Thema Schulwegsicherheit: Wir sind die anderen

Katharina Ritzer

Nach schrecklichen Unfällen wie jenem in Bad Berneck setzt ein fast schon reflexartiges Rufen nach mehr Reglementierung ein, nach noch einem Straßenschild. In einer solchen Diskussion kochen die Emotionen leicht hoch, schnell sind die Gemeinde, die Polizei oder das Landratsamt als Schuldige ausgemacht.

 
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Doch bevor man den Behörden Untätigkeit vorwirft, sollte man kurz innehalten. Die Vorbehalte gegenüber Tempolimit oder Zebrastreifen auf einer Bundes- oder Landstraße gründen ja nicht auf Ignoranz, sondern auf Erfahrung: Autofahrer – und dazu zählt in Regionen wie dieser fast jeder erwachsene Mensch – sind ohne guten Grund nicht einzubremsen. Tempo 60 auf einer schnurgeraden Landstraße, an der weit und breit kein Haus steht – Hand aufs Herz, daran wird sich kaum einer von uns halten. Und bis wir das unscheinbare Buswartehäuschen am Straßenrand wahrgenommen haben, sind wir auch schon vorbeigerauscht.

Es sind diese Realitäten, die mit dem Sicherheitsbedürfnis von Kindern und Eltern konkurrieren. Diese beiden Interessen unter einen Hut zu bringen, darum wurde beim Ortstermin am Donnerstag in Bad Berneck gerungen. Es wäre unredlich von den Behörden, wenn sie reflexartig ein Tempolimit erließen.

Ins Bild passt auch die Beobachtung des Bayreuther Verkehrssicherheitsbeauftragten: Die Ursache vieler brenzliger Situationen vor den Schulen sind die Eltern selbst, die ihre Kinder im Auto bringen. Viele Freunde wird er sich mit dieser Aussage nicht gemacht haben, aber es beschleicht einen das Gefühl, dass er nicht unrecht hat. Nehmen wir nur das Beispiel der vielen Tempo-30-Schilder in den Wohnsiedlungen: Wozu braucht es die eigentlich, wenn die meisten, die dort mit dem Auto fahren, doch die Bewohner selbst sind? Müssen die wirklich mit einem Schild daran erinnert werden, dass sie aus Rücksicht auf die Kinder, von denen einige die eigenen sind, langsam fahren?

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Die Behörden sind nicht aus der Pflicht entlassen, für mehr Sicherheit der Schwächsten im Straßenverkehr, der Fußgänger, zu sorgen. Aber man sollte dem Reflex widerstehen, nach mehr Regeln zu rufen, an die sich die anderen halten sollen. Denn die anderen, das sind wir.