Künftig könnte Ökostrom statt Kohlestrom durch die Leitungen fließen – Stadtwerkechef: Muss sich rechnen Stromnetzkauf elektrisiert Bürger

Von Peter Engelbrecht
Strom, Energie, Strommast,Hochspannung,Hochspannungsleitung,Fotos: Gulda Foto: red

Das Thema kommunale Energiewende stößt bei Bürgern und Stadträten auf großes Interesse. Auch der Chef der Kulmbacher Stadtwerke, Stephan Pröschold, zeigte sich offen für eine Übernahme des örtlichen Stromnetzes, allerdings müsse der Netzbetrieb wirtschaftlich sein.

 
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Ende Juli 2017 läuft der sogenannte Konzessionsvertrag mit dem Bayernwerk aus. Dann könnten die Stadtwerke den bisherigen Betreiber für eine bislang nicht bekannte Millionensumme ablösen und das Netz selbst betreiben. Von einer „Herkulesaufgabe“ sprach der Vorsitzende der Bund-Naturschutz-Kreisgruppe Kulmbach, Wolfgang Schenker. „Der Anteil erneuerbarer Energien hat in unserer Region in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen und wird weiter stark wachsen. Da ist es nur sinnvoll, ihn in einem eigenen Stromnetz zu vermarkten, statt sich mit Kohle- und Atomstrom vom bisherigen Monopolisten beliefern zu lassen“, meinte Mitinitiator Klaus-Julius Springmann.

Der Bund Naturschutz hatte zur Podiumsdiskussion eingeladen, 70 Zuhörer waren gekommen, um sich über dieses aktuelle Thema zu informieren. Mario Münch aus Rugendorf, einer der größten Photovoltaikinstallateure Deutschlands, bezifferte die aktuellen jährlichen Renditen der Netzbetreiber auf sieben bis neun Prozent. Mit der Übernahme könnten zukunftsfähige Arbeitsplätze geschaffen werden.

„Wer verdient am Ende das Geld?“, diese Frage stellte Markus Ruckdeschel von der Energieagentur Nordbayern in Kulmbach in den Raum. Durch den Netzbetrieb in kommunaler Hand könne ein Teil der Wertschöpfung in der Stadt gehalten werden. „Regionales Kapital steht in erheblichem Umfang zur Verfügung“, betonte Ruckdeschel. Er hielt es für denkbar, dass sich Bürgerenergiegenossenschaften am Netzbetrieb mit beteiligen. Die Entgelte würden in Zukunft stärker fließen als heute, das Kulmbacher Netz sei ein „Filetstück“.

Die Stadt werde in zwei Wochen die Netzdaten vom Bayernwerk einholen, sagte Stadtwerkeleiter Pröschold. Der Bayerische Kommunale Prüfungsverband werde dann als neutrale Organisation bis Jahresende den Kaufpreis für das Stromnetz ermitteln. Daraufhin werde eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für 20 Jahre folgen. „Wenn es sich rechnet, wäre das eine interessante Möglichkeit“, sagte Pröschold. Die Stadtwerke hätten dann ein zusätzliches Standbein und würden auch mit Strom handeln. Letztendlich müsse der Stadtrat entscheiden, ob das Netz gekauft werden soll oder nicht. Der Gasverkauf der Stadtwerke bringe jährlich 1,4 Millionen Euro Gewinn, der in Freizeiteinrichtungen fließe.

Bereits 1997 sei in Kulmbach über die Übernahme des Stromnetzes diskutiert worden. Ein damaliges Gutachten sei auf ein knapp positives Ergebnis gekommen. Damals, zu Beginn der Liberalisierung der Energiemärkte, sei man von sinkenden Energiepreisen ausgegangen und habe deshalb die Finger vom Netz gelassen. Der Kaufpreis habe damals 60 Millionen Mark plus zehn Millionen Mark für die Entflechtung betragen.

Stadtrat Hans Werther (SPD) bestätigte, die Berechnungen 1997 seien sehr knapp gewesen. Der damalige Netzbetreiber Eon habe als „politische Morgengabe“ neue Jobs zugesagt. Heute gebe es eine breite Mehrheit im Stadtrat, werde offener diskutiert. „Ich stehe hinter einer Netzübernahme“, sagte Stadtrat Hans-Dieter Herold (Grüne). Allerdings müsse sich diese wirtschaftlich darstellen lassen. Möglicherweise lasse sich beim Netzbetrieb mehr Geld für Freizeiteinrichtungen herausholen als beim Gasverkauf. Experte Münch pflichtete bei: „Im Netz wird ein Schweinegeld verdient werden.“

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