Neue Themen beim Wirtschaftsflinderer

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Kontaktbörse, Stelldichein der Funktions-, Amts- und Würdenträger, Treffpunkt für Genießer - und auch ein wenig Plattform für Klatsch und Tratsch: Beim Wirtschaftsflinderer, offiziell Wirtschaftstag genannt, war am Mittwoch alles ein wenig so wie immer seit mehr als 20 Jahren. Doch da war auch Neues. Ein neuer Veranstalter, neue Sponsoren. Und Einblicke in eine neue Welt – die Welt der Digitalisierung.

 
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Was neu ist am Wirtschaftstag: Lud früher die Stadt ein, so ist es nun der Wirtschaftskreis Pegnitz. Das passt in dessen neues Konzept, sagte Sprecher Klaus Liebig in seiner Begrüßung. Wolle sich der inzwischen 50 Mitglieder zählende Kreis doch neu aufstellen, wolle die Kooperation mit anderen Netzwerken forcieren. Etwa mit dem Bund der Selbstständigen oder dem Bayreuther Unternehmerstammtisch. Und dieser Wirtschaftstag sei ja auch so etwas wie ein Netzwerk, sei „ein wichtiger Faktor der Investitionsgeschichte dieser Stadt“. Daher sei es „eine Ehre“, hier als Veranstalter auftreten zu dürfen.

Das erste Mal

Neuland betrat auch Bürgermeister Uwe Raab. War er doch erstmals in dieser Funktion zu Gast beim Wirtschaftsflinderer „an diesem wunderbaren Vormittag“. Das hat seinen Grund. Es sei erfreulich, „dass nach über 20 Jahren an diesem Tag immer noch so viele zeigen, was ihnen an Pegnitz liegt“. Doch wo viel Llcht ist, sei eben auch immer ein wenig Schatten, sagte Raab. Und erinnerte an eine Frage, die gleich zu Beginn seiner Amtszeit an ihn gestellt worden sei: „Machst du das weiter?“

Wichtig, aber keine Kopie bitte

Er habe sich dagegen entschieden. Eine Fortsetzung unter Regie der Kommune „wäre für mich wie eine Quadratur des Kreises gewesen“. Weil dieser Tag und die Struktur der Gästeschar eng mit der Person von Altbürgermeister Manfred Thümmler verflochten waren: „Wie hätte ich das in eine neue Zukunft überführen können?“ Was nicht heiße, dass er diese Veranstaltung nicht für wichtig erachtet hätte. Ganz im Gegenteil. Nun sei es gelungen, einen neuen Weg über den Wirtschaftskreis zu finden, „der Generationswechsel ist gelungen“. Auch im Wirtschaftskreis selbst, so Raab.

Chancen gemeinsam erkennen

Dieser Kreis könne entscheidend zur Beantwortung zentraler Fragen beitragen: „Was brauchen Pegnitz und unsere Region morgen?“ Denn die Konsequenzen der globalen Entwicklung im Wirtschaftsleben machten auch vor Pegnitz nicht Halt. „Wir müssen die Chancen gemeinsam erkennen und das Beste daraus machen“, sagte Raab. Klaus Liebig dazu: Eigentlich sei es gut, dass die Stadt den Wirtschaftstag nicht weiter organisierte, „sonst hätten wir diese Gelegenheit nie bekommen.“

Unterstützt von neuen Sponsoren: War in den vergangenen Jahren das Unternehmen Markgraf - hier ist Manfred Thümmler Beiratsvorsitzender - der Finanzier des Wirtschaftstages, so war diesmal ein lokales Dreigestirn als Geldgeber aktiv: Die beiden Maschinenbau-Größen KSB und Baier+Köppel sowie der Finanz- und Versicherungsmakler vfm, dessen Geschäftsführer Klaus Liebig ist.

Was so war wie immer: Das hat Tradition beim Wirtschaftsflinderer: Altbürgermeister Manfred Thümmler, Initiator der Veranstaltung begrüßt – fast – jeden Besucher einzeln. Bei rund 170 Gästen eine durchaus zeitraubende Angelegenheit. Garniert mit – Thümmler-typisch und so etwas wie ein Markenzeichen dieses Tages – allerlei Anekdoten zu den Personen, die er da begrüßte. So erfuhr der geneigte Flinderer-Gänger zum Beispiel, dass die Frau des Hofer Landrats Oliver Bär, Staatssekretärin Dorothea Bär, am Dienstag Geburtstag hatte, und er selbst den Landrat über sechs Ecken hinweg zu „meiner buckligen Verwandtschaft“ zählen dürfe. Oder dass eine Führungskraft des Unternehmens Markgraf – auch über sechs Ecken hinweg – Dekan Gerhard Schoenauer verwandt ist: „Wusstest du das eigentlich, Gerhard?“. Schoenauer nickte.

Die neue digitale Wirtschaftswelt: Der Austausch und das Knüpfen von Kontakten gehören beim Pegnitzer Wirtschaftsflinderer ebenso dazu wie der obligatorische Vortrag. Diesmal waren es gleich zwei: Franz Brosch, lange Jahre Geschäftsführer für Oberfranken beim Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie, sprach zum Thema „Was Bayern morgen braucht: Zukunftsrat der Bayerischen Wirtschaft!“ Professor Torsten Eymann, Lehrstuhlinhaber für Wirtschaftsinformatik an der Universität Bayreuth, referierte über die „Digitale Transformation – Chancen und Herausforderungen“.

Brosch attestierte dem Wirtschaftsstandort Bayern international einen „Spitzenplatz“. Aber es müsse viel getan werden, um diesen zu erhalten. Deshalb sei es für Unternehmen im Freistaat wichtig zu wissen, was auf sie zukommt. „Sie brauchen eine klare Orientierung.“ Diversifikation müsse gefördert werden, um ein Klumpenrisiko – etwa beim Fahrzeug- und Maschinenbau – zu vermeiden. Außerdem gelte es, den überdurchschnittlich hohen Anteil von Patenten in Bayern in Produktion umzusetzen. Eine höhere Wertschöpfung könne vor allem durch zunehmende Digitalisierung erreicht werden. Damit einhergehen müsse eine „radikale Veränderung von Organisationen“. Laut Brosch müssten mehr Risikobereitschaft und neue Kooperationsformen gewagt werden. „Die Digitalisierung muss als zentraler Treiber begriffen werden.“

Neue Geschäftsmodelle

Digitalisierung ist für Torsten Eymann ein Schlüsselbegriff in der Welt der Wirtschaft. Nicht jeder empfinde ihn positiv. Damit verbunden seien auch Bilder von wegfallenden Arbeitsplätzen und menschenleeren Fabriken, in denen überwiegend Automaten und Roboter die Produktion übernommen haben. „Es ist die Veränderung, die uns Angst macht“, betonte Eymann.

Videobotschaften

Er zeigte Videos von Microsoft und Corning, um zu verdeutlichen, dass diese Firmen vorausblicken und ihr Geschäftsmodell auf Trends ausrichten. Etwa indem Smartphones in den Alltag eingebettet werden. Facebook, Alibaba oder Uber seien keine Technologiefirmen, sie nutzen jedoch die Digitalisierung für neue Geschäftsmodelle. „Facebook erzeugt selbst keine Inhalte, Alibaba hat keinen Lagerbestand und Uber keine Autos.“ Um im Wettbewerb zu bestehen, sei es notwendig, Produkte und Dienstleistungen in Verbindung zu bringen. Torsten Eymann empfiehlt den Unternehmern unter anderem aus Endkundensicht zu denken.

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