Der Kapellmeister der Trachtenkapelle Hohenmirsberg vergreift sich im Ton Volksfest: Eklat im Festzelt

Von Thorsten Gütling
Feuer, Rauch und wilde Fahrten: Eines der spektakulärsten Fahrgeschäfte auf dem diesjährigen Bayreuther Volksfest ist der Voodoo-Jumper. Aufsehenerregendes hatte gleich zu Beginn aber auch ein Ort zu bieten, in dem es sonst eher beschaulich zugeht: das Festzelt. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Freitagnachmittag, Sonnenschein. Familien und Vereinsnachwuchs tummeln sich im Bierzelt. Es ist Volksfesteröffnung, in wenigen Minuten wird Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe das Bierfass anstechen. Die Trachtenkapelle Hohenmirsberg hat bereits das ein oder andere Lied gespielt, da setzt Michael Lodes, der Kapellmeister, zu einem Trinkspruch an. Es kommt zum Eklat.

 
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Michael Lodes spricht von weiblichen Geschlechtsteilen in vulgärster Form und diese müssten stinken, da helfe kein Waschen und kein Schminken. Kopfschütteln im Festzelt. Selbst Mitglieder der Trachtenkapelle wissen in diesem Moment: „Der hätte jetzt nicht sein müssen.“ Das sagt Melanie Jenner, die Vorsitzende der Kapelle, einige Tage später im Gespräch mit dem Kurier. Obwohl die Musiker anschließend noch bis in die Abendstunden im Bierzelt gesessen hätten, habe sich aber niemand beschwert, sagt Jenner.

Bruder Heiner bringt den Stein ins Rollen

Zwei Tage später bringt Reinhold Hartmann den Stein ins Rollen. Auf Facebook schreibt er: „Lieber Kapellmeister aus Hohenmirsberg, machen Sie weiterhin Musik, aber unterlassen Sie bitte Ihre ’humorvollen’ Ansagen. Das können Sie nämlich nicht.“ Demnach passten die Witze der Kapelle nach St. Pauli, aber nicht in ein Festzelt, in dem sich nach dem Festumzug noch zahlreiche Kinder befunden hätten.

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Ordinär, nicht frivol, nennt Hartmann den Auftritt der Kapelle, der weiß, wovon er spricht. Als Bruder Heiner hat er schon zahlreiche Büttenreden gehalten. Und Witze unter der Gürtellinie, das gehe in keinem Festzelt, sagt Hartmann. Da sei das Bayreuther keine Ausnahme.

Ein "ungeschickter Witz"

Von einem Eklat will der Geschäftsführer der Bayreuther Marketing- und Tourismusgesellschaft, Manuel Becher, deshalb aber nicht sprechen. Eher von einem „ungeschickten Witz“. Vier Stunden später hätte der Trinkspruch vielleicht gar keinen Aufschrei mehr verursacht, sagt Becher. Was vorgefallen ist, sei dennoch grundsätzlich indiskutabel. „So einen Witz wollen wir nicht,“ sagt Becher. Vulgärsprache sei tabu. Wenn bei der Wahl zur Miss-Volksfest am Donnerstag derlei Sprüche aus dem Publikum kämen, dann könnte man das erstens nicht verhindern und zweitens vielleicht noch mit hohem Bierkonsum erklären. Von Menschen, die auf der Bühne ihrer Arbeit nachgingen, dürften solche Sprüche aber auf keinen Fall ausgehen.

BMTG bittet um Stellungnahme

Becher hat Kapellmeister Michael Lodes daher um eine Stellungnahme gebeten. Will ein künftiges Engagement auch davon abhängig machen, wie er sich erklärt. Immerhin: Die Hohenmirsberger seien spontan zu dem Auftritt gekommen, seien eingesprungen, weil eine andere Kapelle abgesagt habe und hätten ihre Sache ansonsten gut gemacht.

"Hätte klar sein müssen"

Damit, dass die Kapelle erst etwa eine Woche zuvor von dem Auftritt erfahren habe, sei der Fehltritt aber nicht zu erklären, sagt die Vorsitzende der Truppe, Melanie Jenner. Sie vertritt Michael Lodes, der im Urlaub sei und eine Anfrage des Kuriers an Jenner weiterleitet. Die Hohenmirsberger seien mit keinem festen Programm angereist, sondern hätten vor Ort entschieden, welche ihrer Stücke sie spielten. Die Trinksprüche seien nicht abgesprochen gewesen. Sie gehörten nicht zum festen Repertoire der Truppe und der kritisierte Spruch sei zuvor höchstens einmal auf einer Veranstaltung gefallen. Jenner sagt: „Das war ein gut beworbenes, öffentliches Fest. Es hätte klar sein müssen, dass das hohe Wellen schlägt.“

"Wie sollen wir das erklären?"

Auch Valentina König war im Festzelt, als die Hohenmirsberger auftraten. König ist selbst Musikerin und die Bayreuther Beauftragte für das Kinderhilfswerk Unicef. Am Sonntagabend wendet sie sich an den Kurier, berichtet von „widerlichen, primitiven und zutiefst frauenverachtenden“ Witzen des Kapellmeisters über die im Festzelt Gott sei Dank niemand gelacht habe. Und König fragt: „Wie sollten wir den Menschen, die aus Nordafrika, Syrien oder Somalia zu uns gekommen sind, erklären, dass Deutschland ein Land ist, in dem Frauen geachtet, respektiert und gleichberechtigt behandelt werden, wenn wir solche Sprüche durchgehen lassen?“ König fordert Konsequenzen. „Eine Kapelle, die solch einen Sprecher und seine Unwitze toleriert, hat auf der Bühne nichts zu suchen.“

Der Kapellmeister entschuldigt sich

Während König über „unzählige Witze, größtenteils auf unterstem Niveau“ klagt, spricht Jenner von einem einzigen Ausrutscher. Der Spruch sei unangemessen gewesen und in der Euphorie passiert. Der Kapellmeister habe sich mittlerweile schriftlich bei der BMTG entschuldigt.

 

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