Aufbauhilfe und Partnerschaften: Das ist noch übrig von den Kontakten von einst Was aus Ost-West geworden ist

Von Luisa Degenhardt
Diesen Trabi aus der Partnerstadt Greußen in Thüringen bekam der inzwischen verstorbene Altbürgermeister Klaus Gendrisch aus Creußen zu seinem zum 60. Geburtstag. Foto: Archiv/Irene Lenk Foto: red

25 Jahre Wiedervereinigung: Das heißt auch 25 Jahre offener Austausch zwischen Ost- und Westdeutschland. Nach der Grenzöffnung hatten viele Gemeinden den Kontakt zu den Orten jenseits der Mauer gesucht. Es wurden Freundschaften geschlossen und Städtepartnerschaften besiegelt. Der Kurier hat in Creußen, Pegnitz, Auerbach, Plech, Neuhaus und Betzenstein nachgefragt, welche Kontakte es gab und was aus ihnen geworden ist.

 
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Das Beispiel Pegnitz: Intensiven Austausch gab es nach der Wiedervereinigung zwischen Pegnitz und den ostdeutschen Orten Königsbrück bei Dresden und Hainichen bei Chemnitz. Mitarbeiter der Pegnitzer Verwaltung fuhren dorthin, um den Angestellten Nachhilfe in Sachen „Verwaltungsarbeit“ zu geben. „Die Leute hatten von einer Verwaltung, wie sie im Westen üblich ist, keine Ahnung“, sagt Herbert Lauterbach, geschäftsleitender Beamter bei der Stadt Pegnitz. „Wir mussten je nach Bereich bei Adam und Eva anfangen.“

Abwertend sei das jedoch überhaupt nicht gemeint. Denn die Mitarbeiter in der dortigen Verwaltung kamen in der Regel aus anderen Berufen. In Königsbrück war der Stadtbaumeister eigentlich Elektriker.

Um den Ostdeutschen Nachhilfe in Sachen „Verwaltung“ zu geben, mussten sich die Pegnitzer Angestellten Urlaub nehmen. Lauterbach war zweimal für eine Woche im Osten. ER fühlte sich von den Königsbrückern gut aufgenommen. „Das war wie gesucht und gefunden. Ich hatte nie das Gefühl, bei wildfremden Leuten zu sein.“

Mit ihm fuhren Bau-, Ordnungs- und Personalamtsleiter dorthin. Aber einen Kontakt mit Hainichen hat Lauterbach heute nicht mehr. Dafür aber mit Königsbrück. Immer noch rufen Leute aus der Verwaltung bei ihm an. Zuletzt war er dort vor fünf Jahren, als 20 Jahre Wiedervereinigung gefeiert wurden. Nun hat er wieder eine Einladung – zum 25. Jubiläum. Herbert Lauterbach will hin. „Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich es schaffe. Aber vor habe ich es auf jeden Fall.“

Die Stadt Pegnitz hat keine Partnerschaft mit einem ostdeutschen Ort. Lauterbach weiß aber, dass die Schützenvereine von Hainbronn und Königsbrück sich regelmäßig besuchen.

Das Beispiel Auerbach: Auch Auerbach hat keine Partnerschaft, obwohl es einen Ort namens Auerbach im Vogtland gibt. Die Faschingsgesellschaft hatte früher dorthin Kontakt, Anfang der 90er Jahre trat sie dort auf. Danach herrschte Funkstille. Doch im vergangenen Jahr, dem Jubiläumsjahr von Auerbach, hat der Ortsverband des VdK unter dem damaligen Vorsitzenden Norbert Trenz erneut den Kontakt gesucht. Einige ostdeutsche Auerbacher kamen am Jubiläumswochenende zu Besuch. Doch der Vorsitzende wechselte. „Mir ist nicht bekannt, ob die Vorsitzende das weiterführt“, sagt Bürgermeister Joachim Neuß. Wir fragten sie: Nein, momentan gibt es keinen Kontakt, bestätigt Heidemarie Deinlein.

Das Beispiel Neuhaus/Pegnitz: Kaum Berührungspunkte mit einem ostdeutschen Ort hatte die Gemeinde Neuhaus. „Es gab, was Neuhaus betrifft, niemals eine offizielle Partnerschaft“, sagt Bürgermeister Josef Springer. Einen Austausch mit der Kleinstadt Neuhaus am Rennweg in Thüringen habe es zwar Anfang der 90er Jahre gegeben. Einmal waren auch Besucher im mittelfränkischen Neuhaus. Aber zu mehr kam es nicht. „Wieso, warum und weshalb – da muss ich passen“, so Springer.

Das Beispiel Plech: In Plech wurden nach der Wende Informationsfahrten „nach drüben“ veranstaltet, wie Bürgermeister Karlheinz Escher sagt. Zum Beispiel in den Spreewald oder die Lutherstädte. Sein Vorgänger Alois Kreuzer hatte diese organisiert. Besser als der Stadt gelang es dem Sportverein, Kontakte zu knüpfen. Die Sportler fuhren Anfang der 90er Jahre mehrmals ins ostdeutsche Reichenbach. Vier, fünf Mal schätzt Escher. Zurück gingen die Besuche auf die Herrenmannschaft. Doch auch der Tennisverein war dabei. „Das ist aber eingeschlafen. Die Leute werden älter“, meint Escher. Ob einige Freundschaften bis heute überdauert haben, das weiß er nicht.

Das Beispiel Betzenstein: Laut Claus Meyer, Bürgermeister von Betzenstein, pflegt die Stadt keinen Austausch mit Ostdeutschland. Ob allerdings Anfang der 1990er Jahre Kontakt gesucht wurde, weiß er nicht. Damals war er Anfang 20. Allerdings gab es sportliche Kontakte. Meyer erinnert er sich an Fußballspiele, bei denen Mannschaften aus Betzenstein gegen Teams aus den neuen Bundesländern antraten. „Da war ein Austausch da.“ Meyer erinnert sich an ein Spiel Anfang der 90er Jahre in Betzenstein, bei dem er selbst dabei war. Damals stieß er mit dem gegenerischen Torwart zusammen, der Keeper musste ins Krankenhaus nach Pegnitz. „Abends zu den Feierlichkeiten ist er aber wieder gekommen.“

Das Beispiel Creußen: Aufgefrischt wird zurzeit die Städtepartnerschaft zwischen Creußen und dem thüringischen Greußen. Zehn Jahre lang schlummerte diese Freundschaft vor sich hin, bis sie Bürgermeister Martin Dannhäußer wiederbelebt hat. Das war im Jahr 2013.

Ins Rollen gebracht hat die Partnerschaft der damalige und mittlerweile verstorbene Bürgermeister Klaus Gendrisch. „Er hat schon vor der Wiedervereinigung Kontakte aufgenommen“, sagt Dannhäußer. Das war allerdings nicht sehr erfolgreich. Doch gleich ein Jahr nach dem Mauerfall reiste eine Delegation in den Osten. Kurze Zeit später waren Bürger aus Greußen zu Besuch in Creußen. Besiegelt wurde die Städtepartnerschaft dann 1991 in Oberfranken und im September 1992 in Thüringen.

Bald stehen also zwei weitere 25-jährige Jubiläen an. Eineinhalb Jahre lang sollen die gefeiert werden. Dazu wird es verschiedene Programmpunkte geben, die gerade ausgearbeitet werden, so Dannhäußer.

Auf das Besiegeln der Partnerschaft folgte ein reger Austausch zwischen den Städten, ihren Vereinen und ihrer Wirtschaft. „Es haben Leute bei uns in der Verwaltung ein Praktikum gemacht“, erzählt Dannhäußer. Auch der damalige Bürgermeister von Greußen hatte sich angesehen, wie eine westdeutsche Verwaltung funktioniert. „Er hat das ein oder andere mitgenommen.“

Den intensivsten Kontakt hatten die Fischereivereine. Der rege Austausch besteht bis heute. Zu den Abfischterminen stattet man sich gegenseitig Besuche ab. „Das war ein- bis zweimal im Jahr, einmal hier, einmal dort. Das ist auch immer noch so intensiv“, so Dannhäußer. Die beiden Vereine hatten in diesem Jahr ihr 25-Jähriges, passend zum 40-jährigen Bestehen des Creußener Fischereivereins. Im Juli waren deshalb einige Greußener Fischereifans zu Gast.

Zuletzt war Dannhäußer im Juni mit einigen Stadträten in Thüringen zu einem Benefizkonzert für eine Kirche vor Ort. René Hartnauer, Bürgermeister von Greußen, hat dabei eine Stadtführung geboten. Die Stadt hat ähnliche Probleme wie Creußen auch: „Leerstände und städtebauliche Entwicklungen“, sagt Martin Dannhäußer.