Stollen unter der Plassenburg

Von Sonny Adam
Zu Hunderten reifen die Stollen in den alten Kellern unterhalb der Plassenburg. Die Lebensmittelkontrolle nimmt die Keller ab. „Während der Reifung verändert sich der Stollen, er bekommt eine andere Farbe, der Geschmack entfaltet sich“, sagt Griesenbrock. Foto: red

Holger Griesenbrock hat zur Zeit Hochkonjunktur. Denn er fertigt in Handarbeit seine berühmten Burgkellerstollen. „Wir backen schon seit August. Denn die ersten Stollen werden ja ab September gegessen – und unsere Stollen lagern mindestens drei Wochen in den Burgkellern unterhalb der Plassenburg“, sagt Griesenbrock. Die Kulmbacher Stollenspezialität hat tatsächlich mit anderen Stollen nur die Grundzutaten gemein.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Das Geheimnis der Burgkellerstollen steckt im Detail. Griesenbrock verwendet traditionelle Zutaten: Butter, Milch, Hefe, Mehl, Zitronat und Orangeat, Marzipan, Mandeln, Hefe Salz, Zitronen und echte Bourbon-Vanille. „Ich tränke die Sultaninen nicht in Rum, wie das normalerweise gemacht wird, sondern in Arrak. Das ist typisch oberfränkisch – Arrak kennen die Leute von den Küchla“, sagt Griesenbrock. Die Burgkellerstollen werden in einer Form gebacken. Oben abgedeckt. „Der Ofen muss die richtige Temperatur haben, erst dann kann der Stollen ins Rohr geschoben werden. Durch das Backen in der Form bleibt der Stollen sehr saftig“, sagt der Konditormeister.

Verzicht auf
chemische Zusätze

Die Kulmbacher Stollen werden nicht mit Puderzucker bestäubt. „Das kann jeder zu Hause machen“, sagt Griesenbrock. Stattdessen werden die echten Kulmbacher Burgkellerstollen in Zucker gewälzt. „Der Puderzucker würde ja verlaufen, man braucht sonst chemische Zusätze, damit das nicht passiert. Darauf verzichten wird“, erklärt der Konditor. Nach dem Backen müssen die Stollen reifen. Sie bleiben mindestens drei Wochen lang in den Kellern der Plassenburg liegen – dort, wo einst die „Schwarze Frau“ gewandelt ist.

Die Legende von der Schwarzen Frau

Der Legende nach war es so, dass sich Markgräfin Barbara von Brandenburg ein bisschen Pech mit Männern hatte. Im Alter von acht Jahren wurde sie mit dem bedeutend älteren Herzog Heinrich von Glogau verheiratet. Allerdings währte die Ehe nicht lange, weil der Mann nach zwei Jahren starb. Ein Streit um das Erbe entbrannte. Die Markgräfin setzte sich durch. Die Folge: Das Herzogtum Crossen mit Bobersberg, Züllichau und Sommerfeld wurde von Schlesien abgetrennt und kam zu Brandenburg. Markgraf Albrecht Alcibiades bestellte daraufhin einen Landverweser für seine Tochter. Wenige Jahre später wurde Barbara – wieder aus politischen Gründen – mit König Wladislaw II. von Böhmen verheiratet. Damals war sie zwölf Jahre alt. Die Ehe wurde nie vollzogen. Außerdem wollte Wladislaw lieber die Witwe des ungarischen Königs ehelichen, um König von Ungarn zu werden. Letztlich wurde die Ehe mit Barbara von Brandenburg dann sogar vom Papst annulliert.

Die Markgräfin soll sich in den stolzen Ritter Konrad von Heideck verliebt und ihm eigenmächtig die Ehe versprochen haben. Doch das war damals nicht üblich, nicht schicklich. Deshalb wurde die Markgräfin in der Plassenburg festgesetzt und durfte ihren Geliebten nicht mehr sehen. Der Legende nach soll sie regelmäßig mit einer Pechfackel in der Hand durch die Gänge der Plassenburg gewandelt sein. Und weil sie dann, mit vom Ruß geschwärzten Händen und Gesicht bei ihrem Geliebten ankam, soll dieser sie als „Schwarze Frau“ betitelt haben.

Ideales Reife-Klima

„Doch die Legende ist es nicht allein, die die Stollen zu etwas Besonderem macht. In den Gewölbekellern herrscht ein ideales Klima für die Stollenreifung“, sagt Griesenbrock. „In den Kellern schwankt die Temperatur das ganze Jahr zwischen fünf und acht Grad. Und auch die Luftfeuchtigkeit ist ideal – nicht zu trocken, nicht zu feucht.“ Seit sechs Jahren lagert Griesenbrock jedes Jahr die Stollen in den Kellern. Die Lebensmittelkontrolle gibt ihre Zustimmung.

„Wenn die Stollen reif sind, dann verändern sie ihre Farbe. Meine Stollen sind nicht weiß, sondern gelb“, sagt Griesenbrock und schneidet einen ein Kilo schweren Stollen an. Tatsächlich ist der Stollen appetitlich gold-gelb und duftet unwiderstehlich.

Tradition bis Ostern

Die Burgkeller-Stollen werden im Stoffsäckchen ausgeliefert. Darin bleiben sie lange frisch. „Man sollte Stollen immer kühl lagern“, rät Griesenbrock. Die Stollenzeit ist übrigens mit Weihnachten nicht vorbei. Nach alter Kulmbacher Tradition wurden die letzten Stollenreste an Ostern gegessen. Bei Griesenbrocks zu Hause ist diese Tradition noch lebendig.

Bilder