Prozess gegen Pottensteiner Bauunternehmer: Angeklagter hat 1,7 Millionen Euro Schulden beim Finanzamt Verteidiger kritisiert Richter

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Der Bauunternehmer aus dem Raum Pottenstein schuldet dem Finanzamt 1,7 Millionen Euro. Foto: Archiv Foto: red

Alle Beteiligten betonen, sich emotionslos verhalten zu wollen. Doch am heutigen 13. Verhandlungstag vor dem Hofer Landgericht gegen einen Bauunternehmer aus dem Raum Pottenstein und seine beiden Geschäftsführer wegen verschleppter Insolvenz war die Stimmung zwischen zwei Verteidigern und Richter Matthias Burghardt kurz angespannt.

 
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Ein Kanalbauer aus Bindlach berichtet wie schon mehrere Zeugen vor ihm von schleppender und schließlich ganz ausbleibender Zahlung vonseiten des Angeklagten. Es ging um ein Projekt in München. Letztlich blieb der Handwerker auf 32 000 Euro sitzen. Der Ablauf ist bekannt: Als kein Geld mehr fließt, stellte der Zeuge die Arbeiten ein. Es habe ein Gespräch mit dem Angeklagten gegeben. „Anfangs war es vernünftig, dann wurde es laut“, so der Zeuge. Er zahle nicht, weil es Mängel gebe und die Arbeiten nicht wie vereinbart ausgeführt wurden, habe der Bauunternehmer reagiert. Ursprünglich hatte der Auftrag ein Volumen von 13 200 Euro, dann kamen etliche Nachträge dazu. Unterzeichnet vom Bauleiter. „Hatte er dazu die Berechtigung?“, fragt der Nürnberger Anwalt Reinhard Debernitz, einer der Verteidiger des Hauptangeklagten. „In einem Zivilprozess könnte man diese Frage als Straftat sehen“, mahnt der Richter. Es gebe in den Unterlagen keine Beweise, dass der Bauleiter nicht berechtigt war, so Burghardt.

Verteidiger nicht persönlich gemeint

„Sie bestreiten die Forderung, weil der Bauleiter angeblich nicht berechtigt war“, so der Richter. „Ich bin verpflichtet und berechtigt, diese Frage zu stellen“, reagiert Debernitz deutlich verärgert und weist den Vorwurf einer Straftat von sich. Unterstützung bekommt er von seinem Kollegen, dem Fuldaer Anwalt Gerhard Schüler. „Ich habe ein tiefes Misstrauen in ihre Verhandlungsführung. Es missfällt mir, dass Sie versuchen, Fragen zu verhindern“, wendet er sich an den Richter. Und weiter: „Ich fühle mich vor diesem Gericht unsicher und weiß nicht, ob es objektiv handelt.“ Es sei die Pflicht des Gerichtes, auf mögliche strafrechtliche Einlassungen hinzuweisen, reagiert der Richter. Er habe aber nicht den Verteidiger persönlich gemeint.

Und dann war da noch Kündigung des Vertrages, weil ein Heizungsbauer aus Roth bei Projekten in Herzogenaurach und Nürnberg die Arbeiten eingestellt hatte: Auch dieser Zeuge hatte offene Forderungen. Bei einem Vergleich erhielt er dann 100 000 Euro der offenen 152 000 Euro. Bei Abschlagszahlungen habe er Schecks bekommen, die nicht gedeckt waren, so der Zeuge gestern.

Rechnungen falsch gebucht

Verbindlichkeiten in Höhe von gut 1,7 Millionen Euro hat der Angeklagte beim Finanzamt Bayreuth, davon allein 500 000 Euro an Säumniszuschlägen. Bei der Verbuchung der Umsatzsteuer wurden Fehler gemacht, erläutert der Beamte der Steuerfahndung dem Gericht. So wurden Ausgangsrechnungen auf ein Konto gebucht, das nicht mit Umsatzsteuer belastet war. „Das heißt, die Steuer wurde nicht gezahlt und vereinnahmt“, bestätigt der Beamte auf Nachfrage des Richters. Auch seien Belege nicht gebucht worden, so dass fällige Umsatzsteuerbeträge nicht bekannt waren. Ebenso wurden Eingangsrechnungen nicht verbucht und somit keine Vorsteuer entrichtet. Dies sei später aber vom Insolvenzverwalter korrigiert worden, so der Finanzbeamte weiter. Schließlich sei auch die Lohnsteuer jeden Monat zu spät gezahlt worden.

Und auch ein Elektroinstallateur aus Castrop-Rauxel hat gegen den Angeklagten offene Forderungen in Höhe von 112 000 Euro. Ein Stahlhändler aus Ratingen blieb auf gut 196 000 Euro sitzen.

Die Karten sind für die Angeklagten im Laufe der Verhandlung nicht besser geworden“, mahnte Richter Burghardt. Er sehe keine Basis für Rechtsgespräche, reagierte er auf die Äußerung von Verteidiger Debernitz, nicht irgendwelche Türen zuzuschlagen. Dem vorausgegangen war eine langwierige Diskussion über die nächsten Verhandlungstermine. Der Richter will morgen die Beweisaufnahme abschließen. Dann soll noch einmal der Sachverständige sein korrigiertes Gutachten über die finanzielle Situation des Unternehmens vorstellen, die Plädoyers und das Urteil folgen Anfang August. Dieser Zeitrahmen war den Verteidigern zu eng. „Es ist denkbar, dass die Angeklagten sich doch noch äußern“, so Debernitz. Den Vorwurf des Richters, dass der mitangeklagte Sohn des Bauunternehmers es bislang nicht schaffe, die Richtern anzuschauen, versuchte er mit dessen massiven psychischen Problemen zu erklären.

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