Chefarzt der Kinderklinik dafür - Chef des Gesundheitsamtes dagegen Uneins über Kinder-Impfpflicht

Von Elmar Schatz
Ein Kinderarzt impft einen kleinen Buben. Foto: dpa Foto: red

Die CDU fordert eine gesetzliche Impfpflicht für Kleinkinder. Ein Befürworter ist der Chefarzt der Bayreuther Kinderklinik, Professor Thomas Rupprecht. Ablehnend äußert sich der Leiter des Bayreuther Gesundheitsamtes, Dr. Klaus von Stetten. Hier das Für und Wider.

 
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Professor Rupprecht sagt zum CDU-Parteitagsbeschluss: "So ganz dumm finde ich das nicht." 90 Prozent Durchimpfung - wie gegenwärtig in der Region Bayreuth - seien zu wenig, 95 Prozent wären erforderlich; "der Impfschutz ist nicht ausreichend".

Eine gesetzliche Impfpflicht einzuführen, wäre eine politische Entscheidung, hebt Rupprecht hervor. Würde er persönlich gefragt, spräche er sich dafür aus. Aufklärungskampagnen reichten nicht. Nebenwirkungen bei Impfungen seien extrem selten. Es komme höchstens mal zu einem Abszess wegen unsauberer Spritzen.

Professor Rupprecht: Der Nutzen der Impfung überwiegt

Bei einer Risiko-Nutzen-Analyse überwiege für ihn der Nutzen der Impfung. Todesfälle wegen Masern habe es am Klinikum Bayreuth in den vergangenen Jahren nicht gegeben. Vor zwei Jahren sei eine Mini-Epidemie registriert worden. Einige Kinder seien sehr krank, ihr Zustand jedoch nicht lebensbedrohlich gewesen.

Chef des Gesundheitsamtes gegen Impfzwang

Gegen einen Impfzwang ist Gesundheitsamts-Chef von Stetten. Ein derartiges Gesetz würde niemals durchgehen; "spätestens das Verfassungsgericht würde es kippen". Eine Impfpflicht lehnt von Stetten auch wegen möglicher Nebenwirkungen ab; es könnten - wenn auch nur in seltenen Fällen - bleibende Schäden auftreten.

Von Stetten plädiert stattdessen dafür, viel mehr für die Prävention zu tun und für die Impfung zu werben. "Wir haben sehr gute Zahlen bei der Durchimpfung, mit einer Impfquote von mehr als 90 Prozent in Stadt und Landkreis Bayreuth", sagt von Stetten. Hier sei wohl keine Masern-Epidemie zu befürchten.

Von Stetten will Nichtgeimpfte überzeugen

Bei den etwa sieben Prozent Nichtgeimpften würde er für die Impfung werben. Niedrige Impfungsraten von nur 60 oder 70 Prozent seien eher ein Problem von Großstädten. So habe es in Berlin bei einer Masern-Epidemie einen Todesfall gegeben.

Es wäre kein guter Weg, die Leute zu zwingen, ihre Kinder impfen zu lassen, sagt von Stetten: "Wie sollten die Impf-Verweigerer denn bestraft werden", fragt er, "sollten sie eingesperrt oder mit Bußgeldern belegt werden?"

Knappe Mehrheit beim CDU-Parteitag für Impfpflicht

Der CDU-Bundesparteitag hat am Dienstag in Karlsruhe mit knapper Mehrheit für einen Antrag der Jungen Union gestimmt: Damit fordert die Partei die CDU-geführte Bundesregierung auf, die Impfpflicht unter anderem für Diphterie, Tetanus, Kinderlähmung, Keuchhusten, Mumps, Masern, Röteln und Windpocken einzuführen. Die Junge Union begründete ihren Antrag mit den zuletzt häufigeren Masern-Ausbrüchen in Deutschland.

Die Antragskommission hatte empfohlen, die umstrittene Grundimpfpflicht abzulehnen. Doch die CDU-Delegierten setzten sich in einer schriftlichen Abstimmung mehrheitlich darüber hinweg.

Kinderärzte: alarmierende Zahlen bei Masern

Kinderärzte sprechen angesichts der jüngsten Masern-Erkrankungen von alarmierenden Zahlen und fordern eine nationale Impfstrategie. Die Bundesregierung - einschließlich Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) - steht einer Impfpflicht unter anderem aus juristischen Gründen skeptisch gegenüber.

Erst im Sommer war infolge der Masernfälle ein Gesetz beschlossen worden, mit dem der Impfschutz verbessert werden soll. Dazu gehören strengere Regeln für die Impfberatung vor dem Kindergarten-Start. Bei Masernfällen können die Behörden ungeimpfte Kinder vom Besuch der Kita oder Schule ausschließen.

In Deutschland besteht keine Impfpflicht. Impfungen werden von den obersten Gesundheitsbehörden öffentlich empfohlen. Dies basiert in der Regel auf der Grundlage von Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko). Jeder Bürger entscheidet bislang also frei über eine Impfung.

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