Beamtenstatus infrage gestellt: Sylvia Tennert musste ihr Büro räumen Das Pegnitzer Rathaus und eine seltsame Kündigung

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Immer freundlich, immer lächelnd trotz zahlreicher Aufgaben: Jetzt musste Sylvia Tennert mit sofortiger Wirkung ihre sieben (Büro-)Sachen packen.⋌Foto: red Foto: red

Paukenschlag im Pegnitzer Rathaus: Knall auf Fall wurde Sylvia Tennert vor die Tür gesetzt. Was das Pikante an diesem Fall ist: Die Juristin war Beamtin – und damit im Prinzip unkündbar. Allerdings sollen bei ihrer Verbeamtung Formfehler passiert sein. Was die Verwaltung zum Anlass nahm, ihren Status infrage zu stellen.

 
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Das Beamtenverhältnis – es bestand seit Mitte 2011 auf Probe – war aus Sicht der Stadtverwaltung nicht rechtswirksam. Über Details schweigt man sich aus.Was seltsam ist: Erst im Juni 2013 wurde das Thema aktuell, brachte Geschäftsleitender Beamter Herbert Lauterbach den Stein ins Rollen. Einer vom mehreren Aspekten, die seltsam anmuten, sagt Tennert-Anwalt Volker Hampel aus Bayreuth: „Warum hat man so lange damit gewartet? Was war der Auslöser? Was war die Motivation? Da kann man nur spekulieren...“

Seine Mandantin habe sich jedenfalls definitiv nichts zuschulden kommen lassen. Auslöser sei nicht die Qualität ihrer Arbeit, seien keine Verfehlungen ihrerseits. Vielmehr gehe es um „Formalien“ bei ihrer Verbeamtung. Das liege beinahe drei Jahre zurück, ob nach dieser Zeit eine Kündigung in dieser Form überhaupt haltbar ist, sei schon einmal grundsätzlich fragwürdig. Fragwürdig sei auch, ob sich die Hintergründe der Übernahme in das Beamtenverhältnis noch exakt nachvollziehen ließen. Komplex und kompliziert zugleich sei das Verfahren so oder so.

Rein juristisch sei das Ganze „schwer zu begreifen“. Änderungen im Beamtenrecht, genauer: im Laufbahnrecht, spielten dabei eine zentrale Rolle. Früher gab es das den einfachen, den mittleren, den gehobenen, den höheren Dienst. „Das wurde ersetzt durch Qualifikationsstufen“, sagt Hampel. Zum konkreten Fall. Sylvia Tennert, die Altbürgermeister Manfred Thümmler vor mehr als zehn Jahren ins Rathaus holte, bekam im Lauf der Zeit immer mehr Aufgaben zugeteilt. Von der Leitung des Mehrgenerationenhauses über die Koordination des Wirtschaftsbandes A9/Fränkische Schweiz bis hin zum Management des Windparks Büchenbach. Fast ein Dutzend Funktionen übte sie aus. Irgendwann stand angesichts dieser Fülle das Thema Verbeamtung an, „sie ist da auf mich zugekommen“, so Thümmler auf Anfrage unserer Zeitung.

Er schlug dem Stadtrat vor, die Sache in die Wege zu leiten, dieser stimmte einhellig zu. Bei der Umsetzung kam es dann zu jenen Ungereimtheiten, die letztlich den Beamtenstatus zum Kippen brachten. „Man wusste wohl nicht so genau, was man will“, so Hampel. Will heißen: Es könnte durchaus sein, dass rein formaljuristisch gesehen der eine oder andere Haken existiert. Dies rechtfertige aber noch lange nicht das Vorgehen der Rathausverwaltung. Tennert hätte mit Blick auf ihre Ausbildung als Juristin und ihre zahlreichen Aufgabenfelder der Qualifikationsstufe vier zugeordnet werden müssen. Der höchsten also. Aus „wohl haushaltstechnischen Gründen“ sollte ihre Planstelle aber - zumindest zunächst - eine Stufe darunter angesiedelt werden. Die Konstruktion, die da gewählt wurde, sei sicher nicht die glücklichste, sagt Hampel. Und wie gesagt: „Das ist schwer durchschaubar alles.“

Dies sei aber ja schon lange bekannt gewesen. Es bleibe die Frage offen, warum man im Rathaus erst in der Nach-Thümmler-Zeit aktiv wurde. Thümmler selbst will sich zum Geschehen im Moment nicht äußern: „Ich bitte um Verständnis, ich möchte meinen Aussagen bei einer möglichen Gerichtsverhandlung nicht vorgreifen.“ Nur so viel: „Ich frage mich, was das Ganze soll...“ Nun, eine Gerichtsverhandlung dürfte sich nicht vermeiden lassen. „Wir werden Klage gegen die Aufhebung des Beamtenverhältnisses einreichen“, kündigt Hampel an. Diese würde dann vor dem Verwaltungs-, nicht vor dem Arbeitsgericht verhandelt werden „weil es sich um eine dienstrechtliche Angelegenheit handelt“. Was der Anwalt der Stadt vorwirft: Sie habe die Umstände der Verbeamtung immer nur einseitig zu Lasten seiner Mandantin interpretiert. Sei nie darauf eingegangen, dass die Kommune selbst wusste, dass da möglicherweise „etwas nicht passt“.

Zwar hatte die Verwaltung, abgesegnet vom Stadtrat, Tennert angeboten, wieder als „normale“ Angestellte tätig zu sein. Und dies sogar unkündbar. Doch letztlich wäre dies eine glatte Degradierung gewesen, sagt Hampel. Garniert mit einer erheblichen Beschneidung ihrer Kompetenzen. Und der Rechtsanwalt ist überzeugt: „Ich bin mir sicher, dann hätte man eine andere Konstruktion gefunden, um sie los zu werden, ich hätte ihr nicht mehr viel Zeit bei der Stadt gegeben.“

Der Kurier hatte am Montagvormittag bei Bürgermeister Uwe Raab und Herbert Lauterbach um eine Stellungnahme gebeten. Gestern Nachmittag antwortete Kämmerer Wolfgang Hempfling im Auftrag des Bürgermeisters: „Frau Tennert befindet sich nicht mehr im Dienst der Stadt Pegnitz. Personalangelegenheiten unterliegen aus datenschutzrechtlichen Gründen der besonderen Geheimhaltung, insbesondere auch zum Schutz der Betroffenen selbst. Deshalb werden wir detaillierte Fragen nicht beantworten.“  Übrigens: Obwohl der Kündigungsschritt bereits vollzogen war, wurde der Stadtrat in seiner jüngsten Sitzung am vergangenen Mittwoch nicht über den Sachverhalt informiert.

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