Knarre unter die Nase hält. Am 3. Prozesstag um den vereitelten Casino-Coup von Himmelkron verdichtet sich die Beweislage. Im Bayreuther Landgericht gab es überdies Händchenhalten - im Zeugenstand und auf der Anklagebank.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Von der Anklagebank grüßen dieBayreuther Angeklagten Alber D. (37), ein gebürtiger Albaner, und Silvia Ulrike F. (31), eine gebürtige Bayreutherin, als Eheleute. Vergangenen Dienstag hat Silvia ihren Alber im Knast geheiratet und heißt jetzt Silvia Ulrike D.

Hat Alber D. seine Freundin schützen wollen?

DasPaar wurde nach den bisherigen Erkenntnissen von einer mindestens sechsköpfige Gruppe von Kosovo-Albanern als Handlanger für den im Juni 2016 geplanten Überfall auf ein Spielcasino in Himmelkron benutzt. Wie mehrfach berichtet, war die Kripo den Plänen auf die Spur gekommen und hatte die Bande am 28. Juni 2016 bei einem spektakulären Einsatz in einem Eiscafé in der Bayreuther Bahnhofsstraße Hoppes genommen.

Er sagt "Respekt" und meint "Angst"

Wie sehr Alber und Silvia D. in die Pläne eingeweiht waren - von dieser Frage hängt die mögliche Bestrafung für beide ab. Alber D. hat sich bislang als einziger der vier in Bayreuth Angeklagten zur Anklage eingelassen: Aus "Respekt" - gemeint ist Angst - vor einem ihm bekannten Albaner habe er geholfen. Und er habe dadurch erreichen wollen, dass seine Freundin und jetzige Ehefrau von den Albanern in Ruhe gelassen wird.

Wurde Silvia D. nur benutzt oder wusste sie mehr?

Das könnte im besten Fall heißen: Silvia D. wurde benutzt, ohne eine Ahnung von dem bevorstehenden Raub zu haben. Silvia D. ließ denn auch am Dienstag erklären, sie habe keine Kenntnis von dem Überfallplan gehabt. Dass sie für die Albaner im Wäscheschrank in ihrer Wohnung eine scharfe Waffe versteckte, gab sie zu: "Aus Dummheit war das."

Kommt die Schlüsselfigur ungeschoren davon?

Ob Silvia D. ungeschoren davon kommt? Immerhin ist sie die Schlüsselfigur in dem Raubplan. Sie hatte in dem Himmelkroner Casino gearbeitet und wusste, wann die regelmäßigen Zahltage waren: Alle zwei Wochen, Dienstags oder Mittwochs. Für einen erfolgversprechende Überfall fehlte nur der konkrete Tag.

Zeugin mit Angstneurose

Die letzte, entscheidende Info sollte eine noch im Casino Angestellte Ex-Kollegin liefern. Die 51-jährige wurde am Dienstag als Zeugin gehört. Die Frau leidet - nicht erst seit Bekanntwerden der vereitelten Überfallpläne - an einer Angstneurose. Im Zeugenstand hatte sie ein Freundin dabei, die während ihrer Aussage ihre Hand hielt.

Zweimal nach dem Kassierzeitpunkt gefragt

Die 51-Jährige bestätigte, dass sie am 16. Juni 2016 vom Handy von Silvia D. eine SMS- Kurzmitteilung mit der Frage, ob die Kassierung schon war. Die Zeugin erklärte, sie habe nicht geantwortet, weil die Herausgabe solcher Informationen ihrem Arbeitsvertrag zuwider laufe. Am selben Tag sei auch Alber D. zusammen mit einem ihr nicht bekannten Mann im Casino erschienen und habe sich erkundigt, ob die Kassierung schon war und wann die nächste sei. Die Zeugin berichtete, das Ausräumen der Geldspielautomaten durch die Kassierer dauere üblicherweise etwa eine Stunde. Die Kassierer transportierten routinemäßig das Geld durch den Hintereingang ab.

Gartenarbeiten als möglicher Vorwand

Fragen der Verteidiger Jochen Kaller und Silvia Wunderle - sie vertreten Alber D. - legen nahe, dass Alber D. versucht haben könnte, seine jetzige Ehefrau aus der Sache herauszuhalten: Alber D., der damals einen Servicevertrag mit dem Casinobetreiber für Arbeiten in den Außenanlagen hatte, habe einen der Kassierer wegen eines Gärtnereinsatzes in einer Bamberger Filiale sprechen wollen. Das könnte ein Vorwand gewesen sein, um den genauen Zahltagtermin zu erfahren und eine unverfängliche Erklärung für Silvia D., warum er nach dem Kassiertermin fragte. Der Prozess wird fortgesetzt.

Lesen Sie auch:

Prozess um vereitelten Casino-Raub

Ein Colt im Unterwäsche-Fach

Bilder