Weidenberg: Flüchtlinge im Alten Schloss

Von Moritz Kircher
Wesam Aldbs und Ahmed Salama sind mit ihren Familien aus Syrien nach Deutschland geflohen. Sie sind die ersten Bewohner im Alten Schloss in Weidenberg. Foto: Moritz Kircher Foto: red

Das Alte Schloss in Weidenberg ist seit Donnerstag wieder bewohnt. Sechs Wochen haben es die neuen Besitzer umbauen lassen. Gestern kamen 17 Flüchtlinge aus Syrien an, die nun in dem Gebäude leben. Der Helferkreis "Integration Mensch" will das Alte Schloss zur Begegnungsstätte von Flüchtlingen und Weidenbergern machen. Die Zahl der Asylbewerber, die in Bayreuth, dem Landkreis und im Landkreis Kulmbach ankamen, ist im November deutlich geringer gewesen, als in den Vormonaten.

 
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„Sie kommen, ich bin so aufgeregt.“ Michaela Rhau gehört zum Helferkreis, der sich um die Flüchtlinge kümmern wird, die ins Alte Schloss im Weidenberger Obermarkt einziehen. Vor der Tür hält gerade ein Taxi, das ein junges syrisches Ehepaar aus der Aufnahmeeinrichtung in Bad Berneck nach Weidenberg bringt. Kurz darauf sitzen sie mit Michaela und Markus Rhau am Tisch in der Gemeinschaftsunterkunft und erledigen den Papierkram.

Die Nachricht der Ankömmlinge verbreitet sich wie ein Lauffeuer

Es ist Donnerstagmorgen. Die Nachricht, dass die ersten Flüchtlinge gerade eingetroffen sind, verbreitet sich unter den Mitgliedern des Helferkreises wie ein Lauffeuer. Kurze Zeit später wimmelt es im Alten Schloss vor Menschen. „Integration Mensch“, so nennt sich die Gruppe, die sich formiert hat, nachdem bekannt wurde, dass aus dem Alten Schloss eine Flüchtlingsunterkunft werden wird.

„Integration Mensch“ deshalb, weil der Helferkreis nicht nur Flüchtlingen unter die Arme greifen will. „Wir wollen für alle Weidenberger da sein“, sagt Michaela Rhau. Sie wünscht sich, dass aus dem Alten Schloss künftig eine Begegnungsstätte wird, in die Weidenberger und die Flüchtlinge zusammenkommen und sich kennenlernen.

Geflohen, um nicht für das Assad-Regime kämpfen zu müssen

Noch ist das alles Zukunftsmusik. Jetzt müssen sich die Ankömmlinge erst einmal im Haus einrichten. Rodny Scherzer, der das Haus zusammen mit seinem Bruder André gekauft und umgebaut hat, hilft dem jungen Flüchtlingsehepaar, sein Gepäck hinein zu tragen. Vier Taschen mit Kleidung und ein paar notwendige Habseligkeiten – mehr haben sie nicht.

Er und seine Frau kommen aus dem Großraum Damaskus, sagt Wesam Aldbs. Aus Madaya, einem kleinen Ort etwa 40 Kilometer von der syrischen Hauptstadt entfernt. Der junge Mann spricht nur gebrochen Englisch. Die Lage in seinem Land sei chaotisch, sagt er. Er sollte in die Armee von Syriens Machthaber Baschar al-Assad eingezogen werden, sagt er. Für dieses Regime zu kämpfen sei für ihn nicht in Frage gekommen. Also sei er mit seiner Frau über die Türkei und die sogenannte Balkanroute geflohen.

Helferkreis wünscht sich das Alte Schloss als Begegnungsstätte

Rodny Scherzer zeigt den beiden das Haus. Gemeinschaftsräume, Duschen, Küche, Waschraum. Das Paar bezieht ein kleines Zimmer im zweiten Obergeschoss, in dem ein Doppelstockbett steht. „Man bekommt in ganz Europa derzeit fast keine solchen Betten mehr“, sagt Scherzer. Die Flüchtlingskrise habe den Markt leer gefegt. Doch jetzt ist in der Unterkunft in Weidenberg alles bereitet. Und am frühen Nachmittag kommen die nächsten Syrer an.

Michaela Rhau und ihre Mitstreiter wollen sich ins Zeug legen, damit das Zusammenleben der Flüchtlinge mit den Weidenbergern klappt. „Das Alte Schloss war immer eine Begegnungsstätte, jetzt wird es wieder eine.“ Im Helferkreis gibt es mehrere Gruppen, die die Aufgaben unter sich verteilen; von der Zeitgestaltung – die Flüchtlinge sollen im Vereinsleben Fuß fassen – übers Deutsch lernen bis zur Versorgung mit Kleidung.

Rhau: Eine Chance für das Alte Schloss und für den Obermarkt

Und dann gibt es da noch die Gruppe Regeln. Dort sollen die Flüchtlinge kennenlernen, wie das Zusammenleben in Deutschland funktioniert. „Ich wüsste auch nicht, wie das in Syrien läuft“, sagt Markus Rhau. „Deshalb wäre ich um jeden froh, der mir das erklärt.“ Seine Frau ist überzeugt: „Das hier ist für das Alte Schloss und für den ganzen Obermarkt eine richtige Chance.“

Neue Flüchtlingsunterkünfte wie in Weidenberg werden weiterhin benötigt. Nach aktuellen Zahlen der Regierung von Oberfranken leben derzeit knapp 2100 Flüchtlinge in Bayreuth, dem Landkreis und im Landkreis Kulmbach. Der Zustrom scheint aber weniger zu werden. Von der Übergangsaufnahmeeinrichtung in Bayreuth werden Flüchtlinge nach ganz Deutschland verteilt. Waren es im September und Oktober noch weit über 5000 Menschen, die dort aufgenommen wurden, lag die Zahl im November nur noch bei 3400.

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