Zwischenbilanz des Projektes Sportförderung für Vierjährige: Zwölf Prozent nehmen Angebot der Stadt an Sportgutschein für Minis umstritten

Von Frank Schmälzle
Die meisten Familien, die den Sportgutschein für Vierjährige eingelöst haben, entschieden sich für das Kinderturnen. Foto: Archiv/Andreas Harbach Foto: red

Sind 73 Kinder, die den Gutschein der Stadt für ein beitragsfreies Jahr im Sportverein bislang genutzt haben, viele? Oder viel zu wenige? Darüber gehen die Meinungen unter den Stadträten auseinander. Eine Studie der Universität Bayreuth soll jetzt zeigen, ob das Konzept "Sportförderung für vierjährige Kinder" tatsächlich aufgeht. Und sie soll auch zeigen, ob Bayreuther Familien Abstauber sind.

 
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Schon einmal hatte das Thema für Aufregung gesorgt. Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe hatte vorgeschlagen, jedem Kind in Bayreuth zum vierten Geburtstag einen Gutschein zu schenken. Gegenwert: 50 Euro, Verwendungszweck: ein einjährige Mitgliedschaft in einem Sportverein. Die Mehrheit der Stadträte machte Merk-Erbe damals einen Strich durch die Rechnung. Bis Unternehmern und privaten Spendern die Hutschnur platzte. Sie gaben 35.000 Euro. Seitdem läuft das Projekt. Im vergangenen Jahr haben 445 Kinder einen Gutschein bekommen, bis zum April 2016 weitere 148. Von den insgesamt 593 Kindern haben den Gutschein 73 eingelöst.

Das sagen die Kritiker

Und jetzt gibt es wieder Aufregung um die Sportförderung für Vierjährige. Denn die erste Zwischenbilanz liegt vor: 50 der 73 Kinder, die den Gutschein eingelöst haben, nutzen Turnangebote der Bayreuther Turnerschaft, das BSV und des ASV Laineck. Wären diese Kinder nicht auch ohne Gutschein zum Turnen gegangen? Die Frage nach einem möglichen "Mitnahmeeffekt", ohne dass Kinder zusätzlich zum Sport animiert werden, stellen Tim Pargent (Grüne), Thomas Hacker (FDP) und Ulrike Lex (CSU) im Haupt- und Finanzausschuss. Lex sagt: "Nicht alle Familien brauchen einen solchen Gutschein wirklich. Es wäre wichtiger, dass Kinder, deren Eltern der Mitgliedsbeitrag schwer fällt, über die Frist von einem Jahr hinaus Sport treiben können." Und Hacker sagt: Die Stadt fördert an einer Stelle, an der es keine Förderung braucht. Mit dem Teilhabepaket unterstütze der Bund Vereinsmitgliedschaften von Kindern sogar mit 120 Euro im Jahr. Dass von den 35.000 Euro, die die Spender gegeben haben, gerade einmal 3650 Euro umgesetzt wurden, könne man kaum ernsthaft als Erfolg sehen. Die Stadtverwaltung selbst habe noch in den Haushaltsberatungen Anfang des Jahres mit einer deutlich höheren Beteiligung gerechnet.

Das sagen die Befürworter

"Wenn man ein Projekt nicht mag, dann redet man es schlecht", sagt SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Bauske. An einen Mitnahmeeffekt glaubt er nicht. "Bayreuther Familien sind keine Abstauber." Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe sagt: Es ist Teil des Konzeptes, allen Vierjährigen einen solchen Gutschein zum Geburtstag zu schenken. Egal, ob ihre Eltern genug verdienen, um den Mitgliedsbeitrag selbst zu bezahlen. Das soll soziale Ausgrenzung verhindern. Und Sportamtsleiter Christian Möckel sagt: Vielleicht ist die jetzt vorgelegte Zwischenbilanz gar nicht wirklich aussagestark. Manchmal dauert es über ein halbes Jahr, bis Vereine die Gutscheine mit dem Sportamt abrechnen. Und: Es gibt Vereine, die gar keinen Mitgliedsbeiträge von Vierjährigen verlangen. Dass das Turnen so hoch im Kurs steht, wundert Möckel nicht. "Die Vereine bieten eine umfassende Bewegungsförderung an. Da werden Kindern nicht schon mit vier Jahren auf eine Sportart geeicht." Das, meint Möckel, könnten nicht nur die Turner machen.

Ein Student der Universität Bayreuth hat Vereine und Eltern befragt. Um herauszufinden, warum sie sich an dem Projekt beteiligen oder eben nicht. Die Studie soll vor der Sommerpause im Sportkuratorium diskutiert werden.

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