Ihr Mann nennt sie "Boss"
Die Frau, die von Wegbegleitern „Baracks Felsen“ genannt wird und von ihm selbst „Der Boss“, sorgte anfangs für hochgezogene Augenbrauen, als sie über Schnarch- und Mundgeruchsprobleme ihres Gatten plauderte. Aus der tastenden Michelle der Anfangsjahre ist Baracks stärkste Waffe geworden – und nicht nur seine: Im Wahlkampf wurde sie zu einer der wichtigsten Unterstützerinnen für Hillary Clinton. Beim Parteitag der Demokraten im Juli hielt sie eine herausragende Rede, es war ihre beste. Sie verurteilte, dass Trump mit sexuellen Übergriffen auf Frauen prahlte und kanzelte ihn für seine Schmutzkampagne ab – ohne seinen Namen auch nur in den Mund zu nehmen. Sie prägte einen Schlachtruf der Clinton-Kampagne „When they go low, we go high“, „Wenn die anderen ihre schlechteste Seite zeigen, zeigen wir unsere beste“. Geholfen hat es letztlich wenig. Als Trump seinen Wahlsieg feierte, lag Michelle Obama schon im Bett, erzählte sie dem „People“-Magazin. „Wenn du getan hast, was du tun konntest, ist der Rest einfach. Es lag in den Händen des amerikanischen Volkes.“
Elite-Juristin muss sich zurückhalten
Michelle Obama hat im Laufe der Jahre gelernt, sich zurückzunehmen: Nach dem Einzug ins Weiße Haus kümmerte sich die hoch qualifizierte Juristin in erster Linie um Kindergymnastik und ihren Gemüsegarten am Weißen Haus. Sie wollte nicht mit politischen Statements das Klischee der allzu aggressiven Kämpferin für die Rechte von Schwarzen bedienen. Sie wusste, dass jede ihrer Bewegungen symbolisch gewertet wurde. Selbst das Kräuterbeet bereitete ihr schlaflose Nächte, wie sie später gestand: „Was, wenn wir diesen Garten anlegen und es wächst nichts?“
Barack war ihr Praktikant
Das junge Mädchen, das aus einfachen Verhältnissen stammt, hat es weit gebracht. Sie hat an den Elite-Hochschulen Princeton und Harvard studiert, dann als Anwältin Karriere gemacht. Barack Obama lernte sie in der angesehenen Kanzlei Sidley & Austin in Chicago kennen, er war ihr Praktikant. Ein Stoff, der auch Hollywood inspirierte. 1992 heirateten die beiden. Als Barack Obama für Illinois in den Senat gewählt wurde, musste er zunächst nach Washington pendeln: Michelle blieb mit den Töchtern Malia und Sasha in Chicago.
Sie wird ihr eigenes Erbe haben
Für ihren Mann hat sie ihre Karriere auf Eis gelegt – und doch die Themen gesetzt, die ihr wichtig waren. Sie hat Ernährungs- und Bildungsinitiativen gestartet und dabei der Lebensmittelindustrie entscheidende Veränderungen abgerungen. Sie hat eine weltweite Ausbildungsoffensive für Mädchen ins Leben gerufen, mit dem Ziel, dass Mädchen eine ebenso gute Ausbildung bekommen wie Jungen. „Michelle Obama wird ihr eigenes Erbe haben“, schrieb die Schauspielerin Rashida Jones in der „New York Times“. „Sie war die erste First Lady, die Frauen gezeigt hat, dass sie nicht wählen müssen. Es ist in Ordnung, alles zu sein.“ Wohl deshalb können sich berufstätige Frauen genauso mit ihr identifizieren wie Vollzeitmütter.
„Ich wache jeden Morgen in einem Haus auf, das von Sklaven gebaut wurde."
Aus ihrer Abneigung gegen das Weiße Haus, das sie einmal als sehr angenehmes Gefängnis bezeichnete, machte sie nie einen Hehl. Mit ihren Äußerungen zur Waffengewalt oder ihrem Frust über die andauernden Rassenprobleme dagegen musste sie warten, bis die Wiederwahl ihres Mannes gesichert war. Und sie setzte ihre eigene Biografie in Bezug zur amerikanischen Geschichte. Ihre Vorfahren seien Sklaven gewesen, sagte sie beim Parteitag der Demokraten. „Ich wache jeden Morgen in einem Haus auf, das von Sklaven gebaut wurde. Und ich sehe meine Töchter, zwei schöne, intelligente, schwarze junge Frauen, die mit ihren Hunden auf dem Rasen des Weißen Hauses spielen.“
Am vergangenen Freitag verabschiedete sie sich mit einer Rede aus dem Weißen Haus. „Eure First Lady zu sein, war die größte Ehre meines Lebens“, sagte sie mit tränenerstickter Stimme. „Ich hoffe, ich habe Euch stolz gemacht.“ Und sie erneuerte ihren Appell an die Jugend des Landes. „Nutzt die Bildungschancen, konzentriert euch, seid entschlossen“, rief sie den jungen Amerikanern zu.
Sie ist noch zu jung für den Ruhestand
Was Michelle Obama ab dem 20. Januar 2017 machen wird, wenn Trump als neuer US-Präsident vereidigt ist und ihren Mann im Weißen Haus ablöst? 53 Jahre alt ist sie dann – noch viel zu jung, um einen Ruhestand anzustreben. Sie wird ihre Memoiren schreiben, so viel scheint sicher. Es gibt eine Obama-Stiftung, die sich zunächst um die Bibliothek des baldigen Ex-Präsidenten kümmern soll, dann aber zu einer Wohltätigkeitsorganisation ähnlich denjenigen von Jimmy Carter oder Bill Clinton wachsen könnte. Einige ihrer Initiativen als First Lady wird sie weiterführen, zum Beispiel ein Programm, das Kinder aus bildungsfernen Schichten an Kunst heranführt. Und klar scheint auch: Die Familie wird in Washington bleiben, bis Sasha die High School beendet hat.
Ob die einstige First Lady später einmal für das Amt des US-Präsidenten kandidieren könnte? So wie Hillary Clinton es versucht hat? Es ist eine Frage, die Michelle Obama schon vor Monaten zu hören bekommen hat. Und eine Frage, auf die sie eine ganze klare Antwort hat. „Nein.“