Was an A cappella so begeistert

Von Michael Weiser

Es gibt Konzepte, die sind so bewährt, dass man an ihnen so schnell nichts ändert. Wie das der A-cappella-Nacht zum Beispiel. Am heutigen Samstag geht sie zum 20. Mal in Bayreuth über die Bühne. Wird das nicht langweilig? Nie, sagt eine, die von Anfang dabei war: Claudia Wieser. Wir plauderten über Vielseitigkeit, echte Sopntaneität und Wettkämpfe am Tresen. 

 
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Sie sind Fan der ersten Stunde. Was war der Auslöser?

Claudia Wieser: Bei Sixpack bin ich schon so lange dabei, da habe ich fast noch die Gründung miterlebt. Und was die gemacht haben, das hat mich einfach begeistert.

"Ein orchestraler Klang"

Was genau hat Sie denn vor einem Vierteljahrhundert begeistert?

Wieser: Was man aus Stimmen rausholen kann, dass man fast orchestralen Klang erzeugt, und das ohne Instrumente. Die Arrangements, die Intonation – das gefällt mir sehr gut. Ich bin übrigens auch  jemand, der viel Klassik hört.

Was denn bevorzugt?

Wieser: Wagner selbstredend, ich höre aber auch Beethoven, Verdi, Mozart, oder gerne auch mal ein Violinkonzert von Bruch. Aber die erreichen mich nur mit einer Emotion, mit einer Art von Gefühl. Wenn ich‘s dramatischer will, dann höre ich Beethoven, wenn ich düster draufbin, höre ich das Requiem von Verdi, das kenne ich so gut, da kann ich mitträllern, das hebt meine Stimmung dann gleich. Und  Wagner deckt meine ganzen Emotionen ab – vom leisesten engelsgleichen Klang bis zum lautesten Blech.

Six Pack: Stark auch im Rumblödeln

Und welche Emotionen wecken die A-cappella-Combos?

Wieser: Jede hat ihren eigenen Stil. Rumblödeln tun viele, aber besonders stark ist das bei Six Pack.

Schon wieder Six Pack. Sie sind ein echter Fan.

Wieser: Die haben hervorragende Arrangements, beherrschen Situations- und Spontankomik, die reagieren sofort. Einmal ist einem während der Show ein Fächer gebrochen…

Was für ein Fächer?

Wieser: Also, der Bernd singt da eine Stelle Falsett, da gibt es eine Szene, da reisst er sich aus der Hosentasche einen Fächer  - und in dem Moment bricht der Fächer. Six Pack hat sofort einen Klamauk daraus gemacht. So spontan sind die, so locker. Und dann diese Arrangements. Jede Gruppe drückt der Musik da ihren eigenen Stempel auf, irgendwie hat jede einen Wiedererkennungswert.

"Wir sind die Hauptstadt"

Haben Sie noch weitere Lieblingsgruppen?

Wieser: Zum Beispiel Camarata: Die singen schräg sphärisch – das kann man ganz schlecht ausdrücken, was die machen. Die weben die Töne förmlich ineinander, es gibt keine hörbaren Atempausen. Schräg singen sie auch, wie beim Jazz - die singen Blue Notes. Dann gibt es lustige und bodenständige Combos, Österreicher zum Beispiel, die jodeln und schuhplattln.  Ich bin Peter (Veranstalter Peter Martin Jacob, Anm. der Red.) echt dankbar, dass wir so etwas wie die Hauptstadt von A-cappella sind.

Ist das so etwas wie Familie?

Wieser: Gar nicht weit entfernt davon jedenfalls. Ich gehe nach Auftritten auch öfter mal nach Auftritten mit zum essen, Ja, Familie - das kann man sagen. Im Lokal ist es dann irgendwann immer so, dass die alle miteinander zusamen singen, in Formationen, die sich in diesem Moment erst bilden, egal, in welchen Sprachen, einfach nach dem Motto "Musik verbindet". Und die Sänger kommen ja aus allen möglichen Ländern, bis aus Weißrussland, Taiwan oder Japan. Deswegen ist das so vielfältig, weil jeder auch seinen eigenen Stil mitbringt.

"Unglaublich, was ich da erleben darf"

An welchen Abend in Ihrer Laufbahn als Edelfan erinnern Sie sich besonders gern?

Wieser: Ja, da gibt es einen legendären Abend. Der liegt Jahre zurück. Es war Cantabile da, das heutige London Quartet. Wir gingen mit Sixpack in die Hotelbar, und die anderen waren auch alle dabei. Nach entsprechend viel Whisky und um die entsprechende Uhrzeit war ein Wettstreit am Laufen: Einer warf einen Titel in die Luft, und die anderen mussten das frei Schnauze singen. Um sechs bin ich heim, und dieser Wettkampf war noch immer nicht beendet. Ich saß drin und dachte, ist das unglaublich, was ich erleben darf. Mit Cantabile eh – da hab ich die ganze Entwicklung miterlebt.  Erst als Cantabile, dann als London Quartet, jetzt sogar mit einer Frau in ihren Reihen. Die kenne ich jetzt auch schon seit 20 Jahren.

Fahren Sie dem Sangesbrüdern auch manchmal nach?

Wieser: Ja, ab und zu schon. Nach Blieskastel im Saarland zum Beispiel, auch zur A-cappella-Nacht, auch in Bamberg sind wir ab und zu. Aber das ist schon fast ein Heimkonzert.

INFO: A-cappella-Nacht in Bayreuth am Samstag, 1. Oktober, mit Six Pack, Chilli Da Mur und Maybebop. Evangelisches Gemeindehaus, 20 Uhr, Restkarten an der Abendkasse.