Auf dem Rollfeld hat es mindestens 40 Grad. Bernd Heidenreich ist deshalb gleich in Sportkleidung gekommen. Zum 14. Mal ist der 48-Jährige, der eigentlich im Landratsamt arbeitet, im Einsatz, um aus der Luft mögliche Brände zu entdecken. Die Regierung von Oberfranken hat Waldbrandgefahr Stufe 5 ausgerufen, die höchste mögliche Stufe.

Pilot Roland Rausch drückt seine Zigarette aus. Er will los: Im Nordosten türmen sich Wolken, „vielleicht gibt‘s da einen trockenen Blitzeinschlag“. Einen Blitz ohne Regen also – ideale Bedingung für einen verheerenden Waldbrand. Also rein in die viersitzige Propellermaschine, Kopfhörer auf, Starterlaubnis abwarten und rauf in die Luft.

Vom Flugplatz Bindlach aus geht es über Wunsiedel nach Hof, dann über Teuschnitz nach Hollfeld, zurück nach Bayreuth, runter nach Pegnitz und wieder zurück. 330 Kilometer insgesamt. Die Strecke hat die Regierung von Oberfranken vorgegeben.

Die Sonne brennt den Männern auf den Oberkörper. Doch die ignorieren die Hitze im Cockpit. Sofort streift Heidenreichs Blick über die Landschaft. Wenn es mitten im Wald anfängt zu brennen, sieht vielleicht keiner die Rauchsäule, die in den Himmel steigt. Rausch und Heidenreich sind die einzigen, die einen Flächenbrand dann noch verhindern können. Aber die beiden sehen noch mehr: „Wenn es auf dem Waldboden funkelt, wissen wir, dass da eine Glasscherbe liegt“, sagt Rausch. Auch in diesen Fällen fliegen sie näher ran und alarmieren gegebenenfalls die Feuerwehr. Denn Glas bündelt das Sonnenlicht, wirkt wie ein Brennglas.

Die riesigen Wälder des Fichtelgebirges tauchen unter der Maschine auf. Und es wird ungemütlich. Die Hitze aus den Tälern steigt auf, über den Wäldern ist es kühler. Die Maschine hüpft wie verrückt. „Die Hitze“, sagt Rausch. „Das ist noch gar nichts“, sagt Heidenreich.

Wenn etwas passiert, müssen die Flieger die Feuerwehr nämlich lotsen. Das geht oft über Koordinaten. Aber wenn der Weg schwierig ist, ist es einfacher, vorauszufliegen. „Und das ist dann schon hart“, sagt Heidenreich: „Demnächst abbiegen“ etwa wird mit einer scharfen Kurve im Tiefflug angekündigt. „Bitte folgen“ zeigt man an, indem man mit den Flugzeugflügeln wackelt.

Erst mal passiert aber: Nichts. Weil es bei Hof bereits regnet. Rausch dreht ab, „da brauchen wir gar nicht mehr hin“. Auch das Hüpfen lässt etwas nach, als die Berge in sanfte Hügel übergehen. In 1,3 Kilometer Höhe fliegt die Maschine. „Auf dieser Höhe haben wir einen guten Überblick, erschrecken aber die Menschen nicht“, sagt Rausch. Die bekämen nämlich manchmal Angst, wenn direkt über ihnen ein Flugzeug auftauche.

Seit zehn Jahren fliegt der 56-Jährige in der Luftrettungsstaffel, mit der die Luftbeobachter zusammenarbeiten. Im Unterschied zu Heidenreich, der seine Stunden zumindest aufschreiben und abfeiern kann, fliegt er ehrenamtlich. „Seitdem versuche ich immer, die Leute zu sensibilisieren. Die Zigarette einfach aus dem Auto werfen oder die Flasche in den Wald, das ist gefährlich.“

Die Maschine gleitet mittlerweile über den westlichen Landkreis hinweg. Der Blick schweift über bunte Felder, glitzernde Seen, dunkelgrüne Wälder. Durch die Übelkeit dringt die Erkenntnis: Die Region ist wunderschön. Doch die beiden Männer haben für die Schönheit der Natur keinen Blick. Sie konzentrieren sich allein auf den Waldboden. „Ich muss das machen, dazu bin ich da“, sagt Heidenreich.

Luftbeobachter wie Heidenreich werden nicht nur bei Brandgefahr angefordert. Sie schauen sich für den Forst auch die kahlen Waldflächen an, auf denen der Borkenkäfer gewütet hat. Helfen der Polizei bei der Suche nach Vermissten. Oder überblicken schwere Unfälle auf der Autobahn. Eine Woche dauert die Ausbildung, danach stehen sie auf Abruf bereit. „Es gibt Jahre, da fliegst du gar nicht und manchmal dann zweimal pro Woche“, sagt Heidenreich. 2014 gab es in Ost-Oberfranken an vier Tagen Luftbeobachtungen, im Jahr davor an sieben. Heuer waren es bisher zwei. Für die kommenden Tage wird wieder mit hoher Waldbrandgefahr gerechnet.

Im Lauf der nächsten halben Stunde zeigt sich, dass auch der Wald rund um Pegnitz noch intakt ist. „Alles in Ordnung“, sagt Rausch, dreht und landet gekonnt wieder in Bindlach. Nach einer kurzen Pause fliegen die beiden die Strecke, ausgenommen das regennasse Hof, noch einmal in Gegenrichtung ab.

Ein Brand im Bayreuther Stadtteil St. Johannis wird das einzige Feuer sein, das sie an diesem Tag zu Gesicht bekommen. „Da sind wir kurz hingeflogen, um zu schauen, ob wir helfen können“, sagt Heidenreich. „Aber die Feuerwehr hatte das Feuer schon im Griff.“