Der Pegnitzer Kai Kellermann ist jedes Jahr dabei Wacken im Schlamm erleben

Von Louisa Bohn
Kai Kellermann ist jedes Jahr bei "Wacken" zu finden. Foto: red Foto: red

Das hat einen Hauch von Waldstock. Oder besser: einen Sturm. Es gibt Gemeinsamkeiten. In beiden Fällen geht es um Musik. In beiden Fällen handelt es sich um Festivals unter freiem Himmel. Und, das ist die größte Gemeinsamkeit: Beide Veranstaltungen genießen Kultstatus. Echten Kultstatus, keinen herbeigeredeten. Und dann ist das der große Unterschied. Und der ist richtig groß – die Größenordnung eben. Während bei Waldstock in Pegnitz 6000 Leute schon Rekord bedeuten, sind beim legendären Wacken-Festival schon so an die 80.000 Menschen dabei. Darunter seit 17 Jahren ein Pegnitzer. Kai Kellermann (37). Er kann da einfach nicht loslassen, auch wenn er schon mal mit einem Hörsturz nach Hause kam. Wacken hat Suchtpotenzial.

 
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Seit 1999 ist er jedes Jahr bei Wacken dabei. Auch vergangene Woche genoss er Heavy Metal vom Feinsten trotz heftiger Regengüsse. „So extrem wie dieses Jahr war es noch nie“, sagt Kellermann. Der 37-Jährige hat während der vielen Jahre, in denen er das Wacken-Festival besucht hat, in puncto Wetter schon einiges miterlebt. Dieses Jahr sorgte der Dauerregen im Vorfeld und an den ersten Festivaltagen für viel Matsch und überschwemmte die meisten Zeltplätze. Auch die Wege, in denen man rund 30 Zentimeter tief versank, machten, so Kellermann, „jeden Schritt zum Kraftakt“. Und so war keiner überrascht, immer wieder Schuhe im Morast stecken zu sehen.

Doch die Festivalveranstalter reagierten schnell und versuchten, die Schlammmassen wegzuschaffen. Abgesehen von solchen Schwierigkeiten, findet Kellermann, dass die „Organisation jedes Jahr perfekter“ geworden ist. Wurden vor einigen Jahren noch nicht mal die Dixi-Toiletten geleert, sind heute die hygienische Versorgung und eine ausgeklügelte Infrastruktur fester Teil des riesigen Festivals. „Das muss auch so sein, bei einer Veranstaltung mit 75 000 Besuchern“, meint Kellermann und verweist auch auf den Status, den sich dieses Megaevent geschaffen hat: Die Veranstalter präsentieren das Festival als eigenständige Marke. Dabei prägen nicht nur das Festivalgelände mit wiederkehrenden Motiven, sondern auch viele Werbeartikel die Wacken-Identität.

Touristenführungen für Rentner

Kellermann stört sich nicht an der kommerziellen Entwicklung des Festivals, findet aber Touristenführungen für Rentner durch das Festivalgelände doch etwas befremdlich. Jedoch habe das öffentliche Interesse und die Medienpräsenz des Wacken-Festivals maßgeblich zur Akzeptanz von Heavy Metal beigetragen.

Auch der kleine Ort Wacken in Schleswig-Holstein hat seit den Anfängen des Festivals 1990 die meisten Vorbehalte gegenüber den Festivalbesuchern verworfen. Mittlerweile heißen sie die „Metalheads“ willkommen. Auch dieses Jahr, bei den verheerenden Wetterverhältnissen, zeigten sich die Wackener wieder hilfsbereit und boten Waschmöglichkeiten und Schlafplätze an.

Die Jugend soll feiern

Obwohl das Festival für Kellermann dieses Jahr von Regen, Kälte und Schlamm geprägt war, wird er mit großer Wahrscheinlichkeit im nächsten Jahr wieder dabei sein. Trotz Mittelalterdorf, Wrestling, Highland Spielen ist für ihn das vielfältige Musikangebot der größte Reiz. Für das Onlinemagazin „heavyhardes.de“ versucht er, so viele Bands wie möglich anzuhören und schreibt anschließend Festivalberichte. Er hat somit bei Wacken immer ein recht straffes Programm und überlässt mittlerweile das nächtelange Feiern der Jugend. Kellermann freut sich über den Heavy Metal Nachwuchs und findet es gut, dass Wacken seinem gewaltfreien und friedvollen Image schon über Jahre treu bleibt. Nach 17 Jahren reißt ihn zwar nichts mehr vom Hocker, erzählt Kellermann, aber die gewaltige Atmosphäre und das Gefühl, für ein paar Tage in ein Paralleluniversum einzutauchen, begeistern den Pegnitzer Jahr für Jahr aufs Neue.