Landratsamt würdigt Engagement der Bürger So integriert Obertrubach Flüchtlinge

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In Obertrubach werden, wie vielerorts, Flüchtlinge in Deutsch unterrichtet und arbeiten hier auch. Die Flüchtlingsarbeit hier läuft vorbildich, da die Stadt (Bürgermeister Markus Grüner, mit dem Helferkreis (Thomas Laitsch) und der Pfarrei (Pfarrer Werner Wolf) eng zusammenarbeitet. Foto: Ralf Münch Foto: red

„Es fehlt von behördlicher Seite an der Koordination in der Flüchtlingsarbeit bei uns“, sagt Friedjof Dier vom Landratsamt Forchheim. Mehr Hilfe für Ehrenamtlichen wäre oft notwendig, denn sie machen viel, und es gibt immer wieder Fragen zu klären. Außergewöhnlich gut ist die Flüchtlingshilfe in Obertrubach. „Tadellos, das wünscht man sich öfter“, so Dier.

 
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In Obertrubach in der Fränkischen Schweiz sei die Zahl der Helfer im Vergleich zur Größe der Gemeinde relativ hoch. „Das ist schon überproportional“, sagt Dier. Seine eigentliche Aufgabe ist es, für passende Unterkünftige für die Flüchtlinge zu suchen und diese dort unterzubringen. Hier arbeite man auch mit den Wohlfahrtsverbänden zusammen. Und die Behörde ist für die Auszahlung der Leistungen an die Asylbewerber zuständig. Doch das hat ihr die Gemeinde abgenommen. Das heißt, das Landratsamt Forchheim lässt Obertrubach die Gelder zukommen, die Gemeinde gibt sie dann an die Flüchtlinge weiter. Dier ist Ansprechpartner, wenn es beispielsweise darum geht, wie die Asylbewerber an Tickets rankommen. „In kleinen Gemeinden läuft das alles oft besser, als in der Stadt“, so Dier. Die Dorfgemeinschaft ist besser.

45 Personen im Ex-Hotel

Die ist in Obertrubach groß, sagt Bürgermeister Markus Grüner. 45 Personen leben seit Juni im Ex-Hotel Grüner. Hauptsächlich sind es Familien aus Syrien, aber auch aus der Ukraine, Afghanistan und Nigeria. In den nächsten Tagen werden noch einige erwartet, Platz wäre für 60 Personen. Und als einige von ihnen den Wunsch nach Arbeit äußerten, brachte die Gemeinde sie im Bauhof unter. „Dort waren sie bei Pflegearbeiten auf gemeindlichen Flächen beteiligt“, sagt Grüner. 1,05 Euro gab es pro Stunde dafür. Ein paar waren in der ortsansässigen Arbeitnehmerbildungsstätte in der Küche und bei der Reinigung tätig. 1,05 Euro bekamen sie in der Stunde dafür. Das habe viel zur Integration beigetragen, der Kontakt zu den Obertrubachern war intensiv dadurch. „Wir versuchen, die Flüchtlinge ins gesamte Gemeindeleben zu integrieren“, so der Bürgermeister. Und so waren die neuen Bewohner ganz selbstverständlich bei der Kirchweih dabei, saßen mit beim Frühschoppen und standen ganz selbstverständlich am Altar beim Gottesdienst. „Als Moslems in einer christlichen Kirche kein Problem für beide Seiten“, hat Grüner festgestellt. Und auch bei allen anderen Feiern und Anlässen sind sie dabei. Einige Kinder besuchen den Kindergarten, die Grundschule, die regulären Klassen oder die Übergangsklassen in Gößweinstein.

Fahrten zu den Behörden

Es gibt einen sehr rührigen Helferkreis, den Thomas Laitsch organisiert. 20 Leute gehören zum festen Stamm, weitere 20 stehen auf Abruf bereit. „Es ist immer jemand da, wenn Hilfe benötigt wird“, sagt er. Regelmäßig besuchen die Helfer die Flüchtlinge, kennen alle beim Namen. „So erfahren wir sofort, wenn etwas ist.“ Und es ist immer jemand da, der die Asylbewerber fahren und begleiten kann, zum Beispiel zum Arzt oder zu Behörden. „Mit dem ÖPNV schaut es halt schlecht bei uns aus“, sagt Laitsch lachend.

Laitsch hat auch für Deutschunterricht vor Ort gesorgt. Er findet von Montag bis Freitag im Bildungshaus statt. Hier nehmen 20 Personen teil. Im Bildungshaus hat der Helferkreis zwei Räume zur Verfügung gestellt bekommen. In einem wurde eine Kleiderkammer eingerichtet, im anderen wird unterrichtet. Auch beim Adventsmarkt der Kirchengemeinde waren die Flüchtlinge mit einem eigenen Stand vertreten. „Die arabischen Gruppen haben Süßes angeboten, die Ukrainer Herzhaftes“, erzählt Laitsch. Mit dem Glauben gibt es da keine Probleme, hat er erfahren.

Keine Berührungsängste

Die Kinder nehmen auch ganz selbstverständlich am Religionsunterricht teil. „Sie wissen, dass sie keiner bekehren will.“ Es gebe keinerlei Berührungsängste und so waren die Flüchtlinge auch bei der Prozession zu Ewigen Anbetung dabei.

Sicher gebe es auch mal kritische Stimmen, so Laitsch, aber das seien nur Einzelne. Aber das könne schnell aufgefangen werden, wenn man über die Gesamtsituation aufklärt. Daran hat auch Pfarrer Werner Wolf einen maßgeblichen Anteil, der immer wieder von der Kanzel predigt den Menschen wohlwollend zu begegnen. „Auch Gott wurde durch Jesus in der Fremde geboren“, bringt es Wolf auf den Punkt und erzählt von Flüchtlingskindern, die ihm gerade auf der Straße begegnet und freudig auf ihn zugelaufen sind. „Es muss ein guter Geist bei uns herrschen“, appelliert der Pfarrer.

Persönliche Erinnerungen

Die Obertrubacher sollten sich immer wieder bewusst machen, wie gut es ihnen geht, dass sie ja eine Heimat haben. Wolf, der schon seit 32 Jahren in der Gemeinde ist, hat eine persönliche Verbindung zur Flüchtlingssituation. Mit seiner Mutter war er als Kind aus Schlesien gekommen und kann so die Lage der Neubürger gut nachvollziehen. „Wir sollten offen und unbefangen auf die Leute zugehen und keine Angst haben“, sagt Wolf.

Das sieht auch der Bürgermeister so. Er hat die Bevölkerung rechtzeitig über die Ankunft der Flüchtlinge informiert, steht immer als Ansprechpartner zur Verfügung. „So können keine Gerüchte entstehen“, sagt Grüner, „nur wer sich bei uns wohlfühlt, ist auch wirklich integriert.“

Info: Für die Unterstützung der Flüchtlinge wird immer Geld zum Beispiel für Deutschbücher und Schulmaterial für die Unterrichte der ehrenamtlichen Lehrerinnen, Schulausflüge und Arztfahrten benötigt. Kontoverbindung: Gemeinde Obertrubach; Stichwort: Flüchtlingshilfe Obertrubach, IBAN DE35 7639 1000 0046 1268 12.

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