Birgit Süß kam 1990 aus der Ex-DDR nach Pegnitz, heute ist sie selbstständig und betreut 14 Mitarbeiter Trockau hat sie geprägt

Von Thomas Knauber
Ihr Pflegedienst besteht seit acht Jahren. Birgit Süß leitet die 14 Mitarbeiterinnen gern: „Ohne Spaß und Freude an der Arbeit geht nichts.“ Foto: Thomas Knauber Foto: red

Birgit Süß war Ende 20, als sie herkam. Ihr Mann hatte in der Spitzen-Industrie von Plauen gearbeitet. Als diese einbrach, suchte er sich 1990 in Bayreuth eine neue Stelle. Ein Vierteljahr später wohnten beide in Trockau. Dort nahm sie die Sportgemeinschaft auf. Bis heute, nach der Trennung und dem Umzug nach Pegnitz, hängt Birgit Süß an dem kleinen Ort.

 
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„Trockau hat mich geprägt“, sagt sie. „Plauen ist schön, wenn ich dort bin, aber eigentlich bin ich schon mehr hier zuhause.“ Birgit Süß sah dort ihre beiden Söhne behütet aufwachsen. „Es hätte nicht besser sein können.“ Sie genoss auch das schöne Bayern und Oberfranken mit den so verschiedenen Menschentypen. Und sie liebt die Ruhe von Pegnitz.

Süß ist ursprünglich Röntgenassistentin. Sie arbeitete erst bei Dr. Siems und dann zehn Jahre bei Dr. Keller. Später war sie im Pflegedienst-Team von Marion Fritsch. „Dadurch hat sich ergeben, dass ich mich vor acht Jahren selbstständig gemacht habe.“

Sie hat es nicht bereut und schultert gern die Verwaltung für ihre 14 Mitarbeiterinnen, die mit sieben Autos zu Patienten zwischen Plech, Auerbach und Creußen unterwegs sind. In ihrer kleinen Firma gibt es eine Devise: Einer für alle und alle für einen. „Die Ellbogengesellschaft gibt es überall, aber hier gottseidank nicht.“ Birgit Süß betont aber: „Ohne Fleiß kein Preis. Man kann sich nicht auf irgendwas ausruhen.“ Sie hatte schon in Thüringen über Verwandte aus Hanau, die zu Besuch waren, von der Realität des goldenen Westens erfahren, wie man sich durchboxen muss. „Ich wusste: Was man hier hat, ist alles selbst erarbeitet.“ Gibt es nun etwas, was sie im Rückblick vermisst, was in der früheren DDR besser war? Süß sieht hier nur wenig, weil die BRD aufholte. Denn inzwischen gibt es auch hier eine gute Kinderbetreuung, so dass die Mütter arbeiten können.

Und der gute Zusammenhalt der einfachen DDR-Bürger angesichts eines ungeliebten Staats- und Stasi-Apparats – den fand sie auch in Trockau, wo sie in den 23 Jahren eine sehr gute Gemeinschaft hatte, die sie bis heute trägt. So klingelt während des Gesprächs ein früherer Nachbar in ihrem Büro vorbei und überbringt fröhlich die Einladung zur Trockauer Kerwa. Birgit Süß ist begeistert: „Sehn wir uns da? Schee!“

Angesprochen auf die Enge der Ex-DDR mit ihrem Reiseverbot in den Westen winkt Birgit Süß ab. „Es gibt auch hier viele Landfrauen, die noch nie aus ihrem Dorf rausgekommen sind.“ Man müsse etwas dafür tun, in andere Länder zu gelangen, egal ob in der damaligen DDR oder heute hier.

Sie hat zum Beispiel ein Traumziel: „Ich will einmal den Machu Picchu sehen.“ Den Wunsch, diese alte peruanische Inkastadt in den Anden zu erleben, die um 1450 erbaut wurde, wird sich Birgit Süß sicher erfüllen.