Widerstand gegen die Landeskirche

Von Annika Braun
Dekan Schoenauer (links) ist der Vorsitzende des evangelischen Gemeindebundes Bayern. Foto: red Foto: red

Der Kirchenvorstand Auerbach hat beschlossen, dem evangelischen Gemeindebund Bayern beizutreten.  Zusammen mit 42 Gemeinden kämpfen die Auerbacher um mehr Selbstständigkeit.

 
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Vor fünf Jahren ist aus dem Forum „Aufbruch Gemeinde“, in der der Widerstand gegen die bayerische Landeskirche begann, der „Gemeindebund Bayern“ entstanden. Am 4. Februar 2012 gründeten 16 Kirchengemeinden aus unterschiedlichen Regierungsbezirken in Nürnberg die Reformgruppe. Mit dem Ziel die Interessen der Gemeinden in einer Art „Städtetag“ zu bündeln und somit die Stellung der Pfarrgemeinden in der Landeskirche zu stärken.

Gerhard Schoenauer hat den Vorsitz

Vorsitzender ist der Pegnitzer Dekan Gerhard Schoenauer. Er möchte die Hierarchisierung der evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) stoppen. „In der evangelischen Kirche gilt immer noch das Priestertum aller Gläubigen. Jeder ist gleich. Wir sehen Tendenzen, das diese Kirchengesetze ausgehebelt werden“, so der Vorsitzende.

Leitfaden der EKD von 2007

Er verweist auf einen Leitfaden der EKD von 2007, in dem die Zukunft der Kirche beschrieben wird. Die Gemeinden stünden da nur noch an zweiter Stelle, es solle alles zentral geregelt werden. Ein Plan, der dem Pegnitzer Dekan und dem Gemeindebund Bayern gegen den Strich geht, „weil das Evangelium doch von Angesicht zu Angesicht weiter gegeben werden muss.“

Für ihn funktioniert Kirche „von unten nach oben und nicht von oben nach unten“. Das bedeute, dass die Gemeinden die Basis seien. Alles andere, was über diese Basis hinausgeht, müsse zuerst einmal als Dienstleister für die Kirchengemeinde angesehen werden.

Bund fordert mehr Rechte

Schoenauer betont: „Jede Kirchengemeinde ist in sich voll eine ganze Kirche. Denn Kirche ist dort, wo die Sakramente gereicht werden.“ Deshalb fordert er mehr Rechte – zum Beispiel was die eigene Verwaltung und die Menge an Zuschüssen durch die Landeskirche angeht. Denn die Zuschüssen werden immer weniger, sodass die Gemeinden nicht mehr so gut arbeiten könnten, im Ernstfall sogar vor der Insolvenz stünden. „Die Gemeinden wissen oft nicht mehr, wie sie ihre Angestellten und die Gebäudesanierungen bezahlen sollen“,schildert Schoenauer die Situation.

Tendenz rückläufig

Die Zuschüsse, sogenannte Schlüsselzuweisungen, sind ein fester Anteil der Einnahmen der Landeskirche, zum Beispiel über die Kirchensteuern, der an die Gemeinden zur freien Verfügung geht. Damit könnten dann „Mitarbeiter für den Kindergottesdienst oder Materialien angeschafft werden.“

Er nennt Zahlen: Früher gingen 38 Prozent der Kirchensteuereinnahmen an die Ortsgemeinden,, inzwischen seien es 24 Prozent – Tendenz rückläufig. Begründung für die Kürzungen der Landeskirche ist laut Schoenauer: Die Kirchensteuern werden weniger, die Landeskirche müsse also sparen.

„Das Argument höre ich seit 30 Jahren, so lange bin ich schon an der Sache dran. Das Problem ist nur, dass seit zehn Jahren die Einnahmen an Steuern wieder steigen und die Schlüsselzuweisungen trotzdem nicht höher werden.“ Im Gegenteil: Es würden Gemeinden fusioniert, um Pfarrstellen und damit Geld zu sparen, so der Vorsitzende.

Um ihre Forderungen gebündelt an die Landessynode, das Gremium, das für den Haushalt und Gesetze der Landeskirche zuständig ist, zu schicken und sich auszutauschen hat der Gemeindebund einen eigenen „Städtetag“ gegründet, eine Art „Lobby für die Gemeinden“, so Schoenauer.

Einmal im Jahr treffen sich jeweils zwei Abgeordnete der Ortsgemeinden zum Aktionstag. Dort werden Anträge gestellt. „ Wir möchten durchsetzten, dass Pfarrer in ihrer Ausbildung erst einmal fünf, sechs Jahre in einer Gemeinde arbeiten müssen, bevor sie in den übergemeindlichen Dienst gehen.“

Um noch bekannter zu werden, stellt sich der Gemeindebund Bayern an den Kirchentagen und bei der bayerischen Synode vor, sammelt dort Unterschriften. In anderen Landeskirchen, wie in der Nordkirche, in Hannover, in Berlin und in der rheinischen Kirche gibt es ähnliche Reformbewegungen. Dennoch ist der Bund mit 42 von 1500 Gemeinden in Bayern in der Minderheit.

Schoenauer war auf vielen Pfarrkonferenzen, um für den Gemeindebund zu werben. „Ich bin da eigentlich immer so rausgegangen, dass die überwiegende Mehrzahl sagt: „Gut, toll, dass ihr das macht“. Aber den letzten Schritt machen dann viele doch nicht.“ Um in den Bund einzutreten, muss der Kirchenvorstand den Beitritt beschließen. So wie es in Auerbach der Fall war. Warum andere Gemeinden zögern, kann sich Schoenauer mit der mangelnden Zeit erklären, sich auch noch in einem Bund zu engagieren.

Denn die eigentliche Arbeit, wie Seelsorge und Gottesdienstvorbereitung, muss ja weiterlaufen. Schoenauers Ziel sind „irgendwann 200 oder 300 Gemeinden, wenn das möglich ist.“