Spektakuläre Bamberger Symphoniker

Von Gordian Beck
Endspiel in der Stadthalle: Die Bamberger Symphoniker spielten Werke von Jean Sibelius. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Zum letzten Male für vermutlich lange Zeit waren die Bamberger Symphoniker in der Bayreuther Stadthalle zu Gast. Und legten ein würdiges Finale hin: Mit einem zutiefst finnischen, sehr spektakulären Sibelius verabschiedete sich das Orchester von der Halle, bevor sie auf Jahre für die Sanierung geschlossen wird.  

 
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Das Programm – an sich unspektakulär: Sibelius vor der Pause, Sibelius nach der Pause. Das große Haus gut besetzt. Wie das eben so ist, in Bayreuth, wenn die Bamberger Symphoniker auf Einladung der Kulturfreunde in der Stadthalle gastieren. Und das voraussichtlich zum letzten Mal für die langen Jahre einer langen Umbauphase. Und wenn sie dann auch noch bekannt Bekömmliches servieren. In diesem Fall, das berühmte Violinkonzert in D-Moll sowie die etwas weniger bekannte Symphonie Nr. 3 in C-Dur. Für Veranstalter wie Besucher eine wohl zu kalkulierende Rechnung mit Garantie auf Hörgenuss. Über die beiden „Unbekannten“ in dieser Kalkulation, Dirigent Santtu-Matias Rouvali sowie Solist Pekka Kuusisto, lässt sich da beruhigt hinwegschauen: Die Bamberger wuppen das schon. Und wie sie es gewuppt haben! Allerdings völlig anders als zunächst gedacht. Das, was zu hören gab, stand ganz in der Prägung der finnischen Ausnahmemusiker Rouvali und Kuusisto. Und die präsentierten Spektakuläres: Einen finnischen Sibelius.

Kreischen und Schluchzen

Und damit ein Konzert, das Hörgewohnheiten zertrümmerte. Das Violinkonzert, etwa. Ein Werk, das gerne in der Tradition der Spätromantik gesehen und entsprechend interpretiert wird. Mit zumeist berückend schön klingender Sologeige, deren Monolog in stets gebotener Zurückhaltung vom Orchester unterfüttert wird. In der der Solist auch seine technischen Fähigkeiten gebührend zur Schau stellen darf. Das jedoch am Dienstagabend in der Stadthalle ganz anders klang. Weil Kuusisto auf nahezu alles verzichtete, was wohlgefälliges Geigenspiel ausmacht, insbesondere großen Ton und ausgestellte Virtuosität, und stattdessen, ebenso unprätentiös wie selbstbewusst, eine atemberaubende Reise durch die finnische Seele offerierte. Inklusive ihrer Abgründe, ihrer Träume, mal hochfliegend, mal zutiefst melancholisch. Ein Parforceritt, der Stimmungen bis ins Extrem auslotete. Der das Instrument auch schluchzen, kreischen und scheppern ließ. Ein Spiel, das bisweilen wie improvisiert klang. Aber dabei nie zur Attitüde verkam. Eine großartige Leistung.

Unkonventionell und fordernd

Unterstützung bei diesem musikalischen Abenteuer war ihm dabei gewiss. Denn mit Rouvali stand ein Bruder im Geiste am Pult der Bamberger. Unkonventionell und fordernd in seinem Dirigat, schuf er, oft fast schon auf seinem Podest tanzend, die von Kuusisto benötigte Atmosphäre. Die dann wiederum – das ist eben die Klasse der Bamberger – erstaunliche Tiefe hatte. Auf diese Weise entstand im Höreindruck ein Violinkonzert, das, weil sich weitab der ausgetrampelten Pfade bewegte, frisch und aufregend neu darstellte.

Ähnliches lässt sich auch über die nach der Pause auf dem Programm stehende dritte Symphonie sagen. Ein trotz eingängiger Themen sperriges Werk, das aber, speziell im zweiten Satz, dazu einlädt, mit Klangfarben zu experimentieren. Die Wege, die Rouvali dabei beschritt, waren nicht neu, dafür jedoch zuweilen fast schon radikal gedacht. Da fielen etwa Fortissima abrupt und ansatzlos in sich zusammen, da schoben sich in Abkehr von Transparenz die Klänge bis in die musikalische Orientierungslosigkeit zusammen, um daraus ein neues Klangbild quasi erwachsen zu lassen. Die Stärke dieser Interpretation beruhte dabei auf der Konsequenz, mit der Rouvali, und mit ihm die Bamberger, diese Linie durchhielten. Donnernder Applaus für ein Konzert, das Altbewährtes aufregend neu präsentierte.

INFO: Am Dienstag, 29. Dezember, gastiert auf Einladung der Kulturfreunde das Georgische Kammerorchester in der Stadthalle, mit Werken von Mozart, Bartók und Suk. Beginn ist um 20 Uhr. Karten an der Theaterkasse.