Viele Tipps für die Flüchtlinge

Von Marcel Staudt
Die Pegnitzer Integrationsbeauftragte Veronika Kobert (Bildmitte) sucht das Gespräch mit den Flüchtlingen. ⋌⋌Foto: red Foto: red

Vor einem Jahr erreichte die Flüchtlingskrise in Deutschland ihren Höhepunkt. In dieser Situation sagte Kanzlerin Angela Merkel: „Wir schaffen das.“ Wir sprachen mit Veronika Kobert, der Integrationsbeauftragten der Stadt Pegnitz, über das Thema Flüchtlinge.

 
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„Sorgen Sie einfach dafür, dass sich die Flüchtlinge hier wohl fühlen.“ Mit dieser Aufgabenstellung startete im April ihren Job als Integrationsbeauftragte. Vor 15 Jahren war sie selbst noch eine Fremde. Sie kam nach Pegnitz und weinte eine Woche lang. Diese Stadt, in der gefühlt jeder jeden schon immer kennt, war einfach zu transparent für die 19-Jährige aus Kasachstan.

Blaues Haus

Das Blaue Haus am Bahnhof, in dem viele Spätaussiedler wie sie untergebracht waren, war ihr zu klein. Sie fühlte sich fremd an einem Ort, an dem es für die Bürger scheinbar nichts Fremdes gibt. Als sie ihre Tränen getrocknet hatte, fasste sie einen Entschluss. Sie wollte nicht auffallen. Sie wollte unsichtbar sein. „Ich wollte so gut Deutsch sprechen, dass niemand auf die Idee kommt, ich sei nicht hier geboren“, erinnert sich Veronika Kobert.

Mittlerweile sind 15 Jahre vergangen. Mit dem Unsichtbarwerden hat es nicht geklappt. Kobert hat bereits in der alten Heimat Deutsch studiert, hier und da hört man noch heraus, dass sie nicht in Pegnitz geboren wurde. Nach etwa einem Jahr zog sie aus dem Blauen Haus aus. Sie gründete zusammen mit anderen jungen Zuwanderern aus der ehemaligen UdSSR den Verband der russischsprachigen Jugend in Deutschland, Jun Ost. Auch vor Ort nahm sie die Integration selbst in die Hand und gründete einen Jugendtreff für ihre Landsleute. Trotzdem fühlte sie sich in Pegnitz nicht wohl.

Theaterwissenschaft

Die Nähe der Menschen zueinander war ihr unangenehm. Nach etwa sechs Monaten in der eigenen Wohnung wechselte sie mit ihrem späteren Mann nach München. Kobert studierte Theaterwissenschaften, zwei Kinder kamen zur Welt. Sie wollte aber näher bei ihren Eltern sein, die in Pegnitz geblieben waren. 2012 kam sie zurück.

Sie begann sich in der Stadt als Teil der Gemeinschaft zu fühlen. Dass jeder jeden kennt, war plötzlich kein Nachteil mehr. „Der Zusammenhalt hier ist gigantisch. Es gibt immer jemanden, der helfen oder einen Rat geben kann“, sagt Kobert.

Bundesgeschäftsführerin

Von 2012 bis 2014 arbeitete sie als Bundesgeschäftsführerin von Jun Ost, bis ihr der Aufwand zu groß wurde. In Pegnitz arbeitete sie beim Projekt der evangelischen Kirche „Zuhause in Pegnitz“ mit. In der Kleinstadt konnte sie aber wenig mit ihrem Uni-Abschluss anfangen. Sie schaute sich nach Alternativen um. Im Herbst 2015 kam ein Anruf von Dekan Gerhard Schoenauer. „Er meinte, es sei eine Stelle in Planung, die von der evangelischen Kirche, den örtlichen Firmen und der Stadt finanziert werden soll. Aufgabe würde sein, sich um die Flüchtlinge zu kümmern.“ Kobert wollte die Chance ergreifen und befasste sich nun mehr mit der Flüchtlingskrise.

Sie erfuhr, dass in Pegnitz viele Menschen aus dem arabischen und afrikanischen Raum leben. Das Jugendcafé Bartl schien ihr ein geeigneter Ort zu sein, um sich mit den Flüchtlingen zu treffen. Jeden Mittwochs treffen sich hier Geflüchtete aus über zehn Ländern. Oft sind es über 20 junge Erwachsene. Über eine Whatsapp-Gruppe bleibt Kobert mit ihren Schützlingen in Kontakt. Über diesen Kanal macht die Integrationsbeauftragte auf Veranstaltungen in der Stadt aufmerksam. „Ich habe gelernt, dass ich mich bei der Arbeit mit den Flüchtlingen auch über kleine Erfolge freuen muss. Integration funktioniert nicht von heute auf morgen.“

Die Flüchtlinge gehen respektvoll mit mir um. „Viele von ihnen siezen mich, obwohl ich geduzt werden möchte. Aber aus Respekt wollen sie das nicht.“ Kobert lässt die Flüchtlinge auch mit ihren Kindern spielen, ein weiterer Eisbrecher. „Es gibt Afrikaner, die wollen überhaupt nicht mit mir sprechen. Aber sie strahlen über das ganze Gesicht, wenn meine Tochter bei ihnen auf dem Fahrrad sitzt.“