Herr Hörl, Hunderte Wagnerfiguren in der Innenstadt – muss denn das sein?
Ottmar Hörl: Nicht nur in der Innenstadt, auch in den Parks und auf dem Festspielhügel. Unser Wagner wuselt durch die ganze Stadt – und er macht das, was er am besten kann: Er dirigiert Bayreuth. Er macht ja, seitdem es das Festspielhaus gibt, eigentlich nichts anderes. Bayreuth wäre ja ohne Wagner – ja, was wäre das? Ein kleines, verträumtes Städtchen in Bayern. Wagner hat dieses Städtchen in die Weltgeschichte katapultiert. Ich habe ja 2004 schon einmal eine umfassende Arbeit zu Wagner in Bayreuth gemacht...
...mit 600 Neufundländern aus schwarzem Plastik, die neben allen Parkbänken der Stadt saßen.
Hörl: Ja, die Wagner-Hunde waren ein Teil davon. Diesmal nehme ich Wagner selbst. Wenn man schon einmal in Bayreuth gearbeitet hat, wie ich, dann bekommt man ja auch mit, wie die Stadt tickt. Ich habe damals relativ schnell verstanden, wie der Hase läuft.
Wie meinen Sie das?
Hörl: Ich habe das Projekt damals ja nur machen können, weil der Kulturausschuss gesagt hat: Wenn er das Geld mitbringt, dann kann er schon was machen. Im Rathaus war man gegen mich.
Damals war Wolfgang Wagner noch Festspielleiter, und die Stadt hatte eine solche Angst vor ihm, dass man in vorauseilendem Gehorsam alles beseitigt hat, was das Opernspektakel auch nur berühren könnte. Der Kulturreferent hat zum Beispiel meine Hunde im Festspielpark abräumen lassen. Insofern ist die kommende Arbeit die Konsequenz aus der Arbeit damals: Außer Wagner kann man in dieser Stadt nichts machen. Wenn Sie mich also fragen, warum ich das mache...
...ja, bitte: Warum machen Sie das?
Hörl: Es geht mir um die Dominanz einer Figur in einer Stadt. Wagner selbst kann dafür nichts, man kann ihn für vieles verurteilen, aber nicht dafür, dass ihm Bayreuth heute in vorauseilendem Gehorsam alles unterordnet. Alles, auch die Kultur. Und ich rede nicht von diesem Jahr – das ist seit Jahrzehnten so. Und das will ich zeigen. Ich meine: Dass eine Stadt durch einen Künstler zu einer solchen Bedeutung kommt, ist ja nicht nur negativ. Suchen Sie mal eine Figur, durch die eine Stadt überhaupt zu Bedeutung kommt. Da gibt es nicht so viele.
Die Herangehensweise ist dann aber wieder typisch Hörl: Sie vervielfältigen eine Figur und platzieren sie in der Stadt.
Hörl: Na klar. Wagners Musik funktioniert ja auch nur über die Duplizität. Wenn Wagner nur einmal gespielt worden wäre, wenn es Wagner nur ein einziges Mal geben würde, dann hätte das alles nicht so funktioniert. Es geht mir um serielle Reihungssysteme. Außerdem will ich, dass Menschen an der Kultur teilnehmen. Deshalb gehe ich ja auf die Straße – da nehmen alle teil, und nicht nur die drei Prozent der Bevölkerung, die in Galerien gehen.