Bayreuth attraktiv für Bewerber machen: Wirtschaftsförderung beauftragt Agentur aus dem hohen Norden Standortmarketing für Bayreuth - aus Kiel

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Bayreuth ist mehr als Wagner. Standortmarketing soll Bayreuth für Bewerber attraktiv machen. Eine Agentur aus Kiel soll das jetzt richten. Foto: Archiv/Nils Katzenstein Foto: red

Bayreuth soll interessant gemacht werden für Bewerber. Das hat der Arbeitskreis Bayreuth International unter dem Dach der Wirtschaftsförderung der Stadt entschieden. Das Marketing dazu soll eine Agentur aus Kiel machen. Agenturen vor Ort waren bei dem freihändigen Vergabeverfahren nicht gefragt worden. Ein Vorgehen, das die Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe als zuständige Wirtschaftsreferentin gegen Kritik verteidigt.

 
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Dass eine Agentur mit Blick von außen auf Bayreuth das Standortmarketing machen soll, gehe "auf Überlegungen innerhalb des Arbeitskreises Bayreuth International" zurück, sagt der Pressesprecher der Stadt Bayreuth, Joachim Oppold, und bestätigt entsprechende Informationen unserer Zeitung, dass eine Kieler Agentur den Auftrag bekommen habe. Wie Oppold sagt, seien "aufgrund des geschätzten Auftragsvolumens im Rahmen eines sogenannten freihändigen Vergabeverfahrens bundesweit geeignete Agenturen zu einer Angebotsabgabe aufgefordert" worden.

Bewusste Entscheidung für eine Agentur von außen

Man habe sich, sagt Oppold, dafür "bewusst entschieden, damit ein Außenstehender den Standort untersucht und bewertet". Aus dem Kreis der abgegebenen Angebote habe man zwei Agenturen herausgefiltert und in die Sitzung des Arbeitskreises eingeladen. In der Sitzung am 8. Mai habe es "ein einstimmiges Votum für eine Agentur" gegeben, "die nun beauftragt werden soll". Ein "erheblicher Teil der entstehenden Kosten" werde von Unternehmen getragen, die dem Arbeitskreis angehören, sagt Oppold.

Schaler Nachgeschmack bei Agentur-Inhabern

Ein Vorgehen, das bei so manchem Agentur-Inhaber in Bayreuth einen schalen Nachgeschmack hinterlässt. Vor allem mit Blick auf diverse prominente Vergaben öffentlicher Auftraggeber außerhalb Bayreuths und Oberfrankens in den vergangenen Jahren. Ralf Bolay von Häusler und Bolay etwa sagt auf Anfrage unserer Zeitung: "Ich sehe keinen Vorteil darin, dass eine Agentur von außerhalb auf einen Einzelstandort schaut." Die Agentur aus Kiel, für die sich der Arbeitskreis entschieden habe, sei eine Agentur, "die auch Standortmarketing macht, aber eben nicht nur", sagt Bolay. "Also ist das keine ausgewiesene Spezialagentur für dieses Thema." Ihm gehe es nicht speziell um seine Agentur, im Gegenteil: "Alle Agenturen in Bayreuth haben im großen und im kleinen Rahmen schon Standortmarketing gemacht", sagt der Werbefachwirt und Diplom-Wirtschaftsgeograf.

Der Oberfranke - "ein uriger Typ"

Bolay erinnert sich in dem Zusammenhang noch gut an einige Aussagen von Vertretern der Berliner Agentur, die das Oberfranken-Logo entwickelt haben: "Was ist so bahnbrechend daran, dass man bei einer Fahrt durch Oberfranken zu der Erkenntnis kommt, dass der Oberfranke ein ‚uriger Typ‘ ist?", sagt Bolay. Die Kapazitäten vor Ort seien vorhanden, "ich gehe davon aus, dass sich auch keiner meiner Kollegen zu schade gewesen wäre, zum Vorteil der Stadt in einer Arbeitsgemeinschaft zusammenzuarbeiten". Dass man diesen Weg nicht gehen wolle, sei "ein Armutszeugnis". Möglicherweise aber der bequemere Weg.

Jörg Lichtenegger von GMK sagt auf Anfrage: "Es schlagen durchaus zwei Herzen in meiner Brust. Vielleicht tut es ja gut, einmal den Blick von außen zu haben." Speziell bei einem Thema, bei dem es darum gehe, den Standort Bayreuth attraktiv für Fachkräfte von außen darzustellen. Generell "stehen die Agenturen im Wettbewerb und wir stellen uns auch dem Wettbewerb", sagt Lichtenegger.

Lieber mit den Leuten vor Ort reden

Eine andere Herangehensweise empfiehlt der Grünen-Stadtrat und Diplom-Designer Stefan Schlags: Die Ressourcen vor Ort sinnvoll einzusetzen, sei der bessere Weg. "Ich erlebe das in Vorbereitung auf das Regionale Innovationszentrum (RIZ). Wenn man jeden Tag zwei Unternehmen anrufen und die fragen würde, wie es ihnen geht und wie man ihnen helfen könnte, wäre das sinnvoller. Man muss mit den Leuten vor Ort reden." Und: Es gebe bereits seit zwei Jahren einschlägiges Material, an dem er selber mitgearbeitet habe. "Kulturstandort mit Standortkultur", sagt Schlags, heiße die Kampagne, derer man sich nur bedienen müsste.

Merk-Erbe: "Ich sehe kein Problem"

Die Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe als zuständige Wirtschaftsreferentin verteidigt das Vorgehen. Sie sagt auf Nachfrage, es sei der ausdrückliche Wunsch des Arbeitskreises gewesen, den Blick von außen zu favorisieren. "Ich sehe hier auch kein Problem. Selbstverständlich lassen sich für andere Vorgehensweisen auch Gründe finden." Aber: "Mit der Entscheidung für eine auswärtige Agentur ist ja keine Entscheidung gegen ansässige Agenturen gefallen, sondern eine Entscheidung für den Blick von außen." Den Ausschlag für diese Entscheidung habe "wie immer bei solchen Entscheidungen - die Bewertung des Konzepts, die Professionalität der Vorstellung sowie der Preis gegeben".

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