Eine Schulvorbereitende Einrichtung in Waischenfeld macht Kinder mit Förderbedarf fit für die Schule Wenn blaue Bilder bunt werden

Von Thorsten Gütling
So wie Milena (links) und Lena heute, wurde auch Florian einst in der Schulvorbereitenden Einrichtung (SVE) in Waischenfeld gefördert. Heute besucht er keine Förder-, sondern eine ganz normale Grundschule. Er verdankt das den sonderpädagogischen Methoden, nach denen in der SVE das Verständnis für Farben, Formen und Zahlen gefördert wird. Foto: red

Die SVE ist für mich ein Gottessegen, sagt Michaela Buus. SVE, das steht für Schulvorbereitende Einrichtung und eigentlich war sie eher für Michaelas Sohn Florian ein Segen. Denn heute besucht der Neunjährige die dritte Klasse einer Regelschule. Dabei hatte er vor vier Jahren noch große Probleme, ein einfaches Bild auszumalen. Von einer Lernbehinderung ist das aber weit entfernt, betont Mutter Michaela. Und die stellvertretende Schulleiterin der Bayreuther Dietrich-Bonhoeffer-Schule, die die SVE betreibt, erklärt auch warum.

 
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Bevor Florian die Schulvorbereitende Einrichtung in Waischenfeld besuchte, malte er alle Bilder ausschließlich blau aus. Hemden, Hosen, Gesichter, Hüte: alles blau. Eines Tages aber malte Florian den Menschen auf den Bildern grüne Haare, rote Hemden und gelbe Hosen. Florians Mutter Michaela gefielen die Bilder immer noch nicht. Entweder man malt ein Bild richtig aus oder gar nicht, fand sie und fragte sich: Warum versteht mein Sohn nicht, dass Menschen keine grünen Haare haben?

Erst die Erzieher der SVE machten ihr klar: Die grünen Haare sind ein Riesenerfolg für Florian. Immerhin erkennt er jetzt, wo die Haare anfangen und wo das Gesicht aufhört. "Hier haben die Erzieher auf Kleinigkeiten geachtet, die mir gar nicht bewusst waren. Ohne die wäre mein Sohn in seiner Entwicklung stehen geblieben", sagt Michaela heute. In einem normalen Kindergarten, in dem oft die Kinder die meiste Aufmerksamkeit bekommen, die am lautesten schreien, wäre Kinder, die still in der Ecke sitzen und ihre Bilder einfach nur blau ausmalen, vielleicht gar nicht aufgefallen, sagt Michaela. Mit der Folge, dass sie in der Schule Probleme bekämen und die Klassen wiederholen müssten, oder es gar nicht erst auf eine Regelschule schafften. So aber hat Florian die Chance, in zwei Jahren eine Realschule zu besuchen. Die SVE nennt Michaela Buus daher "einen Gottessegen".

Die Dietrich-Bonhoeffer-Schule in Bayreuth ist eine Förderschule. Dorthin gehen Kinder, die entweder nicht gefördert wurden oder größere Defizite haben als Florian. Die Bonhoeffer-Schule betreibt die SVE in Waischenfeld. Und dennoch sagt die stellvertretende Schulleiterin, Elke Winckhler: "Unser Ziel ist es, die Kinder so gut zu fördern, dass sie später nicht zu uns müssen." Zumindest in diesem Jahr werden die Erzieher dieses Ziel erreichen. Von den derzeit neun Kindern die die SVE besuchen, werden im Sommer fünf auf eine Regelschule wechseln. Der Rest bleibt ein weiteres Jahr in der SVE. Nicht nur deshalb wehren sich Eltern und Schulleitung dagegen, dass die Kinder der SVE als lernbehindert bezeichnet werden. Eher müsste von Kindern mit Entwicklungsbedarf gesprochen werden. Schließlich wurde bei den Kindern keine Behinderung diagnostiziert, sondern ein erhöhter Förderbedarf in verschiedenen Entwicklungsbereichen. So wie bei Florian, der lernen musste, wo die Haare aufhören und das Gesicht anfängt. Andere können ihre Stifte nicht richtig halten und wiederum andere verstehen noch nicht, was der Unterschied zwischen Obst und Gemüse ist. Zusammen mit besonders ausgebildeten Pädagogen sollen sie das alleine oder in Zweiergruppen herausfinden. Und der Erfolg gibt der Einrichtung recht: Statt in diesem Jahr neun, haben sich für das nächste Jahr schon zwölf Kinder angemeldet.

Info: In zwei Wochen soll die Entscheidung fallen, ob die SVE der Bonhoeffer-Schule bald neue Nachbarn erhält. Dann nämlich will der Bezirk entscheiden, ob der Sprachheilkindergarten der Markgrafenschule im neuen Schuljahr von Wonsees nach Waischenfeld zieht. Nachdem die Grundschule in Wonsees im Sommer geschlossen wird, ist der Sprachheilkindergarten auf der Suche nach einem neuen Zuhause. Die Markgrafenschule hatte sich vor zwei Wochen für Waischenfeld und gegen Hollfeld und Plankenfels ausgesprochen, die sich ebenfalls um die Einrichtung bemüht hatten.

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