Stadthalle: "Material hält aus Gewohnheit"

Von

Die Stadthalle, die künftig Friedrichs-Forum heißen wird, ist die größte Baustelle Bayreuths. 61,7 Millionen Euro wird es kosten, das Haus komplett zu sanieren. Einmal auf Rohbau zurück zu versetzen, abzureißen, aufzubauen, umzubauen. Was alles gemacht wird, und vor allem warum, das konnten am Samstag rund 200 Bayreuther bei den ersten Baustellenführungen sehen. Weitere Führungen sollen folgen.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Der Andrang ist groß. Schon kurz vor 11 Uhr stehen die neugierigen Gäste vor dem Bauzaun. Innen die Vertreter der Stadt, schon mit Helm. Denn Helm ist Pflicht. Man wolle, sagt die Stadtbaureferentin Urte Kelm, "den Leuten zeigen, wie weit die Baumaßnahme in Richtung Friedrichs-Forum schon fortgeschritten ist". Auf Nachfrage unserer Zeitung sagt sie: Verpflichtend von den Fördergebern sei das nicht, dass man die Öffentlichkeit mitnehme. "Für mich ist das Service."

Im Schnelldurchlauf durchs Projekt

Im Schnelldurchlauf zeigt Kelm im Vestibül, das als solches nur mit viel Phantasie und an der Tafel für die verschiedenen Preiskategorien der Karten am ehemaligen Kassenraum zu erkennen ist, was alles geplant ist, wie sich die Raumstruktur ändern wird. Vor allem die Zugänge werden neu geschaffen: Der Balkonsaal wird über die ehemalige Handwerkskammer erschlossen, an die Stelle des hinteren Aufgangs nach der Wandelhalle kommt die Seitenbühne, die Aufführungen deutlich leichter und vor allem deutlich professioneller ermöglichen soll.

Krank an allen Ecken und Enden

Die Stadthalle, zeigt Kelm, krankte an allen wichtigen Stellen: Der Dachstuhl war Problemkind, die Wände waren rissig, "die Gründung war nicht ok, der Keller des Kleinen Hauses war feucht", sagt Kelm. Brandschutz? Brandgefährlich. Wie die Besucher wenig später, als die erste Gruppe mit 40 Teilnehmern auf die Führung von Kelm und die des Projektleiters der Stadt, Stefan Bergmann aufgeteilt worden war, zu sehen bekommt: Das Große Haus gleicht einem Baggerübungsplatz. "Die Ränge sind bis auf einen Rest von fünf bis zehn Prozent abgebrochen", sagt Bergmann. "Die Trümmer liegen unten." Stefan Flaker, der im kommenden Jahr 25 Jahre zum Team der Stadthalle gehört, sagt im Gespräch mit dem Kurier: "Am Anfang ist mir das schon nachgegangen. Aber für die Zukunft wird das alles eine unheimliche Erleichterung durch die Technik, die das Haus bekommt. Das war schon mehr als nötig, dass das angepackt wird."

Portal zur Ludwigstraße wird Notausgang - aber restauriert

Das Portal zur Ludwigstraße, sagt Bergmann auf Nachfrage der Besucher, werde ebenso wie die denkmalgeschützte Fassade restauriert. Das Portal werde allerdings nur als Notausgang fungieren, nicht als normaler Zugang. Die Fassade bekomme auch mehr Fensteröffnungen als bisher. Zugemauerte Fenster werden wieder geöffnet. Und: Im Zuge der Sanierung werden die "unterschiedlichen Zeitschichten ablesbar sein", sagt Bergmann: Sowohl die Barockzeit der Markgräflichen Reithalle, als auch die denkmalgeschützten Umbauten der 30er Jahre sowie die Sanierung in den 60er Jahren würden unter Denkmalschutz-Aspekten berücksichtigt. Deshalb werde zum Beispiel auch der Glaswindfang ins Vestibül wieder eingebaut, werden Mosaik-Arbeiten und Treppenaufgänge wie auch die Bar im Foyer im ersten Stock während der Bauarbeiten geschützt und Teil des neuen Friedrichs-Forums sein.

Mehrere Zeitschichten - viele Probleme

Vor Herausforderungen werden die Planer und Bauarbeiter aber genau wegen dieser verschiedenen Zeitschichten gestellt. Sandstein, Ziegel, Stahl, Holz, unterschiedlichste Einbauten, deren statische Eigenschaften zum Teil mehr als fragwürdig sind. Im Bauteil D, der ehemaligen Handwerkskammer, beispielsweise wird ein massiver Stahlträger auf höchst originelle Weise in der Sandsteinwand abgelastet: "Material hält aus Gewohnheit", sagt Bergmann. Denn: "Der Träger lagert auf liebevoll geschichteten Biberschwanzziegeln, die wiederum auf einem Sandsteinbogen eines Fensters aufliegen. Nicht unbedingt das, was sich der Statiker so wünscht", sagt Bergmann.

Hinschauen, dann weiß man, wo die Kosten stecken

Der Bayreuther Michael Franz, der sich sofort, als die Führungen vor knapp zwei Wochen ausgeschrieben worden waren, einen der Plätze gesichert hat, entdeckt in der offenen Wand des Balkonsaals ähnliches: "Wahnsinn, da ist ja einfach ein Zementsack mit eingemauert." Die Fugen präsentieren weiteren Bauschutt, überall im ersten Stock. Franz sagt: "Das ist unglaublich spannend. Und es ist wichtig, dass die Leute sich das anschasuen können. Weil man sich nicht vorstellen kann, mit welchem Umfang an Arbeiten man es hier zu tun hat. Das zeigt, warum das so viel Geld kostet." Franz ist nach der Präsentation überzeugt: "Das wird genial. Und es ist wichtig, dass man das richtig macht - mit der vollständigen Lösung."

Abreißen? Wäre besser gewesen

Ganz anders sieht das Ernst Schmalz, der als Nachbar am Geißmarkt wohnt. Im Gespräch mit dem Kurier sagt er: "Ich bleibe bei meiner Meinung. Abreißen und neu bauen wäre besser gewesen. Was ich hier sehe, das ist mir zu wenig innovativ." Ähnlich beurteilt er die Betonsanierung in der Tiefgarage. Rausreißen, neu machen - das wäre besser gewesen, sagt Schmalz.

"Wenn, dann richtig"

Allerdings zeigt der Applaus am Schluss der Führung: Die Bayreuther scheinen Lust zu haben auf die Neuauflage der Stadthalle, und Interesse an weiteren Führungen durch die Baustelle, um den Baufortschritt erleben zu können. Die wird es auch geben, verspricht Stefan Bergmann. Teilnehmer Arnold Gloyer bringt es nach dem Rundgang so auf den Punkt: "Wenn, dann richtig. Das passt schon so."

Autor

Bilder