345 Euro für vier Stunden Arbeit? Im Internet wird über Für und Wider heiß diskutiert Streit um eine Handwerkerrechnung

Von Thorsten Gütling
Kritisiert, dass ein normaler Arbeiter fast einen Tag lang arbeiten muss, um sich für eine Stunde einen Handwerker leisten zu können: Gastronom Andreas Opel aus Glashütten. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Der Betreiber mehrerer Freibadkioske hat einen Nerv getroffen. Im Internet hat er eine hitzige Diskussion über die Rechnung eines Kundendienstes entfacht.

 
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Innerhalb weniger Stunden hat ein Foto, das ein Gastronom auf Facebook veröffentlicht hat, 125 Kommentare hervorgerufen. Andreas Opel, der Gastronom aus Glashütten, hatte die Rechnung eines Handwerkers gezeigt. Für die Reparatur seiner Kaffeemaschine musste er demnach 345 Euro bezahlen. Und er sagt: „Wenn ein normaler Arbeiter einen ganzen Tag arbeiten muss, um sich eine Monteursstunde leisten zu können, steht das im krassen Missverhältnis.“

Zwölf Kilometer Anfahrt für 45 Euro

Laut Rechnung hat Opel für die Reparatur der gut 9000 Euro teuren Kaffeemaschine vier Arbeitsstunden zu je 75 Euro bezahlt. Dazu kommt der zwölf Kilometer lange Anfahrtsweg, den der Handwerker mit weiteren 45 Euro in Rechnung gestellt hat. Opel sagt: Würde man solche Stundensätze in der Gastronomie verrechnen, würde ein Schnitzel im Wirtshaus rund 40 Euro kosten.

Und weiter: „Das Problem ist, dass es bei manchen Branchen akzeptiert wird, wenn sie ihre Kosten umlegen, und bei anderen nicht.“ So sei das eben, wenn Angebot und Nachfrage den Preis bestimmten, halten andere dagegen.

"Ich bin zu billig"

Für seine Meinung erhält Opel viel Zuspruch. Ein Solaranlagenbauer sagt: „Wir sind auch Handwerker,aber das ist überzogen.“ Ein Elektriker schreibt: „Ich sehe schon, ich bin zu billig.“ Ein Bäcker findet: „Bei solchen Stundenlöhnen müsste die Anfahrt eigentlich schon inbegriffen sein. Die Anfahrt gehört bei uns zum Service dazu.“ Und ein Braumeister sagt: „Habe gerade auch eine Rechnung bekommen. Technikerstunde 82 Euro plus Mehrwertsteuer. Anfahrt 60 Euro plus Mehrwertsteuer. Und bei uns wird gemault, wenn das Bier mal zehn Cent teurer wird.“

Auch bei Handwerkskammer und IHK sieht man die Rechnung des Handwerkers kritisch. Ein eingetragener Handwerksbetrieb ist der kritisierte Betrieb nicht. Organisiert ist er über die IHK. Peter Belina, stellvertretender Leiter Kommunikation bei der Industrie- und Handelskammer für Oberfranken, sagt: „Preiswert ist es nicht.“ Der Stundensatz bewege sich zwar noch im Rahmen, die Anfahrtsberechnung sei aber „ziemlich hoch“.

"Das ist viel"

„Das ist viel“, sagt auch Kerstin Spieler, die Sprecherin der Handwerkskammer in Bayreuth, zu den Anfahrtskosten. Und zum Stundensatz: Freilich könne ein Handwerker pro Stunde verlangen, was er will. „Üblich sind aber 40 bis 60 Euro, je nach Gewerk.“ Spieler gibt zu bedenken: Abzüglich Stundenlohn, Lohnnebenkosten und Gemeinkosten blieben bei einem Stundensatz von 50 Euro gerade einmal rund 2,50 Euro beim Betrieb. Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die die Rechnung des Handwerkers verteidigen. Ein Anlagenbauer rechtfertigt die Anfahrtskosten damit, dass das Auto gut beladen und auf alle Eventualitäten vorbereitet sein will, wenn es zum Kunden aufbricht. Ein Designer schreibt: „Wer sich einen Kaffeevollautomaten für 9000 Euro leisten kann, kann sich auch den Kundendienst leisten.“

Die Preise macht der Hersteller

Ähnlich argumentiert auch der Chef der Handwerksfirma selbst. Neben dem Beladen des Fahrzeugs habe Opel auch die Ausbildung der Techniker mit finanziert und allen voran die Tatsache, dass die Firma genügend Personal vorhalte, um seine Maschine noch am selben Tag, an dem der Schaden bekannt wird, zu reparieren. Schließlich mache der Gastronom mit einer Tasse Kaffee, die ihm in der Herstellung etwa 30 Cent koste, ebenfalls rund 2,80 Euro Gewinn. Und zu guter Letzt handle es sich bei dem Unternehmen um die Werksvertretung eines großen Kaffeemaschinenherstellers. Die Preise für Arbeitsstunden und Anfahrt gebe demnach der Hersteller vor. Verglichen mit anderen Herstellern, sei man dabei sogar noch günstig. So hätte Opel die Anfahrt auch 80 oder 115 Euro kosten können, wenn er die Kaffeemaschine eines anderen Herstellers gekauft hätte.

"Kein Zwei-Klassen-Handwerk"

Er habe keine spezielle Firma kritisieren wollen, schreibt Opel auf Facebook, sondern nur auf eine allgemeine Entwicklung hinweisen wollen. Auf die nämlich, dass die Schere zwischen den Stundenlöhnen einfacher Arbeiter und Handwerker und denen spezialisierter Fachkundendienste immer weiter auseinander klaffe. Handwerkskammer-Sprecherin Spieler sagt: „Ein Zwei-Klassen-Handwerk sehe ich nicht. Eher, dass der Trend überall zu mehr Wertigkeit geht.“

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