Bundestag: Sterbehilfe-Vereine verboten

Von Martin Ferber
 Foto: red

Der Bundestag hat sich am Freitag mehrheitlich für ein Verbot von Sterbehilfe-Organisationen ausgesprochen. Bereits im ersten Durchgang stimmten mehr Abgeordnete für einen entsprechenden Antrag als für alle anderen Anträge zusammen. Der Entwurf von Kerstin  Griese (SPD) und Michael Brand (CDU) stellt die auf Wiederholung  angelegte Hilfe bei der Selbsttötung unter Strafe. Der Kurier widmet sich dem Thema Sterbehilfe den ganzen Tag über.

 
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Zweimal debattierte der Bundestag bereits über dieses Thema, offen, ernsthaft und leidenschaftlich, ohne dass die üblichen Fraktionsgrenzen galten. Das erste Mal im November vergangenen Jahres, das zweite Mal Anfang Juli, im Herbst fand eine große Anhörung statt. Und selbst Bundespräsident Joachim Gauck würdigte vor wenigen Tagen, dass die Diskussionen über Palliativmedizin und Suizidbeihilfe „mit so großer Nachdenklichkeit und so viel Verantwortungsbewusstsein geführt werden“.

Im Laufe des zweijährigen Diskussionsprozesses sind vier Gesetzentwürfe entstanden, über die der Bundestag am Freitag entschied. Auch wenn sich die vier Anträge deutlich unterschieden haben, so waren sich im Vofeld alle Fraktionen einig, in Deutschland weder die aktive Sterbehilfe zulassen zu wollen, wie es beispielsweise Belgien oder Holland bereits getan haben, oder die Tötung auf Verlangen straffrei zu stellen. Im Mittelpunkt stand und steht vielmehr das Bestreben, den geschäftsmäßig ausgerichteten Sterbehilfevereinen das Handwerk zu legen.

Die Positionen im Überblick:

1. Verbot der Beihilfe zum Suizid: Am weitesten gehen die Abgeordneten Patrick Sensburg, Thomas Dörflinger, Peter Beyer und Hubert Hüppe (alle CDU/CSU). Sie fordern ein Verbot der Hilfe bei der Selbsttötung, die bislang straffrei ist. Wer zu einem Suizid anstiftet oder bei einem Selbstmord mithilft, soll mit einer Strafe von bis zu fünf Jahren Haft belegt werden.

2. Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe zum Suizid: Dieser Entwurf wurde es nun bei der Abstimmung am Freitag im Bundestag. Er hatte im Vorfeld die meisten Unterstützer (mehr als 250), darunter Prominenz (Angela Merkel, Sigmar Gabriel, Volker Kauder, Thomas Oppermann, Katrin Göring-Eckardt). Der Antrag stammt von einer interfraktionellen Gruppe um Michael Brand (CDU), Kerstin Griese (SPD), Harald Terpe (Bündnis 90/Die Grünen) und Kathrin Vogler (Linke). An diesem Entwurf hatte auch die Rehauer Grünen-Abgeordnete Elisabeth Scharfenberg mitgearbeitet. Nach den Vorstellungen der Gruppe soll die Tätigkeit von kommerziellen Sterbehilfevereinen und -organisationen verboten werden, bei Zuwiderhandlung drohen bis zu drei Jahre Haft. Angehörige und nahe Verwandte sind davon ausgenommen, ebenso Ärzte, wenn deren Tun nicht auf Gewinn orientiert ist.

3. Regelung zum ärztlich assistierten Suizid: Ohne eine Verschärfung des Strafgesetzbuches wollen Peter Hintze (CDU), Dagmar Wöhrl (CSU), Karl Lauterbach und Carola Reimann (beide SPD) auskommen. Nach ihrem Gesetzentwurf sollen Ärzte Beihilfe zum Suizid leisten dürfen, wenn der Patient eine organische Krankheit hat, die unumkehrbar zum Tode führt, objektiv schwer leidet, die Diagnose von einem weiteren Arzt bestätigt wurde und eine umfassende Beratung über andere Behandlungsmöglichkeiten stattgefunden hat. Zudem muss der Patient volljährig und einwilligungsfähig sein. Mit einer Änderung des Zivilrechts sollen Ärzte vor Sanktionen nach dem Standesrecht, das mit dem Entzug der Zulassung droht, geschützt werden.

4. Erlaubnis von Sterbehilfevereinen: Noch weiter gehen Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) und Petra Sitte (Linke). Um den gewerbsmäßigen und kommerziell ausgerichteten Sterbehilfegruppen das Wasser abzugraben, wollen sie organisierte Suizidhilfe ohne Gewinnabsicht unter Beachtung strenger Regeln zulassen. So müssen Ärzte oder Organisationen, die Beihilfe zum Selbstmord leisten, Beratungsgespräche durchführen und alle Fälle genau dokumentieren. Auch diese Gruppe strebt an, das standesrechtliche Verbot für Ärzte abzuschaffen.

 

Sterbehilfe wird heute unser Tagesthema sein. Wir werden verschiedene Artikel und Interviews über den Tag verteilt zum Thema veröffentlichen.