Was war das Motiv für die Bluttat?

Von Manfred Scherer
Der Angeklagte (links) mit seinem Verteidiger Wolfgang Schwemmer. Foto: Manfred Scherer Foto: red

Erst trank er mit ihr Kaffee, genoss ihren selbstgebackenen Kuchen - dann tötete er sie mit dem Kuchenmesser. Warum? Während der 65-jährige Ferdinand L., angeklagt des heimtückischen Mordes an der Rentnerin Renate Z., sagt, er könne sich die Tat selbst nicht richtig erklären, vermutet Nebenklageanwalt Gert Lowack ein sexuelles Motiv für die Bluttat vom 16. April.

 
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Nebenkläger vermutet sexuellen Hintergrund - Gericht lässt Blutprobe vom Tattag untersuchen

Ferdinand L. hat am Freitag gestanden, die Frau erstochen zu haben. Er hat auch eingeräumt, dass er Renate Z. zunächst von hinten angegriffen hatte. So wäre das Mordmerkmal der Heimtücke bereits erfüllt. Jedoch: Ein konkretes Motiv für die Tat will oder kann der Angeklagte nicht nennen. "Stimmen" will er gehört haben, nachdem er mehrere "seltsame" Zigaretten geraucht habe. Die will er von einem Bekannten bekommen haben für seine Rückenschmerzen. "Danach gingen die Schmerzen weg, ich fühlte mich wohl." Und an diesem Kaffeenachmittag in der Seniorenresidenz zuhause bei Renate Z. habe er sich plötzlich daneben gefühlt, schwindlig. Irgendwas sei drin gewesen in den Zigaretten des Bekannten.

Das Problem des Angeklagten: Diese Erklärung brachte er sehr spät. In den Wochen nach seiner Festnahme berichtete er nichts davon. Erst beim Psychiater, der ihn auf seine Schuldfähigkeit untersuchen sollte, kam erstmals die Rede auf einen möglichen Rauschmittelkonsum.

Das Schwurgericht hat deshalb während des Prozesses einen Untersuchungsauftrag erteilt: Rechtsmediziner sollen die Blutprobe des Angeklagten, die ihm am 17. April nach seiner Festnahme abgenommen worden war, auf mögliche Drogenrückstände untersuchen. Im Urin von Ferdinand L. war damals nichts derartiges gefunden worden.

Erzählt der Angeklagte also eine erfundene oder eingebildete Geschichte, weil er mit der ganzen Wahrheit nicht herausrücken will?

Aus den Fragen des Gerichts, aber auch aus Vorhalten des Nebenklageanwalts Lowack geht hervor, dass dem Opfer offenbar ihre hautenge Hose heruntergezogen und ihr Büstenhalter vorne aufgeschnitten worden war. Ein sexuelles Motiv bestritt der Angeklagte. Er erklärte: "Ich weiß nicht, warum ich es getan habe. Ich bring doch nicht die Frau um, die soviel für mich getan hat." Renate Z. hatte Ferdinand L. seit längerem gekannt. Sie hatte den wegen versuchten Mordes vorbestraften Mann betreut. Diese Aufgabe hatte sie von ihrem verstorbenen Ehemann übernommen, der ehrenamtlicher Helfer beim Gefangenenhilfeverein "Kontakt" gewesen war.

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