Ein Soldat aus Bayreuth über Weihnachtsgefühle im Krisengebiet und Heiligabend unter Kameraden Weihnachtsgrüße aus dem Kosovo

Von Thorsten Gütling
Feier Weihnachten fernab der Heimat im Kosovo: Berufssoldat Enrico Lehm. Foto: red Foto: red

Enrico Lehm (Name von der Redaktion geändert) wird Weihnachten in diesem Jahr nicht zuhause feiern. Der gebürtige Bayreuther ist als Sanitätsunteroffizier im Kosovo stationiert. Aus Sicherheitsgründen dürfen wir seinen wahren Namen nicht veröffentlichen. Im Gespräch mit dem Kurier erzählt der 33-Jährige von festlich geschmückten Fenstern in Kosovo, seinem Adventskalender und Geschenken unter Kameraden.

 
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Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.

Lukas 2,14

Herr Lehm, wie ist das, Weihnachten im Einsatz zu sein? Kommt im Kosovo Weihnachtsstimmung auf?
Enrico Lehm: Natürlich ist es komisch an Weihnachten nicht zuhause bei der Familie zu sein. Aber wir sitzen eben hier gemütlich zusammen und keiner ist allein. Weihnachtsstimmung kommt schon auf. unsere Unterkunft ist weihnachtlich geschmückt. Leider darf ich sie aus Sicherheitsgründen nicht fotografieren. An fast jeder Ecke gibt es einen Weihnachtsbaum. Plätzchen und Stollen haben wir aus der Heimat geschickt bekommen. Und im Radio laufen auch Weihnachtslieder. "Last Christmas" ist Gott sei Dank nicht dabei.

Haben Sie einen Adventskalender?
Lehm: Ja, ich habe einen. Ich habe von meiner Stammeinheit lauter kleinen Päckchen voller Süßigkeiten bekommen.

Was machen Sie an Heiligabend?
Lehm: Heiligabend sieht so aus, dass ich abends in die Kirche gehe und danach mit Kameraden zusammen sitze. Danach werde ich mit meiner Frau telefonieren.

Was wird's zu Essen und zu Trinken geben? Weihnachtsgans?
Lehm: Das Weihnachtsessen gibt es in der Truppenküche. Was genau es gibt erfahren wir an Weihnachten. In Sachen Alkohol gilt die sogenannte "Zwei-Dosen-Regelung". Also zwei Dosen Bier sind erlaubt, harter Alkohol ist wie immer verboten.

Gibt's Geschenken unter Kameraden?
Lehm: In unserer Teileinheit machen wir eine kleine Weihnachtsfeier und werden Wichteln. Insofern  verschenkt jeder etwas. Der, den ich gezogen habe, bekommt drei Dosen Energiedrink und Süßigkeiten. Gewünscht habe ich mir aber nichts.

Und die Familie zuhause? Bekommt die etwas?
Lehm: Ja habe meinen Eltern und meiner Frau etwas mit der Post geschickt. Haben hier einen sogenannten Marketender, also jemanden, der unsere Truppe begleitet und uns mit Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs versorgt. Meinen Eltern habe ich hier ein Parfum gekauft, weil man das hier günstig bekommt. Meine Frau bekommt eine Kuscheldecke und eine Körpercreme.

Ist das Heimweh an Weihnachten schlimmer als sonst?
Lehm: Heimweh habe ich natürlich. Ich freue mich schon sehr, wenn ich meine Frau wieder in die Arme schließen kann. Auch auf meine Eltern in Bayreuth freue ich mich.

Wie bleiben Sie mit Ihrer Familie überhaupt in Kontakt?
Lehm: Wir skypen oder schrieben Nachrichten über Whattsapp. wir haben hier fast überall W-Lan und auch das Handynetz ist top.

Und die Einheimischen im Kosovo? Wie bereiten die sich eigentlich auf Weihnachten vor?
Lehm: Da bekomme ich leider nichts mit. Natürlich sieht man auch hier die Weihnachtsdekoration an den Fenstern.

Kann man sich eigentlich aussuchen, ob man an Weihnachten zuhause sein will oder nicht?
Lehm: Aussuchen kann ich mir es schon. Mal wird man für den Sommer eingeplant, mal für Weihnachten und Silvester. Als Soldat muss man eben mal in den sauren Apfel beißen. Es gibt ein Mandat der Vereinten Nationen, nachdem wir dafür zu sorgen haben, dass die Kosovo-Flüchtlinge sicher zurück in ihre Heimat können. Dafür sind wir das ganze Jahr vor Ort. 24 Stunden, sieben Tage die Woche, 365 Tage im Jahr. Extra Bezahlung gibt es dafür nicht. Nur den normalen Auslandsverwendungszuschlag.

Info: Wir dürfen nicht nur Enrico Lehms wahren Namen nicht veröffentlichen. Aus Sicherheitsgründen darf er auch keine Bilder von seiner Unterkunft machen und uns schicken. Und ein Pressesprecher hat ihm untersagt, auf zwei unserer Fragen zu antworten. Nämlich darauf, ob man an Weihnachten anders über Krieg und Frieden nachdenkt und ob er schlimme Erfahrungen gemacht hat, die in stillen Momenten wieder zutage treten.

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