Thema Demografie: Mehr Gelassenheit, bitte!

Oberfranken soll sich auf seine Stärken konzentrieren. Ja, klar, was denn sonst? Die Botschaft wurde schon so oft verkündet, dass sie einige SPD-Politiker aus dem Landkreis Bayreuth nicht mehr hören können.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Kein Wunder, dass der aalglatte Kommunikationsprofi der Bertelsmann-Stiftung beim überwiegenden Teil der Zuhörer des Demografiegesprächs in Kulmbach nicht besonders gut ankam. Außer wenigen allgemeinen Ratschlägen hatte er keine Antworten auf die drängenden Fragen der oberfränkischen Kommunalpolitiker und Mittelständler.

Doch eine Erkenntnis aus der Diskussion ist entscheidend: Eine demografische Wende wird nicht zu schaffen sein. Nicht in Oberfranken und auch nicht in anderen strukturschwachen Gebieten. Darum ist es umso wichtiger, sich auf das Unausweichliche rechtzeitig einzustellen. Die Einwohnerzahlen im Bezirk gehen zurück, aber zum Glück nicht abrupt, sondern schrittweise.

Wir täten also gut daran, die Demografie-Debatte weniger aufgeregt und ein bisschen gelassener zu führen. Die Bevölkerung wird in den kommenden Jahrzehnten abnehmen und älter werden, nicht wachsen und sich verjüngen. Dieser Realität muss sich nicht die lokale, sondern die Landes- und Bundespolitik noch intensiver stellen, um die Folgen für die Gesellschaft abzumildern. So müsste grundsätzlich überdacht werden, ob staatliche Leistungen weiterhin an die Einwohnerzahlen gekoppelt werden sollten. Auch kann keiner gut ausgebildete Frauen zwingen, neben den immer härteren Anforderungen im Job zusätzlich die Verantwortung für eine Familie zu übernehmen. Denn die Erziehung der Kinder und „das bisschen Haushalt“ sind eben nach wie vor größtenteils Frauensache. Und selbst wenn sich die Angebote der Kinderbetreuung noch weiter verbessern: Frauen darf es nicht verübelt werden, wenn sie sich gegen diese Doppelbelastung entscheiden. Genauso wenig kann man es jungen Menschen verwehren, in die Großstadt zu gehen, wo das Leben bunter ist und die Stellenangebote und Freizeitmöglichkeiten um ein Vielfaches größer sind als auf dem Land.

In vielen Fällen kommen sie sogar von alleine auf den Gedanken, in ihre Heimat zurückzukehren: Weil dort Freunde und Verwandte wohnen, das Leben billiger und familienfreundlicher ist, weil sie hier entschleunigen können, anstatt immer nur Gas zu geben.

Autor