Tod im Klinikum: Staatsanwalt ermittelt

Von Andreas Gewinner
Eine Frau stirbt nach zweifachem Eingriff im Klinikum Bayreuth. Nun ermittelt der Staatsanwalt. Foto: Archiv/Tobias Köpplinger Foto: red

Der Tod einer Frau vor knapp fünf Wochen im Klinikum Bayreuth beschäftigt Kripo und Staatsanwaltschaft. Im Raum steht der Verdacht, dass bei der Behandlung Fehler passierten, die zum Tod der Patientin führten.

 
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Am 26. September unterzog sich die 70 Jahre alte Frau aus dem Fichtelgebirge einer geplanten Operation in der gynäkologischen Abteilung des Klinikums.

Die Aussagen gehen auseinander, ob es eine „Routineoperation“ oder ein komplexer risikoreicher Eingriff war. Der Frau wurde die Gebärmutter entfernt, des Weiteren wurde am Darm operiert, an dem die Frau Jahre zuvor schon mal einen Eingriff hatte. Außerdem hatte die Frau Blutgerinnungsprobleme, die jedoch bekannt waren und mit regelmäßigen Medikamenten behandelt wurden.

Unterschiedliche Aussagen über Gesundheitszustand

Unterschiedliche Aussagen gibt es auch über Gesundheitszustand und Vorbelastungen der Frau vor der Operation, die teils vor dem Eingriff nicht bekannt gewesen sein sollen oder bei Voruntersuchungen unentdeckt blieben. Die Tochter der Verstorbenen beharrt, dass ihre Mutter gesund und für ihr Alter „topfit“ gewesen sei.

Der Tochter der Patientin sei nach dem Eingriff gesagt worden, die OP seit „gut verlaufen.“ Doch sie wunderte sich nach eigenen Worten bei Besuchen der Mutter über ihre unnatürliche gelbe Gesichtsfarbe. Die Mutter schien unter Schmerzen zu leiden und stand dem Anschein nach stark unter Medikamenten, so die Wahrnehmung der Angehörigen. Drei Tage nach der Operation – an diesem Tag wurde die Frau ein zweites Mal operiert – fand die Tochter ihre Mutter auf der Gynäkologiestation nicht mehr. Dort erfuhr, sie, dass die Mutter inzwischen auf der Intensivstation liegt. Und, erzählt die Tochter, ein Arzt habe ihr an diesem Tag gesagt, er verstehe nicht, dass man so lange mit einer zweiten Operation gewartet habe. Die interne Einschätzung, dass mit der zweiten OP zugewartet wurde, womöglich wegen dem schlechtem Allgemeinzustand der Patientin nach der ersten Operation, wurde dem Kurier auch von einer weiteren Quelle bestätigt.

Frau musste beatmet werden

Auf der Intensivstation sagte ein Arzt der Tochter, dass mit dem zweiten Eingriff ein „Riss am Darm“ repariert werden sollte, dies sei jedoch nicht möglich gewesen, deswegen sei der Darm noch mal verkürzt worden.

Wenn die Tochter nach dem zweiten Eingriff jeden Morgen im Klinikum anrief, habe sie stets die Auskunft erhalten: „Es wird besser.“ Ihre allabendlichen Besuche hinterließen einen anderen Eindruck. Ihre Mutter sei teils im Koma oder Halbkoma gewesen, sie musste beatmet werden. Tage später mehrten sich Anzeichen von Organversagen: So wurde die Patientin einer Blutwäsche unterzogen. Heute glaubt die Tochter: „Die haben versucht, uns zu beruhigen und haben uns nicht die Wahrheit gesagt.“ Sie macht sich seither Vorwürfe, nicht eher darauf gedrungen zu haben, dass ihre Mutter in eine Spezialklinik verlegt wird.

Klinikum sprach von "unnatürlichem Todesfall"

Ob das das Leben der Frau zu diesem Zeitpunkt gerettet hätte, muss dahingestellt bleiben. Denn der Gesundheitszustand der Frau verschlechterte sich zunehmend, so die Wahrnehmung der Tochter. Am Abend des Sonntag, 9. Oktober, erlebt die Frau, dass ein Kardiologe, also ein Herzspezialist, das Zimmer ihrer Mutter verlässt. Ein anderer Arzt sagt an diesem Abend zu ihr, dass die Mutter die Nacht wohl nicht überleben wird. Wenige Stunden später, gegen 5 Uhr früh am 10. Oktober, stirbt die Frau. Unmittelbare Todesursache: ein schwerer septischer Schock, also eine massive Reaktion des Körpers auf Gifte, Bakterien oder Erreger, die mit mehrfachem Organversagen einhergeht.

Als die Tochter am Nachmittag dieses Montags zur Kriminalpolizei geht, erfährt, sie dass das Klinikum die Kripo bereits informiert hat wegen eines „unnatürlichen Todesfalles“. Ein Kripobeamter beschlagnahmt die Unterlagen ebenso wie den Leichnam der Frau, der in Erlangen obduziert wird. Leitender Staatsanwalt Herbert Potzel bestätigt auf Nachfrage, dass in dem Fall ermittelt werde. Ein Gutachten sei in Arbeit, Details könne er deswegen noch nicht nennen.

Das sagt das Klinikum:

„Die Klinikum Bayreuth GmbH kann aus Gründen des Datenschutzes keine patientenbezogenen Stellungnahmen abgeben“, so Frank Schmälzle, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit. Er gibt aber einige grundsätzliche Informationen über das Prozedere im Klinikum: „Vor einer Operation untersuchen Mediziner der Klinikum Bayreuth GmbH Patienten umfassend und klären sie über allgemeine und individuelle Operationsrisiken auf. In der postoperativen Behandlung arbeiten Mediziner unterschiedlicher Disziplinen eng zusammen.“ Vor einer Operation würden bei Patienten „grundsätzlich Blutwerte geprüft und Gerinnungstests durchgeführt“. Jeder Patient werde vor einem Eingriff von dem Operateur ausführlich untersucht.

Zusätzlich spreche ein Anästhesist mit dem Patienten, analysiere im Detail dessen gesundheitliche Vorgeschichte und prüfe mögliche Risiken. Vor einer Operation kläre der Operateur den Patienten „sowohl über die allgemeinen wie auch über dessen mögliche individuelle Operationsrisiken auf, die sich aus der Voruntersuchung und der Vorgeschichte ergeben“, so Schmälzle. Der Patient habe immer die Möglichkeit, Fragen stellen. Wenn nach einer Operation Komplikationen aufträten, ziehe der betreuende Arzt Spezialisten anderer medizinischer Disziplinen hinzu, falls nötig. Die Entscheidung, ob und wann eine zweite Operation durchgeführt wird, träfen die behandelnden Ärzte. Die häufigsten Gründe für Re-Operationen seien schwere Blutungen oder schwere Infektionen.

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