Mitglieder finden keinen neuen Vorstand - Zukunft des Glas- und Knopfmuseums ungewiss Weidenberg: Verein Werksiedlung vor dem Aus

Von Heike Hampl

Der Weidenberger Verein Werksiedlung steht vor dem Aus. Und mit ihm das Glas- und Knopfmuseum, dessen Träger der Verein ist. Am Freitagabend wollte der Verein einen neuen Vorstand wählen. Doch niemand will diese schwere Last tragen. Am Ende dieses Wahlabends standen vor allem Enttäuschung und Wut. Aber auch eine Hoffnungsträgerin.

 
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Wie spricht man über die Fehler, die ein Toter begangen hat? Ohne seine Witwe zu verletzen? Ohne seinem Sohn weh zu tun? Ohne seine Verdienste zu schmälern? Heinz Schimek ist im September des vergangenen Jahres gestorben. Er war 30 Jahre lang der erste Vorsitzende des Vereines Werksiedlung in Weidenberg. Am Freitagabend haben die Vereinsmitglieder sich getroffen, Witwe Roswitha und Sohn Markus Schimek inbegriffen.

Herzblut, Leidenschaft, Alleingänge

Zweifelsohne hat Schimek seinen Verein geliebt. Wenn die Vereinsmitglieder über ihn und das Glas- und Knopfmuseum sprechen, dann sprechen sie von Herzblut, von Leidenschaft, von Aufopferung. Doch ein bisschen leiser sagen sie: "Aber er hat halt immer alles selbst machen wollen." Und damit meinen sie auch: Heinz Schimek hat Entscheidungen über die Köpfe des Vorstandes hinweg getroffen. Er hat Verträge geschlossen, ist Verpflichtungen eingegangen, die den Verein jetzt zu erdrücken drohen.

Der Verein hat noch 6000 Euro in der Kasse. Der Betrieb des Museums kostet samt Miete pro Jahr rund 4500 Euro. Die Beiträge der 100 Mitglieder spülen insgesamt 600 Euro pro Jahr in die Kasse. Die Finanzen stehen vor dem Kollaps. Im Jahr 2008 hat die letzte Wahl stattgefunden. Solange schon ist der amtierende Vorstand im Amt. Eigentlich muss alle drei Jahre neu gewählt werden. Doch Schimek hat jahrelang keine Mitgliederversammlung einberufen.

Der alte Vorstand gibt auf

Der zweite Vorsitzende Klaus Hübner will nicht mehr. Er, die dritte Vorsitzende Regina Linke,  Schriftführer Norbert Lang und Kassenwart Reinhard Trepl legen ihre Ämter nieder. Zu viel ist in den vergangenen Jahren passiert. "Wir brauchen einen Generationswechsel", sagt Hübner. Junge Leute, die in der Lage sind, das Ruder doch noch herumzureißen. "Wir unterstützen den neuen Vorstand nach Kräften. Aber wir selbst können diesen Verein nicht mehr führen." Es hat die Nerven der Vorstandsmitglieder zerrieben, dass sie die Vergangenheit mit vielen bitteren Erkenntnissen nach Schimeks Tod haben aufarbeiten müssen.

Neuer Träger fürs Museum?

Freitagabend. 40 der 100 Mitglieder sind im Gasthaus Kolb zusammengekommen. Gastredner sind eingeladen. Experten mit musealem Sachverstand. Mit Wissen über Fördertöpfe. Eigentlich sind die Fachleute da, um dem neuen Vorstand zu helfen. Doch ein neuer Vorstand findet sich an diesem Abend nicht. Am Ende also reden die Experten den Vereinsmitglieder ins Gewissen: "Wir müssen es schaffen, den Verein über die nächsten drei Jahre zu retten, damit das Museum nicht den Bach hinunter geht", sagt Ulf Vierke, Leiter des Iwalewa-Hauses in Bayreuth. Doch er sagt auch: "Langfristig kann der Verein das Museum nicht stemmen." Er meint, dass ein neuer Träger gefunden werden müsse.

Der Abend gleicht einem Spießrutenlauf. So gut wie jeder Anwesende wird aufgerufen, zu kandidieren. Als Vorsitzender. Als Stellvertreter. Zumindest als Schriftführer. Nein. Nein. Nein. Dann schlägt jemand Brigitte Hadlich aus Weidenberg vor. Die Künstlerin schluckt. Ihr Mann schüttelt den Kopf. Doch sie sagt ja und wird zur neuen ersten Vorsitzenden gewählt. Nur ihr Mann enthält sich.

Hadlich auf verlorenem Posten

Hadlich steht alleine da. Stellvertreter, Kassenwart und Schriftführer finden sich nicht. Markus Schimek, der Sohn des Verstorbenen, erklärt sich bereit, als dritter Vorsitzender mitzuarbeiten. Aber nur, wenn sich ein stabiler Vorstand fände. Nicht aber, wenn nach stundenlanger Debatten nur irgendjemand in die Verantwortung gedrängt werde. In vier bis sechs Wochen wird der Verein sich wieder treffen. Wählt er dann wieder keinen neuen Vorstand, löst sich der Verein auf. Die Zukunft des Museums ist völlig ungewiss.

Die Mitglieder des Vereines Werksiedlung haben keine Lust auf Verantwortung. Sie alle sagen, es wäre eine Schande, wenn das Museum unterginge. Sie sagen: Unsere sudetendeutsche Geschichte, die Geschichte des Marktes Weidenberg darf nicht sterben. Sie sagen: Unser Museum ist einzigartig, morgen könnte die Glas und Knopfproduktion dort wieder anlaufen. Sie rufen laut nach Nachwuchs, doch ihre Kinder und Enkel haben sie an diesem Abend nicht mitgebracht. Außer Brigitte Hadlich steht keiner auf, um das alles zu retten.

Am Ende des anstrengenden Abends sagt die Witwe von Heinz Schimek: "Vielleicht versteht ihr ja jetzt, warum er immer alles alleine gemacht hat."

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